Die Metropolregion Nürnberg ist einfach kein gutes Pflaster für den SC DHfK Leipzig. Auch am Donnerstagabend konnten die Sachsen ihren Erlangen-Fluch nicht ablegen und müssen mindestens bis zur nächsten Saison auf ihren allerersten Auswärtssieg beim HC Erlangen warten.
Der Handballrausch, in den sich die Leipziger in den letzten Wochen durch Siege gegen Melsungen, Magdeburg, Kiel und Mannheim gespielt hatten, endete durch eine 36:32 (19:17) Niederlage vor 4.000 Fans in der ARENA NÜRNBERGER Versicherung.
Dabei hatte das Aufeinandertreffen vielversprechend begonnen. Viggó Kristjánsson und Maciej Gebala brachten den SC DHfK schnell mit 0:2 in Führung. Geburtstagskind Patrick Wiesmach legte noch zwei schnelle Treffer nach, sodass der SC DHfK nach fünf Minuten mit 1:4 führte. Nach einem harten Zusammenprall mit seinem Gegenspieler musste Viggó Kristjánsson behandelt werden und für einige Angriffe pausieren.
Sein Positionskollege Sime Ivic kam aufs Feld – und auch er versenkte prompt den Ball im Tor. Dann hatte Leipzig Pech mit der Unterkante der Torlatte und Erlangen stellte den Anschluss her, doch Leipzig blieb im Angriffsspiel fokussiert und ging durch Simon Ernst und Maciej Gebala wieder mit 4:7 bzw. 5:8 in Führung. Der SC DHfK Leipzig schien hier alles im Griff zu haben.
Dann wurde es allerdings wild. Sebastian Firnhaber kassierte nach hartem Einsteigen gegen Ernst die rote Karte. Die Stimmung auf und neben der Platte wurde hitziger, wovon sich der SC DHfK irgendwie anstecken ließ und die Überzahlsituation nicht ausnutzte, um sich weiter abzusetzen. Im Gegenteil: Leipzig gelang kein Treffer in Überzahl, Erlangen kam zum 8:8-Ausgleich und ging in der 13. Minute sogar mit 9:8 in Führung.
Der SC DHfK hatte nun wieder einen Mann mehr auf der Platte, denn Erlangens Tim Zechel fing sich eine doppelte Zeitstrafe ein. Kaum lief das Spiel weiter, wurde es noch skurriler. Wenige Minuten nach dem ersten Platzverweis zückten die Schiedsrichter schon wieder rot gegen den HCE. Diesmal hatte Nikolai Link den Wurfarm von Viggó Kristjánsson attackiert. Die Hausherren hatten somit in weniger als drei Minuten zwei Innenblockspieler verloren und mussten zudem zwei komplette Minuten in doppelter Unterzahl auskommen.
Dann folgte eine weitere kuriose Szene, denn die Leipziger eroberten den Ball, merkten aber nicht, dass gar kein Torhüter im Erlanger Kasten stand. Es war tatsächlich nicht einfach, bei diesem wilden Schauspiel einen kühlen Kopf zu behalten. Kristjánsson und Preuss brachten ein wenige Ruhe ins Spiel und den SC DHfK wieder mit 9:10 in Führung, aber trotzdem war der Spielfluss der Leipziger durch die enorme Hektik in dieser Begegnung verloren gegangen.
Kristjánsson, der erneut sehr hart angegangen wurde, kassierte nun zwei Strafminuten wegen Meckerns, auch Sime Ivic handelte sich eine Strafe ein. Der HC Erlangen spielte seine Überzahl deutlich effektiver aus als die Gäste aus Leipzig. Mit einem 3:0-Lauf holte sich Erlangen die 14:12-Führung. Die Gemüter kochten weiter über – und diesmal war es Lukas Binder, der sich vehement beschwerte und dadurch eine unnötige zwei plus zwei Zeitstrafe einhandelte. So konnte der SC DHfK dem HCE die Halbzeitführung nicht mehr streitig machen.
Mit dem Pausenresultat von 19:17 waren im Übrigen schon nach den ersten 30 Spielminuten mehr Tore gefallen als beim Duell an gleicher Stelle in der vergangenen Saison über die kompletten 60 Minuten (19:15). Leipzig konnte unmittelbar nach der Pause durch Gebala den 19:19-Ausgleich und nach 37 Minuten durch Klima den 21:21-Gleichstand herstellen.
In Führung gehen sollte der SC DHfK in dieser Begegnung aber überhaupt nicht mehr. Der HC Erlangen kämpfte auf Biegen und Brechen um den Heimsieg und hatte immer wieder schnelle Antworten parat. Auch die 5:1-Deckung, die Erlangen nun notgedrungen spielen musste, funktionierte gut und sorgte dafür, dass die Leipziger ihren gnadenlosen Tempohandball nicht mehr so recht entfalten konnten.
Trotzdem gab es einige Lichtblicke im Spiel der Grün-Weißen. Oskar Sunnefeldt gab nach einer Fußverletzung sein Comeback und erzielte in seinen 25 Einsatzminuten fünf Tore. Und dann war da noch das völlig unbeschriebene Blatt Pascal Bochmann. Der 20-jährige Schlussmann, als Ersatz für Mohamed El-Tayar im DHfK-Kader, durfte 20 Minuten das Leipziger Tor hüten und packte sieben Paraden aus. Nach den ersten zehn Würfen auf sein Tor lag er zwischenzeitlich sogar bei einer Quote von 60 Prozent gehaltener Bälle, eine herausragende Leistung in seinem zweiten Bundesligaspiel.
Seine Vorderleute konnten daraus allerdings zu wenig Kapital schlagen, sodass Leipzig mit einem 3-Tore-Rückstand in die letzten zehn Minuten ging. Als die Hausherren aus Erlangen fünf Minuten vor Abpfiff sogar mit 33:28 führten, war die Partie endgültig gelaufen.
Eines der härtesten und intensivsten Handballspiele des bisherigen Kalenderjahres endete schließlich mit 36:32 für den HC Erlangen. Es blieb also dabei: Im 14. Bundesligaduell zwischen Leipzig und Erlangen gewinnt zum 14. Mal das Heimteam. In der kommenden Woche haben die Handballer des SC DHfK Leipzig gleich in zwei Heimspielen die Möglichkeit, sich die heute verlorenen Punkte zurückzuholen.
Rúnar Sigtryggsson (Trainer SC DHfK Leipzig):
„Wir haben leider die ersten 15 Minuten viel mit uns selbst gekämpft und haben unsere Linie dadurch verloren. Erlangen hat verdient gewonnen, sie waren heute die bessere Mannschaft. Sowas kommt vor und für uns geht es jetzt mit vollem Fokus ins nächste Spiel gegen Gummersbach.“
Raúl Alonso (Trainer HC Erlangen):
„Gratulation an meine Mannschaft für ein wahrhaftig unglaubliches Spiel. Ich möchte auch den Fans für eine unglaubliche Atmosphäre danken. Die ersten 15 Minuten waren wirklich verrückt, es wurde extrem gekämpft. Leipzig ist für mich einfach die beste Mannschaft der Liga im Moment, mit unglaublichen Ergebnissen, unglaublichem Selbstbewusstsein.
Das konnten wir mit sehr viel Kampfgeist, Ehrgeiz und letztendlich gutem Handball einschränken. Wir sind heute ein verdienter Sieger, ich freue mich über die Art und Weise, wie wir heute aufgetreten sind. Ich bin mir sicher, dass sich Leipzig von dem heutigen Spiel erholen wird, dass sie weiterhin sehr gute Leistung zeigen werden und wünsche dem SC DHfK alles Gute auf diesem Weg.“
HC Erlangen gegen SC DHfK Leipzig 36:32 (19:17)
Tore Leipzig: Klima (5), Kristjánsson (5/1), Sunnefeldt (5), Gebala (5), Wiesmach (4), Ivic (2), Preuss (2), Binder (2), Ernst (1), Matthes (1)
Tore Erlangen: Olsson (7), Jeppsson (7), Steinert (6/3), Bissel (6), Zechel (5), Büdel (4), Metzner (1)
Strafminuten: Erlangen 10 Min, Leipzig 14 Min
Rote Karten: Firnhaber (Erlangen, 11. Min), Link (Erlangen, 14. Min)
Siebenmeter: Erlangen 3/3, Leipzig 1/2
Zuschauer: 4.038 Handballfans in der Arena Nürnberger Versicherung
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