Mit einem Schreiben vom 12. August beruft das Sächsische Staatsministerium der Finanzen (SMF) eine Expert_innenkommission zur Klärung der Frage nach der nachträglichen Installation der historischen Kanzel im Innenraum des Paulinums ein. Entgegen der ursprünglichen Entwürfe, welche zu keinem Zeitpunkt eine Wiederanbringung der Kanzel vorsahen, soll nun erneut über die Kanzelfrage diskutiert werden.
Diese Diskussion findet jedoch nicht, wie gehabt, im Rahmen der Baukommission der Universität Leipzig, sondern unter der Gesprächsleitung eines Fachreferenten des SMF statt.
Neben Vertreter_innen der Universität Leipzig wurden der Leiter des Referats für Bauangelegenheiten vom Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK), die Landeskonservatorin des Landesamtes für Denkmalpflege, eine Vertreterin des Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamts Sachsen und als beratende Sachverständige die Leiterin der Abteilung Restaurierung im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen eingeladen. Ebenso erreichte den Student_innenRat (StuRa) der Universität Leipzig eine Einladung. “Es ist zwar schön, dass unsere Beteiligung erwünscht ist, die Entscheidung für die Einsetzung einer solchen Kommission hätte jedoch in der Baukommission gefällt werden müssen, die seitens der Universität extra für derartige Szenarien eingerichtet wurde. Ein mögliches Veto der Studierenden, ob eine solche Kommission überhaupt eingerichtet werden soll, wurde damit wissentlich umgangen”, merkt Kerstin Stengel, Geschäftsführerin des StuRa, an. Zudem hat man sich in der Baukommission schon mehrfach und aus verschiedensten Gründen gegen eine Aufstellung der historischen Kanzel in der Aula der Universität entschieden.
Grund der Einberufung der Expert_innenkommission ist laut SMF die offene Frage zur Wiederaufstellung der Kanzel. “Im Schreiben, welches dem StuRa vorliegt, merkt das SMF selbst zutreffend an, dass die Kanzelfrage in die Zuständigkeit der Universität fällt, da es sich bei der Kanzel um ein Kunstwerk im Eigentum dieser handelt. Wieso das SMF nun trotz einer bereits getroffenen Entscheidung die Frage erneut diskutieren möchte, ist uns vollkommen unklar. Gleichfalls im Unklaren lässt das SMF die eingeladenen Beteiligten über die Terminierung einer zusätzlichen Kommission. Ausgerechnet das Ministerium für Finanzen ist sich an dieser Stelle nicht zu schade, die Arbeitszeit von etlichen Ministerialbeamt_innen, Professor_innen und nicht zuletzt Studierenden einer Sache zu opfern, die seitens der Universität längst entschieden ist. Das ist eine Verschwendung von wertvollen humanen Ressourcen” konstatiert Geschäftsführerin Kerstin Stengel.
Interne Quellen des StuRa besagen, dass auch zu früheren Zeitpunkten der Unineubau am Augustusplatz für politische und vor allem religiöse Grabenkämpfe missbraucht wurde. Der ehemalige Referent für Umbau und Datenschutz des StuRa, Jakob Heuschmidt, bestätigt: “Es muss eine persönliche Befindlichkeit zwischen den Damen und Herren des Paulinervereins, welcher eine Aufstellung der Kanzel in der Aula anstrebt, und den Ministerialbeamt_innen im SMF geben. Anders ist dieser erneute Angriff auf die Entscheidungsfreiheit der Universität nicht zu erklären”.
Der Student_innenRat wird seine Einladung jedenfalls wahrnehmen, nicht jedoch ohne gegen die unrechtmäßige Einberufung einer solchen zusätzlichen Kommission und der damit zusammenhängenden massiven Verschwendung zu protestieren und die bereits getroffene Entscheidung der Universität zu verteidigen.
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