Zum heute in Berlin vorgestellten Koalitionsvertrag erklärt Holger Zastrow, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag sowie der FDP Sachsen: "'Gibst Du mir, geb' ich Dir' - Union und SPD haben sich in den Koalitionsverhandlungen gegenseitig alle Herzenswünsche erfüllt. Beide Seiten können sich als Gewinner fühlen. Verlierer sind allerdings die Bürger.
Der Arbeitsmarkt vor allem im Osten Deutschlands wird durch den geplanten Mindestlohn schwersten Schaden nehmen. Hier verdient derzeit ein Drittel der Beschäftigten unter 8,50 Euro pro Stunde. Da eine regionale Komponente beim Mindestlohn völlig fehlt, werden künftig beispielsweise München und das Erzgebirge in einen Topf geworfen, obwohl sich diese Regionen etwa bei den Lebenshaltungskosten dramatisch unterscheiden.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen werden dem Kostendruck nicht standhalten können. Damit sind tausende Arbeitsplätze im Osten in Gefahr. Hier hilft auch die sogenannte Übergangsregelung bis 2017 nicht weiter, nach denen die Tarifpartner Abschlüsse unter 8,50 Euro vereinbaren können. Denn der Organisationsgrad von Arbeitnehmern und -gebern ist in der von kleinen und mittleren Unternehmen geprägten ostdeutschen Wirtschaft traditionell gering. Der Mindestlohn droht den Osten damit in eine schwere Krise des Arbeitsmarktes seit der Wiedervereinigung zu stürzen.
Fatal vor allem für den Osten ist zudem die Absenkung der Hürden, tariflich vereinbarte Branchenmindestlöhne künftig für allgemeinverbindlich zu erklären. Hierfür reicht jetzt ein ‘besonderes öffentliches Interesse’ aus. Dies wird dazu führen, dass eine Minderheit der Tarifpartner in einer Branche einer Mehrheit tarifungebundener Arbeitnehmer und -geber einen Branchenmindestlohn aufzwingen kann.
Bereits jetzt sehen wir beispielsweise im Bauhauptgewerbe, wie westdeutsche Unternehmen versuchen, sich mit dem Instrument der Allgemeinverbindlicherklärung von der ostdeutschen Konkurrenz abzuschotten – auch hier mit entsprechend fatalen Konsequenzen für die ostdeutschen Beschäftigten. Auch die Verschärfungen für das flexible Instrument der Zeitarbeit – ein Kernstück der SPD-Hartz-Reformen übrigens – wird Arbeitsplätze kosten. Dieses wertvolle Instrument, das Menschen den Einstieg ins Arbeitsleben bisher erleichtert hat, verliert durch die geplanten Einschränkungen weiter an Wirkung.
Über die Nachricht, dass zur Finanzierung sozialpolitischer ‘Wohltaten’ von jährlich fast 50 Milliarden Euro keine Steuererhöhungen geplant sind, kann sich niemand freuen – zumindest nicht Otto Normalverdiener. Denn für die vorgezogene Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren oder die Mütterrente werden dreist die Sozialkassen geplündert. Die Zeche zahlen am Ende vor allem die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen, da Sozialversicherungsbeiträge ab einer bestimmten Einkommenshöhe gedeckelt sind. Von der eigentlich per Gesetz vorgeschriebenen Pflicht zur Absenkung der Rentenbeiträge entledigen sich Union und SPD genauso klammheimlich wie von der Pflicht, als Große Koalition endlich die Gerechtigkeitslücke der Kalten Progression zu schließen.
Zur sogenannten Energiewende ist schließlich festzustellen, dass der Mut zu einem Stopp der ausufernden Subventionspolitik gefehlt hat. Einige Stellschrauben bei den Ausbauzielen und Fördersätzen zu drehen und zaghafte Pilotprojekte zu starten, reicht nicht aus, die Strompreisspirale für Familien und Unternehmen zu stoppen oder gar zurückzudrehen. Die Große Koalition schreckt auch nicht vor der Ankündigung neuer Subventionstatbestände zurück. Die ‘Energiewende’ bleibt also weiterhin eine immense Belastung für die privaten Haushalte und eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland.”
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