Zu den Berichten "Personalnot - Justiz lässt Verdächtige wieder laufen" und "Staatsanwalts Albtraum" der "Sächsischen Zeitung" von heute erklärt der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Klaus Bartl: Das Krankheitsbild stimmt, der Notstand ist aber durch gravierende Fehlentscheidungen der zuständigen Ministerien verursacht.
So hat die Staatsregierung z. B. mit der faktischen Zerschlagung der Rechtsmedizin Chemnitz im bevölkerungsreichsten sächsischen Landesdirektionsbezirk ein Ermittlungs- und Untersuchungsvakuum geschaffen. Die Linke hatte im Landtag mit ihrem Antrag “Situation und Perspektive der Chemnitzer Rechtsmedizin” (Parlaments-Drucksache 5/5870) vor den rechtsstaatlich schwerwiegenden Folgen rein fiskalischer Erwägungen gewarnt. Leider vermochte Justizminister Martens die Bedeutung dieses Themas offenbar zu keinem Zeitpunkt richtig zu erfassen.
Von sechs Rechtsmedizinern in Chemnitz ist bis heute einer übrig geblieben. Drei hochprofilierte Rechtsmediziner sind inzwischen beim Gesundheitsamt der Stadt Chemnitz gelandet, einer von ihnen tritt gerade seinen Dienst als Leiter des Amtsärztlichen Dienstes in der Stadt an. So werden durch einjähriges Zusatzstudium erworbene Kompetenzen leichtfertig weggeworfen – mit fatalen Folgen für die Erfüllung des Verfassungsauftrages der Justiz, für zügige Aufklärung und Verfolgung von Kriminalität zu sorgen. Das Haus mit Laboren in den Bereichen Toxikologie und Serologie, in denen die für die Bekämpfung der Drogenkriminalität so wichtigen Wirkstoffgutachten erarbeitet worden sind, wurde vor ca. zwei Jahren vom Freistaat Sachsen geschlossen, das Gebäude wurde an eine private Umweltfirma verkauft.
Lag die Rechtsmedizin in Sachsen zunächst zutreffend in der Hand des Justizministeriums, ging sie dann ins Sozialministerium über, um nunmehr im Wissenschafts- und Hochschulbereich ansässig zu sein. Das ist sachfremd, denn hier geht es nicht vorrangig um Forschung, sondern um Bekämpfung von Verbrechen. Wenn die Staatsanwaltschaft in Zwickau inzwischen Untersuchungsaufträge an über 70-jährige Rechtsmediziner in Bayern vergibt, weil es in Sachsen aussichtslos ist, zu rechtzeitigen Ergebnissen zu kommen, ist dies mehr als ein Alarmzeichen. Die Personalausdünnung in Justiz, (Kriminal-)Polizei und in deren fachlichem Hinterland zeigt jetzt endgültig ihre verheerenden Konsequenzen.
Der Antrag “Situation und Perspektive der Chemnitzer Rechtsmedizin” (Parlaments-Drucksache 5/5870):
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=5870&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=1
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