Wenngleich der Wildwasserkanal in Tokyo mit seiner schnurgeraden Ausrichtung, dem glasklaren Wasser und den blauen, künstlichen Hindernissen auf den ersten Blick den Eindruck einer beherrschbaren und gleichmäßigen Strecke erweckt, so wurde heute bestätigt, was die Athletinnen und Athleten im Training bereits festgestellt hatten.

„Die Strecke ist ein bisschen schwer zu fahren, weil hier und da das Wasser sehr, sehr schnell wechselt,“ stellt Sideris Tasiadis fest. „Da muss man weit vorausschauend fahren und wenn dann auch solche schwierigen Torkombinationen wie heute gehängt sind, dann baucht man auch ein bisschen Glück mit dem Wasser, um die Ideallinie zu treffen.“

Der Augsburger ging als erster der vier deutschen Boote in die Rennen – und wird dabei als großer Favorit gehandelt. Als Weltranglistenführender bekam er auch bei den Spielen die Startnummer eins zugeteilt. Große Aufregung deswegen spürt man bei dem 31-jährigen auch am Wettkampftag nicht. In seinen Läufen ließ er es eher behutsam angehen, nutzte die Qualifikation insgesamt, um erst einmal in den Wettkampf zu finden.

„Heute sind die Vorläufe, da muss man noch nicht alles zeigen, was man kann. Ich probiere aber trotzdem, aus den Läufen ein gutes Gefühl mitzunehmen und mein Selbstvertrauen aufzubauen.“

Dazu gehört auch, im zweiten Lauf ein bisschen mehr Risiko zu gehen und die Lehren daraus zu ziehen: „Man merkt das direkt, wenn man nicht auf der Ideallinie ist. Dann verliert man extrem Zeit. Das hat man bei mir im zweiten Lauf gesehen. Ich wollte ein bisschen zu früh in das linke Aufwärtstor Nr. 5, dabei habe ich die Obstacles berührt und dann stand ich direkt sehr tief Tor.“

Dennoch zeigte sich der Olympia-Routinier bei seinen dritten Spielen mit seinem sechsten Rang in der Qualifikation recht zuversichtlich für die morgige Medaillenentscheidung.

Ein Faktor, der den Kurs und diese Spiele insgesamt ebenfalls besonders macht, ist das Klima in der Tokyo Bay. Die Sonne steht während des Wettkampftages durchgehend über der Strecke – schattige Orte gibt es kaum. Zwar liegen die Temperaturen nur um die 30°C-Marke herum, dennoch lässt die Mischung aus wolkenlosem Himmel und der vorherrschenden Luftfeuchtigkeit nicht nur die Betreuer am Rand des Kanals reichlich schwitzen. Selbst das sonst so übliche kühle Nass bringt keine wirkliche Abkühlung für die Sportler. Da die Strecke als Rundkurs gebaut ist, läuft das Wasser im geschlossenen Kreislauf.

„Das Wasser kühlt hier nicht ab, weil die Temperaturen auch nachts nicht unter 20°C sinken. Dann bleibt die Hitze hier im Becken. Das sind gefühlte 30°C Wassertemperatur. Da ist gar nichts mit Abkühlung“ fasst Tasiadis zusammen. Im Ziel sieht man daher fast alle Trainer und Betreuer, wie sie als erstes Ihren Athletinnen und Athleten ein kühles Handtuch reichen. Auch Ricarda Funk bekommt so eines durch Trainer Thomas Apel zugereicht, bevor die kurze Auswertung nach dem Ziel erfolgt.

„Wir haben hier Kühlwesten, aber die reichen meist nur für zehn Minuten. Ich bevorzuge da eher die kalten Handtücher im Nacken“ sagt die 29-jährige Wahl-Augsburgerin, die noch immer für ihren Heimatverein KSV Bad Kreuznach startet. Sie konnte sich heute über zwei gelungene Qualifikationsläufe freuen und war die erste und einzige Starterin im Feld, die bereits im ersten Lauf eine Fahrtzeit unter 100 Sekunden anbot. Zwar kam noch eine Torstabberührung mit zwei Strafsekunden obendrauf, dennoch verwies sie die Dauer-Rivalin Jessica Fox zunächst mit 2,15 Sekunden auf den zweiten Rang.

Weil beim olympischen Rennmodus alle Starter noch einen zweiten Qualifikationslauf fahren, war damit aber noch nichts entschieden. Funk erreichte hier zwar nicht ihre vorherige Laufzeit, blieb aber fehlerfrei und verbesserte sich damit noch einmal um 0,34 Sekunden. Letztlich zeigte die Australierin jedoch, dass in den Medaillenkämpfen auf jeden Fall mit ihr zu rechnen ist. Mit einer Fabelzeit von 98,46 setzte sich Fox letztlich doch noch an die Spitze des Feldes. „Beide Läufe liefen sehr gut. Ich bin voll zufrieden,“ fasst Ricarda Funk den Start in ihr Olympia-Debüt zusammen.

Für die kommende Entscheidungen will sie sich nicht festlegen: „Ich bin superglücklich hier sein zu dürfen.“ Mit ihrer heutigen Leistung dürften die Chancen jedoch nicht sonderlich schlecht stehen.

Ergebnisse:

C1m: 1. BENUS Majtej (SVK) 96,89 (0), 2. SAVSEK Benjamin (SLO) 98,82 (2), 3. BURGESS Adam (GBR) 99,64 (2), … 6. TASIADIS Sideris (GER) 100,69 (0)

K1w: 1. FOX Jessica (98,46 (0), 2. FUNK Ricarda 101,56 (0), 3. JONES Luuka (NZL) 101,72 (0)

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