Da steht ein Pferd auf dem Flur - so der Titel eines beliebten Karnevalsliedes. Doch das Pferd steht nicht auf dem Flur, sondern der Verbraucher findet es in der Lasagne oder in der Gulaschdose. Zeit zum Umdenken? BSE, Dioxin in Hühnereiern und Gammelfleisch, hat man nichts daraus gelernt? Agrarministerin Aigner nennt den letzten Vorfall "eine Riesenschweinerei."
Da hat sie zweifellos Recht, so Edith Köhler vom Fachbereich Landwirtschaft des Naturschutzbundes (NABU) Sachsen. Jeder Käufer, ob im Gourmettempel oder im Discounter, hat ein Recht darauf, dass Etikett und Inhalt übereinstimmen und dass er erfährt, woher die Zutaten kommen. Doch insgesamt ist dies wieder einmal nur ein Herumdoktern an den Symptomen. Die eigentliche Ursache liegt in der zunehmend industrialisierten und arbeitsteiligen Fleischerzeugung begründet.
Daher muss endlich Schluss sein mit einer politischen Förderung der Massentierhaltung. Da stehen nicht nur die Tiere Feder an Feder, sondern Gülleausbringung, Stickstoffemissionen und ein immenser Wasserverbrauch belasten zusätzlich die Umwelt und die Gesundheit von Anwohnern. In betroffenen Regionen kann man von naturnahem Tourismus nur noch träumen. Dank der Förderpolitik der Staatsregierung finden Investoren gerade auch in Sachsen Standortbedingungen, die es kaum in anderen Ländern gibt.
Der dänische Investor Mogens Nielsen bringt seine Liebe zu Ostdeutschland auf den Punkt: “Verglichen mit Dänemark besteht der Vorteil in Deutschland darin, dass die Kosten für Arbeitskräfte nur halb so hoch sind, das gepachtetes Land nur 25 Prozent von dem kostet, was in Dänemark zu zahlen ist und die Behörden finanzielle Unterstützung für die BauÂmaßnahmen gewähren. Die Anforderungen für die Aufbewahrung von Gülle sind nur halb so streng wie in Dänemark.” Allein in den Jahren 2008 und 2009 kostete das den Steuerzahler 26 bzw. 18 Millionen Euro (Quelle: Michael Weichert, 43. Sitzung des Sächsischen Landtages 13.10.2011). Der Freistaat Sachsen hat unlängst seine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet.
Täglich erreichen uns unzählige Meldungen aus Leipzig, Sachsen und darüber hinaus, die nicht immer gleich oder nie Eingang in den redaktionellen Alltag finden. Dennoch sind es oft genug Hinweise, welche wir den Lesern der “Leipziger Internet Zeitung” in Form eines “Informationsmelders” nicht vorenthalten möchten …
Doch was gegenwärtig abläuft, ist wenig nachhaltig. So liegen beispielsweise Anträge für eine Hähnchenmastanlage mit 120.000 Tieren bei Bischofswerda, dem Tor zur Lausitz oder mit 400.000 Tieren in der Gemeinde Spreetal vor. Im nordsächsischen Pristäblich soll eine Aufzuchtanlage für über 70.000 Junghennen und Hähne entstehen. Massive Bürgerproteste sind die Folge. Die Krönung des Wahnsinns findet man jedoch im niedersächsischen Wietze bei Celle. Dort ist ein Geflügelschlachthof mit einer Schlachtkapazität von 27.000 Tieren pro Stunde in Betrieb gegangen, das sind 432.000 Tiere am Tag (in 16 Stunden), 2.592.000 Tiere in 6 Tagen bzw. 134.784.000 Tiere im Jahr.
“Dieser Wahnsinn muss endlich ein Ende haben” meint die NABU-Landwirtschaftsexpertin Köhler. Und mit nachdenklichem Blick: “Man muss ja nicht gleich Vegetarier werden. Aber mit einer leckeren Lasagne, selbst zubereitet aus regionalen Zutaten und hin und wieder Fleisch aus einem regionalen bäuerlichen Betrieb, tun wir als Verbraucher etwas für die Region und gegen den unüberschaubaren Markt der Massenproduktion.”
Nach Auffassung des NABU belegt der Skandal erneut, dass industriell erzeugtes und verarbeitetes Fleisch ein Risiko für die Verbraucher darstellt und nur scheinbar günstig ist. Daher muss die Politik einheitliche und anspruchsvolle Qualitätsstandards für Fleisch-produkte definieren, die einen Missbrauch durch Billiganbieter ausschließen würden. Zudem sollten Bund und Länder eine Qualitätsoffensive für artgerechte Tierhaltung sowie für regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen ins Leben rufen.
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