Die Handballer des SC DHfK Leipzig waren mit einem klaren Ziel an die Lippe gefahren. Nach zwei nicht unbedingt eingeplanten Niederlagen in Folge gegen Erlangen und Wetzlar wollten die Männer in grün-weiß ihren Fans und sich selbst das bevorstehende Weihnachtsfest mit einem Auswärtssieg beim TBV Lemgo versüßen.
Zuvor hatten sie allerdings noch nie beim zweifachen Deutschen Meister gewonnen. Doch drei Tage vor Weihnachten sollte diese Serie endlich reißen. In einem absoluten Krimi-Match waren die Leipziger am Ende mit 26:27 die überglücklichen Sieger.
Die Partie in der PHOENIX CONTACT arena begann direkt mit einer Initialzündung der Leipziger. DHfK-Keeper Joel Birlehm parierte nach einer Minute gleich mal einen Siebenmeter und vorn waren Philipp Weber und Franz Semper zur Stelle. Die beiden Nationalspieler, die erst gestern von Bundestrainer Christian Prokop in den 17er-Kader der EURO 2020 berufen wurden, erzielten mit zwei präzisen Würfen aus dem Rückraum das 0:2.
In der Anfangsphase der Partie bekamen die Gastgeber einen weiteren Siebenmeter zugesprochen, doch auch diesmal war kein Vorbeikommen an Joel Birlehm, so dass der SC DHfK durch die Treffer von Weber, Semper und Santos auch nach zehn Spielminuten mit zwei Treffern führte (3:5). Zudem musste Lemgo schon frühzeitig um Abwehrchef Fabian van Olphen bangen, der bereits nach einer Viertelstunde mit zwei Zeitstrafen vorbelastet war. Das nutzten die DHfK-Männer, um ihre Führung auf 5:8 auszubauen.
Dann hatten jedoch die Hausherren ihre erste gute Phase im Spiel. Nach vier Toren in Serie hatten sie die Partie plötzlich gedreht und DHfK-Trainer André Haber musste bei einem 9:8-Rückstand seine erste Auszeit nehmen. „Wir kriegen nur Tore über Außen!“, legte der Coach den Finger in die Wunde. Tatsächlich sollte Lemgo danach bis zum Seitenwechsel kein Tor mehr von der Außenposition gelingen. Mit einem knappen 11:12-Vorsprung gingen die Männer des SC DHfK schließlich in die Halbzeitpause.
Der zweite Abschnitt startete mit einer regelrechten Franz-Semper-Show. Der Linkshänder hatte schon in der ersten Halbzeit viermal getroffen und brachte Leipzig kurz nach Wiederanpfiff durch einen Doppelschlag mit 11:14 in Führung. Nur wenige Augenblicke später war der 22-Jährige erneut zweimal erfolgreich (13:16 bzw. 14:17) und hatte nach 35 Spielminuten unglaubliche acht Tore bei acht Wurfversuchen zu Buche stehen.
Allerdings schlich sich, wie schon in der ersten Halbzeit, wieder eine Schwächephase der Leipziger ein. Maciej Gebala, der mit fünf Toren vom Kreis eigentlich ein sehr ordentliches Spiel machte, vergab in der 37. Spielminute eine völlig freie Konterchance zum möglichen 14:19. Es wäre mit Sicherheit eine kleine Vorentscheidung in diesem Match gewesen.
Stattdessen kam alles ganz anders. Lemgo kam prompt wieder auf 16:18 heran, Franz Semper leistete sich seinen ersten Fehlwurf der Partie und Philipp Weber fing sich eine Zeitstrafe ein. Der TBV nutzte die Überzahlsituation, um das Spiel wieder auszugleichen und ging anschließend sogar zum ersten Mal mit zwei Treffern in Führung (20:18). Der SC DHfK hatte das Spiel durch diesen 0:6-Lauf komplett aus der Hand gegeben und es drohte die dritte Niederlage in Folge.
Aber es gab ja noch Franz Semper, der einen echten Sahnetag erwischte. Der Nationalspieler kam nach einer kurzen Pause zurück auf die Platte und netzte zum 20:19, 21:21 und 22:22. Der zweite überragende Mann im Dress des SC DHfK Leipzig hieß an diesem Abend Joel Birlehm. Mit insgesamt 15 Paraden brachte er die Lemgoer Angreifer immer wieder zur Verzweiflung. Doch auch sein Torwart- Kollege Jens Vortmann konnte einen enorm wichtigen Akzent setzen und beim Spielstand von 24:24 einen ganz wichtigen Siebenmeter halten.
Die letzten fünf Minuten der Begegnung waren dann Hochspannung pur. Marko Mamic übernahm jetzt Verantwortung und knallte zwei Bälle in den Lemgoer Kasten. Trotzdem konnte der TBV Lemgo nochmal mit 26:25 in Führung gehen und Leipzigs Coach André Haber musste schon zwei Minuten vor Schluss seine letzte Auszeit nehmen. Aus spitzestem Winkel blieb Raul Santos cool und glich zum 26:26 aus. Die Handballer aus Lemgo hatten nun noch 80 Sekunden, um das Spiel zu ihren Gunsten zu entscheiden, doch die DHfK-Abwehr ließ keine Lücken zu, stattdessen schmissen die Hausherren den Ball ins Seitenaus.
Jetzt hatte Leipzig plötzlich die Siegchance. Luca Witzke nahm sich ein Herz, scheiterte aber an TBV-Torwart Piotr Wyszomirski. Doch Maciej Gebala war hellwach, schnappte sich den Rebound und netzte zur 26:27-Führung. Zwar rannte Lemgo in den letzten Sekunden des Spiels noch einmal an und bekam auch noch einen finalen Freiwurf zugesprochen, aber Joel Birlehm stand wie ein Fels in der Brandung und hielt den Auswärtssieg für den SC DHfK Leipzig fest.
Cheftrainer André Haber:
„Ich freue mich sehr, dass die Mannschaft heute den Auswärtssieg geschafft hat. Wir sind ganz gut ins Spiel gekommen und lagen in der ersten Halbzeit in Führung. In der zweiten Halbzeit führen wir sogar mit vier Treffern und hatten die große Chance, auf fünf Tore zu erhöhen. Aber wir haben den Konter liegenlassen und anschließend einen 0:6-Lauf gegen uns kassiert. Sowas kann eine Mannschaft brechen und ein Spiel kippen. Doch wir haben weiter dagegengehalten und das Spiel in der Endphase auch verdient gewonnen.“
Geschäftsführer Karsten Günther:
„Glückwunsch an die Jungs, die sich und unseren Fans mit dem ersten Sieg beim TBV Lemgo ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk gemacht haben. Wir haben das Spiel mit einigen Fehlern selbst zum Krimi gemacht, aber wir sind positiv geblieben und haben in der Schlussphase die Nerven behalten. Das war ein großer Schritt nach vorne. Jetzt wünsche ich aber erstmal allen ein frohes Weihnachtsfest.“
TBV Lemgo Lippe gegen SC DHfK Leipzig 26:27 (11:12)
TBV Lemgo Lippe: Johannesson, Wyszomirski; Elísson 8/3, Kogut, Guardiola 1, Carlsbogård 3, van Olphen, Theuerkauf 3/2, Schagen 3, Zerbe, Cederholm 5, Hangstein, Reimann, Klimek 3, Baijens.
SC DHfK Leipzig: Vortmann, Birlehm; Semper 11, Wiesmach, Witzke 1, Krzikalla 2/1, Binder, Müller, Roscheck, Weber 2, Mamic 2, Remke, Gebala 5, Milosevic, Santos 4
Siebenmeter: Lemgo 5/9, Leipzig 1/2
Strafminuten: Lemgo 10 Min, Leipzig 10 Min
Zuschauer: 3849 Handballfans in der PHOENIX CONTACT arena
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