Die Leipziger FDP hat sich am vergangenen Samstag, den 5. April zu einem außerordentlichen Parteitag getroffen, um ihr Programm zur Stadtratswahl zu beraten. "Unsere Mitglieder haben leidenschaftlich um jede Forderung gerungen. Und letztendlich hat sie sich immer klar durchgesetzt: Wir stellen das Erwirtschaften vors Verteilen. Und andersherum können wir nur Geld ausgeben, das auch zur Verfügung steht," beschreibt der Kreisvorsitzende Holger Krahmer den Verlauf des FDP-Kreisparteitags.
So hat der Parteitag etwa hart um die Finanzausstattung der Kultur gerungen und sich letztlich auf die Forderung geeinigt, dass bis Ende 2016 Strukturveränderungen auf den Weg gebracht werden müssten, die ab 2022 wirken und jährlich rund 10 Millionen Euro Einsparungen erbringen müssen. “Langfristig führt kein Weg daran vorbei, die Kosten bei den großen Häusern einzudämmen. Wenn man das vernünftig anpackt, werden die Positiveffekte durch Oper, Gewandhaus und Schauspiel bleiben. Nur kneifen gilt nicht,” heißt es als Seitenhieb auf die chronische Weigerung der anderen Parteien, hier endlich Entscheidungen zu treffen.
Krahmer weiter: “Wir wollen konsequent diejenigen stärken, die Leipzigs finanzielle Spielräume schaffen und erhalten. Das sind die Unternehmer und Berufstätigen, die hier in Leipzig bestmögliche Bedingungen für ihr wirtschaftliches und privates Wohl vorfinden sollen. Sie sind es, die mit ihren Arbeitsplätzen, Steuern und Abgaben einen immer größer werdenden Anteil am Leipziger Haushalt schultern müssen, weil andere Einnahmen wie EU und Soli bald wegfallen. Während diese Aussicht die anderen politischen Kräfte dazu verlocken wird, den Leistungsträgern immer mehr zuzumuten, sieht die FDP hier klar ihre Aufgabe darin, solche Mehrbelastungen abzuwehren.
Statt den Einzelnen mehr zu belasten, muss Leipzig attraktiver für mehr Unternehmer und Berufstätige werden. So werden es nicht mehr Lasten für wenige, sondern mehr Leistungsträger, denen man weniger zumuten muss.” Dies schaffe die Stadtpolitik zum Beispiel durch die Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes ‘anstelle immer neuer und bürokratischer Förderprogramme, die Unternehmer zu Bittstellern machen’, so eine der liberalen Forderungen zur Wirtschaftspolitik. “Unternehmen und Kunden brauchen Flexibilität und Freiheit, um Produkte und Dienstleistungen anbieten und nutzen zu können. Ladenschluss, Sondernutzungssatzung, Umweltzone und unzählige andere Reglementierungen sorgen für Frust und kosten Arbeitsplätze – nicht mit uns” heißt es weiter im Programm.
Auch der Themenkomplex rund um die Kinderbetreuung wurde ausgiebig von den Liberalen diskutiert. “Wir verstehen einfach nicht, wie es sein kann, dass die Stadt weder ein klares Bild von kommenden Betreuungsbedarfen noch von den vorhandenen Kapazitäten haben kann,” schüttelt Krahmer den Kopf. “Die Pleiten, Pech- und Pannenserie geht zu Lasten vieler Familien – und übrigens auch Arbeitgeber, die sich auf die Rückkehr ihrer Mitarbeiter nach der Elternzeit verlassen.” Das ist nach Auffassung der Liberalen nicht ohne eine Umstrukturierung des überdehnten Amtes für Jugend, Familie und Bildung in Ordnung zu bringen.
Das müsse neu organisiert werden, die Verantwortung für KiTas und Schulen soll herausgelöst und neu organisiert werden. “Ein Kind – ein Platz!”, so umreißen die Liberalen knapp ihre Forderung, endlich den realen Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen zu decken. Zum Zustand der Leipziger Schulen stellen die Liberalen fest: “Wir müssen 20 Schulen bis 2020 in Betrieb nehmen. Dafür wollen wir bestehende Gebäude renovieren und umbauen oder, wenn notwendig, neue Schulhäuser bauen.” Dazu der FDP-Kreisvorsitzende Holger Krahmer: “Die große Bugwelle, die sich derzeit im Bereich Krippe und Kita aufgebaut hat, ist bereits in der Schule angekommen. Und das zusätzlich zum riesigen Sanierungsstau.” Der Parteitag bekannte sich dazu, dass der Stadthaushalt bei Schulen und Kitas eine Priorität setzen muss, auch unter Inkaufnahme von schmerzvollen Kürzungen in anderen Bereichen.
Die Verkehrspolitik stellen sich die Liberalen ebenfalls bedarfsgerechter vor: “Wir stehen für einen Verkehrsmix, der sich an den tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten orientiert. Wir werden die Bürger nicht zum Radfahrer oder Straßenbahnnutzer umerziehen, sondern wollen Positivanreize schaffen: Gut ausgebaute und – auch nachts – sichere Wege, Fahrradstellplätze und ein modernes, bedarfsgerechtes ÖPNV-Angebot wirken allemal besser als Autofahrverbote oder Parkschikanen,” heißt es in den beschlossenen Leitlinien. Auch werden gute Verkehrswege gebraucht, mahnt das Papier. Jeder Euro, den wir heute in den Erhalt stecken würden, erspare den Leipzigern zehn für die Sanierung von Buckel- und Schlaglochpisten in ein paar Jahren und schaffe zudem mehr Verkehrssicherheit – für alle Verkehrsteilnehmer.
Das schließe Fuß- und Radwege aber auch Gleise mit ein, wie die FDP betont. Mehrfach war in der Programmberatung Verärgerung darüber ausgesprochen worden, dass die FDP immer noch als reine Autofahrerpartei angesehen wird. “Zu Unrecht! Es ist zwar unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir mutig weiter Flagge für die Autofahrer und Wirtschaftsverkehre zeigen. Aber nicht gegen andere Verkehrsmittel! Wir wollen einfach nur, dass die Menschen die guten Verkehrswege bekommen, die sie tatsächlich nutzen. Das gilt für Fußgänger, Radfahrer, Bahnnutzer und Autofahrer gleichermaßen. Und diesen Anspruch lassen wir uns von niemandem absprechen. Wir stehen für ideologiefreie Verkehrspolitik, nicht mehr und nicht weniger,” so Krahmer kämpferisch.
Zusammenfassend meint Krahmer nach rund fünfstündiger Debatte und dem letztlich einstimmigen Beschluss der Leitlinien für die Stadtpolitik der FDP: “Egal welches Politikfeld wir anfassen, überall in Leipzig haben sich einst kleine Schieflagen zu großen Sanierungsfällen ausgewachsen. Leipzig hat weit mehr als 600 Millionen Euro Schulden. Dazu kommen die Verbindlichkeiten kommunaler Unternehmen, Risiken aufgrund der Finanzgeschäfte bei den Wasserwerken, Investitionsstaus bei Schulen, Kitas, Straßen, Brücken und Wegen. Unterm Strich sind das mehr als 4 Milliarden Euro Minus – und jede Menge unbequemer Entscheidungen, die jetzt unumgänglich sind. Die FDP ist bereit, für Leipzig die Ärmel hochzukrempeln und die Aufgaben anzupacken.”
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