Im Rahmen einer satirischen Aktion im Stadtteil Connewitz kochen in Leipzig die Wogen hoch. Jetzt melden sich auch Alf Thum, seines Zeichens Erfinder und "Führer" der aus Leipzig stammenden "Front Deutscher Äpfel", einem bundesweit bekannten Satire-Projekt gegen Rechts, sowie zwei weitere Mitbegründer zu Wort.
“Wenn ich anderen Eltern aus dem Kindergarten meines Sohnes erzähle, dass ich manchmal in Connewitz auf Partys oder Veranstaltungen bin, fragen die immer besorgt nach, ob man da denn nicht dauernd überfallen, verprügelt oder einem das Auto angezündet wird – soweit Connewitz als stadtbekanntes Klischee. Findet dann eine noch nicht barrikadenbewährte Satireaktion statt, gibt es sofort Aufregung mit dem Tenor: ‘Dürfen die das?’ Doch es ist zentrales Element von Satire, mit Überspitzungen, Ironie und haltlosen Behauptungen zu arbeiten. Es mit einer satirischen Demoaktion immer allen Recht zu machen ist nicht möglich. Denn Satire spaltet, ist nicht für jeden gleichermaßen lesbar und ist letztlich immer ein wenig riskant und Geschmackssache. Satire arbeitet sich gern an Autoritäten ab. Ich finde es unnötig, dass nun Politiker und Funktionäre meinen, sich über einen allgemein gültigen Satirebegriff verständigen zu müssen. Ich fordere ultimativ alle Beteiligten mit dem Hinweis: ‘Es ist Karnevalszeit!’ auf, sofort die Empfindlichkeiten einzustellen”, sagt Alf Thum, Gründer der Apfelfront.
Tilman Loos, mittlerweile selbst aktives Linke-Mitglied ergänzt: “Ich habe selbst noch nie eine Demo besucht, auf der ich alles was gerufen worden ist, hätte unterschreiben können. Das ist auch weder im Vorfeld planbar noch vor Ort umsetzbar. Die Anmelderin für jeden Vorfall auf und nach der Kundgebung in Haftung zu nehmen, geht meilenweit an der Realität solcher Veranstaltungen vorbei. Das weiß aber eigentlich jeder.”, sagt Tilman Loos.
Dass es gerade bei satirischen Auftritten im öffentlichem Raum immer wieder zu Irritationen kommt, kennt Tilman Loos noch von der Apfelfront. Dieses Satireprojekt gegen Rechts hatte weit über Leipzig hinaus ab 2004 für Aufsehen gesorgt. Tilman Loos, damals einer der Mitbegründer des Projekts, sagt dazu: “Auch bei den Auftritten der Apfelfront ist es immer wieder passiert, dass Teile des Publikums das Ganze entweder nicht verstanden haben oder deutlich über das Ziel hinausgeschossen sind. Damit muss man leben, wenn man solcherlei Aktionen macht. Nicht nur beim Essen sondern auch bei der Kunst gilt bekanntlich: Geschmäcker sind verschieden”, sagt Tilman Loos.
Max Upravitelev, der selbst aus Berlin angereist war um die Aktion zu beobachten, ergänzt: “Die Aktion war eindeutig stark auf die Situation in Schönefeld und die rassistische Stimmungsmache dort gemünzt. Der neue Polizeiposten in Connewitz war selbst nur Vorwand, eine willkommene Requisite. Es ist seltsam, dass dies offensichtlich kaum jemand verstanden hat. Wer wie ich vor Ort war hätte übrigens auch deutlich wahrnehmen können, dass im gehaltenen Redebeitrag eine ganz gehörige Portion Selbstironie der linken Szene enthalten war. Kunst im öffentlichen Raum ist immer auch ein Experiment. Aber es muss möglich sein, neue Aktionsformate zu erproben. Dass nun ausgerechnet ein Kulturpolitiker das alles nicht versteht, ist allerdings wirklich komisch im wahrsten Sinne des Wortes”, so Max Upravitelev.
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