Zu den Äußerungen von Bettina Kudla (Bundestagsabgeordnete der CDU) erklärt Stefanie Gruner, Anwältin für Familienrecht und Bewerberin für das Direktmandat im Wahlkreis Leipzig 1 (152) von Bündnis 90/Die Grünen: Wenn Frau Kudla davon spricht, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche LebenspartnerInnen das Kindeswohl hätte stärker berücksichtigen müssen, verkennt sie, dass das Kindeswohl stets nur im Einzelfall bewertet werden kann.
Es gibt kein abstraktes Kindeswohl. Jedes Kind, jede Familie, jede Lebenssituation ist verschieden und kann nur individuell bewertet werden. Einer bestimmten Familienkonstellation von vorn herein und ohne individuelle Betrachtung abzusprechen, dass sie einen guten Rahmen für das Wohlergehen eines Kindes bieten kann, ist überheblich und kann auch von keiner wissenschaftlichen Studie gedeckt sein.
Frau Kudla spricht zudem vom Wunsch nach Selbstverwirklichung gleichgeschlechtlicher Paare, der kein legitimer Grund sein darf, ein Kind zu bekommen und zu erziehen. Warum dieser Wunsch bei Schwulen und Lesben stärker ausgeprägt sein soll als bei allen anderen Menschen, erschließt sich nicht. Generell dürfte es dem Wohl der betroffenen Kinder selten förderlich sein, wenn sie der Selbstverwirklichung der Eltern dienen sollen. Dies betrifft jedoch gleichermaßen Kinder in allen Familienkonstellationen.
Täglich erreichen uns unzählige Meldungen aus Leipzig, Sachsen und darüber hinaus, die nicht immer gleich oder nie Eingang in den redaktionellen Alltag finden. Dennoch sind es oft genug Hinweise, welche wir den Lesern der “Leipziger Internet Zeitung” in Form eines “Informationsmelders” nicht vorenthalten möchten …
Das Wohl des Kindes kann immer nur individuell betrachtet werden. Es darf nicht als Argument gegen die Adoption in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften missbraucht werden.
Aber Frau Kudla geht in einem Radiointerview noch weiter: Nicht nur das Wohl eines Kindes in einer Regenbogenfamilie scheint das Vorstellungsvermögen von Frau Kudla zu sprengen, in einem Rundumschlag spricht sie auch allen anderen Familienformen jenseits der klassischen Ehe die Fähigkeit ab, einen stabilen Rahmen für Kinder zu bilden. Frau Kudla scheint schon lange nicht mehr mit den Menschen in ihrem Wahlkreis ins Gespräch gekommen zu sein, sonst hätte sie erleben können, wie vielfältig die Familienkonstellationen sind und dass das Glück und Wohl der Kinder von vielen Faktoren, jedenfalls aber nicht vom Trauschein der Eltern abhängt.
In einem kann ich Frau Kudla allerdings zustimmen: Das Ehegattensplitting sollte nicht auf die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft übertragen werden. Es gehört endlich ins familienpolitische Museum und muss durch eine Individualbesteuerung ersetzt werden. Auch ein wie auch immer ausgestaltetes Familiensplitting ist der falsche Weg. Die Förderung von Familien über die Steuer bevorzugt immer Allein- und Besserverdiener. Dem Staat sollte jedoch jedes Kind gleich viel wert sein, weshalb ich mich für eine Kindergrundsicherung einsetze.
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