Am 25.02.2013 fand in der LVZ-Kuppel, dem Veranstaltungsort einer hiesigen Regionalzeitung, eine Diskussion zum Leipziger Neuseenland statt. Es sollten Fragen nach dem Erfordernis einer Zukunftsstrategie für das Leipziger Neuseenland und danach, ob die ehemaligen Tagebaurestseen für Naherholung oder Tourismus zu nutzen seien, beantwortet werden.
Diese sehr verkürzende Fragestellung lässt völlig außer Acht, dass es sich beim so bezeichneten “Leipziger Neuseenland” nicht nur um die Tagebaurestseen, sondern vielmehr, dem politischen Willen entsprechend, um eine geplante Gewässerverbindung von der Wyhra an die Alster handelt, welche die Tagebaurestseen über die Gewässer des Leipziger Auwaldes mit dem europäischen Wasserstraßennetz verbinden soll. Weder in der Ankündigung der Diskussion, noch in der Berichterstattung über dieselbe wurden konkrete touristische Projekte benannt, über die man hätte in der Veranstaltung diskutieren können.
Auch die ins Podium Geladenen waren bezogen auf ihre inhaltliche Position eher einer Meinung, statt einer tatsächlichen Diskussion eine Plattform zu geben: Die Moderatoren, beides Autoren einer Regionalzeitung, berichteten in der Vergangenheit mehrfach “pro” Gewässerausbau und Motorisierung der Gewässernutzung und redeten damit ausschließlich und nicht-neutral einer Umwidmung der Gewässer in Verkehrsflächen das Wort. Das Podium bestand, abgesehen vom einem Vertreter des NABU Landesverbandes, komplett aus Vertretern jener Behörden, die einen Gewässerausbau und eine Gewässermotorisierung mit ihren bisherigen, in der Öffentlichkeit eben gerade nicht zur Diskussion gestellten Planungen erst ermöglichen, sollten diese so unwidersprochen umgesetzt werden.
Sie forderten in ihren Stellungnahmen zur Novelle des Sächsischen Wassergesetzes einmütig die dort vorbereitete Erklärung der Schiffbarkeit für die Tagebaurestseen. Dabei griffen sie auf das altbewährte und sich immer wieder an der Realität als demagogisch und falsch erweisende Argument zurück, die notwendigen (und vermutlich eher viel zu knapp kalkulierten) Investitionen würden sich auf jeden Fall rechnen und es würden dadurch neue Arbeitsplätze geschaffen, deren dann tatsächlich zweifelhafte Qualität allerdings nicht thematisiert wurde. Das alles sei, wenn auch bedauerlich, so dann doch unausweichlich mit Verlusten im Umwelt- und Naturschutz verbunden.
Aufgrund der Fragestellung und der Podiumszusammensetzung drängt sich die Frage auf, ob die Regionalzeitung hier tatsächlich mit neutraler Haltung “moderierte” oder ob sie sich hier als Steigbügelhalter einer offensichtlich einseitigen Politik gemacht und zur Verfügung gestellt hat. Und zwar einer Politik, die in anderen touristischen und mit ökologischen Schätzen gesegneten Regionen Deutschlands, z. T. aufgrund leidvoller Erfahrungen, längst abgewählt wurde: einer Politik für massenorientierten Trivialtourismus, dem noch bestehende und/oder sich wieder entwickelnde Natur geopfert wird.
Mit der politischen Entscheidung weiter in Richtung einer derart fatalen Entwicklung würde sich die Region am Ende nicht nur gegen den allgemeinen Trend richten, der inzwischen mit vollem Bewusstsein auch beim Tourismus die Natur in den Vordergrund stellt, sondern verlöre zudem seine Besonderheiten, seinen speziellen Reiz und am Ende natürlich auch den Wettkampf mit bestehenden, viel größeren (nichtsdestoweniger durch diese Nutzung massiv in ihrer ökologischen Substanz geschädigten) bereits bestehenden Motorsportregionen in Deutschland.
Die Diskussion habe angeblich viel Einigkeit gezeigt. In dem ergänzend zur harmonischen Veranstaltung auf “LVZ-online” (www.lvz-online.de/leipzig/citynews/podium-diskutiert-in-der-lvz-kuppel-ueber-zukunft-des-leipziger-neuseenlands/r-citynews-a-176539.html) veröffentlichten Interview ist die Rede davon, dass nicht alles asphaltiert werden solle, es deutlich mehr Unterhaltungs- und Eventangebote geben solle, die dann auch noch als “avantgardistisch” und als der “Tourismus der Zukunft” beschrieben wurden. Der Experte für nachhaltigen Tourismus, Dr. Hartmut Rein, war erstaunt über die hohe Einigkeit zu dem, was hier gemacht werden soll: Er habe mehr Konflikte erwartet.
Frau Dr. Lantzsch erklärte, wem diese Einigkeit zu verdanken ist: dem “einzelnen Bürger”, der, zum Glück, bei der Veranstaltung nicht anwesend war, weil er ansonsten “immer” nur “gegen alles” ist. Damit bezieht sich die Interviewte möglicherweise auf die 11.000 BürgerInnen, die mit ihrer Unterschrift im Jahr 2012 ganz klar artikuliert haben, dass sie keine kraftstoffbetriebenen privaten Motorboote in Leipziger Auwaldgewässern haben wollen, oder auf diejenigen BürgerInnen, die als Anlieger der Tagebaurestseen aufgrund des in der Vergangenheit erduldeten Braunkohletagebaus keinen Massentourismus haben wollen. Denn das ist – im Gegensatz zu manchem behördlichen Statement – tatsächlich nachprüfbar: Über 11.000 Menschen haben eine an den Sächsischen Landtag gerichtete Petition unterzeichnet, zum zweiten Mal nach 2010! Diese Menschen sind keineswegs “immer gegen alles”.
Tatsächlich sind sie FÜR etwas, nämlich für den Erhalt noch bestehender und die Wiederherstellung vernichteter Natur. Gerade dieses Anliegen kann auch mit der Schaffung von (touristischen) Arbeitsplätzen verbunden werden. Dazu bedarf es jedoch außer Kreativität auch den politischen Willen, etwas gemeinsam ökologisch nachhaltig verbessern zu wollen, auch im Interesse nachfolgender Generationen. Weder das eine noch das andere wurde bisher durch die Behördenvertreter vermittelt. Auch deshalb verwundert es Insider nicht, dass keine Konflikte sichtbar wurden: Die Bürger, die sich seit vielen Jahren für eine naturnahe Entwicklung, die selbstverständlich einen sanften Tourismus einschließt, einsetzen, haben erfahren, dass ihre Bemühungen im besten Falle ignoriert, öfter jedoch öffentlich ohne eine Chance der Rechtfertigung abgewertet oder gar unter der Gürtellinie verunglimpft und mit Häme ins Aus gedrängt werden.
Es gibt jedoch die Chance, mit einem wirklich in die Zukunft gerichteten, nachhaltigen Projekt die bisher fehlenden Gemeinsamkeiten zu entwickeln: “Das grüne Band der Weißen Elster”. Es handelt sich hierbei um ein gemeinsam von Bürgern und Naturschützern angeschobenes Projekt, das einzigartige Ökosystem “Leipziger Auwald” gemeinsam mit den angrenzenden Auenlandschaften von Zeitz bis Halle als UNESCO-Welterbe ausweisen zu lassen. Damit soll auf deren Schönheit und, mit dem urbanen Leipziger Auwald als Kern, auch auf etwas ganz Einzigartiges verwiesen werden. Der Wert dieser Schätze soll ins Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen, die (formell bestehenden) Schutzstatus sollen tatsächlich umgesetzt und kontrolliert und weitere geschaffen werden.
Wir laden hierzu alle Interessierten zu unserer diesbezüglichen Veranstaltung AULA-Projekt 2030 am 13.03.2013 um 19 Uhr in die Aula der VHS Leipzig, Löhrstraße 3-7, natürlich auch die bei der Podiumsdiskussion anwesenden BehördenvertreterInnen, PolitikerInnen und die Moderatoren, ein.
NuKLA e. V. , Vorsitzender
Wolfgang E. A. Stoiber
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