Es war ein Handball-Leckerbissen vom Allerfeinsten mit zwei aufopferungsvoll kämpfende Mannschaften auf absoluter Augenhöhe, atemberaubender Stimmung in der bis unters Dach gefüllten ARENA und Hochspannung bis in die allerletzte Sekunde. Das Ostderby zwischen dem SC DHfK Leipzig und dem SC Magdeburg vor den Augen von 6120 Fans, darunter Oberbürgermeister Burkhard Jung, Bundestrainer Christian Prokop, Sport-Koryphäe Waldemar Hartmann sowie den beiden RB Leipzig Spielern Dayot Upamecano und Nordi Mukiele hinterließ in vielerlei Hinsicht seine Spuren.
Auch wenn die schmerzliche 25:26-Niederlage bei den grün-weißen Handballern unmittelbar nach Abpfiff für hängende Köpfe und Katerstimmung sorgte, überschlugen sich die sozialen Medien mit anerkennenden Worten über das packende Handballspiel und die kämpferische Leistungen der körperkulturellen Handballer. Mitreden konnten nämlich nicht nur die Fans, die das Spiel live in der Halle verfolgt hatten, sondern auch zahlreiche TV-Zuschauer.
So verfolgten im MDR-Sendegebiet im Schnitt 216.000 Handballfans die Liveübertragung des Mitteldeutschen Rundrunks (9,9 % Markanteil). In der Spitze waren es in der spannenden Schlussphase sogar mehr als 370.000 Zuschauer, was einen überragenden Marktanteil von 15 % im Sendegebiet bedeutete. Durch die reichweitenstarke Nachberichterstattung (MDR Sachsenspiegel, MDR Sachsen-Anhalt heute, MDR um 11 und drei Sendungen von MDR aktuell) bekamen allein in Mitteldeutschland mehr als 1,5 Millionen Menschen bewegte Bilder vom Derby zu sehen.
„Ich kann hier unfassbar viel lernen!“ Das Interview mit Joel Birlehm
Einer, der am Sonntag sein allererstes Ostderby bestritt und dabei eine richtig starke Leistung auf die Platte brachte, ist Joel Birlehm. Im Interview spricht der Torhüter über seine Derby-Erlebnisse, den kommenden Gegner MT Melsungen und sein Zwischenfazit nach einem Drittel der Saison.
Frage: Joel, mit 12 Paraden wärst du am Sonntag ein Kandidat für den Mann des Spiels gewesen, wenn das Derby nicht mit einem 0:3-Lauf für Magdeburg ausgegangen wäre. Wie geht es dir jetzt ein paar Tage danach? Beschäftigt dich das Spiel noch, oder geht der Blick nur nach vorn?
Joel Birlehm: „Sonntag nach dem Spiel und am Montagmorgen war es schon hart und noch sehr präsent. Ich habe auch viele Mitteilungen von Freunden bekommen. Da musste man das Spiel natürlich noch thematisieren und hatte es dadurch noch eine Weile im Kopf, aber mit unserer Analyse am Dienstag mit dem Team und André haben wir jetzt mit dem Derby abgeschlossen und schauen nur noch auf das Auswärtsspiel am Samstag gegen Melsungen.“
Frage: Magdeburgs Geschäftsführer Marc-Henrik Schmedt verglich das Ostderby mit dem Revierderby im Fußball zwischen Dortmund und Schalke. Siehst du das ähnlich? Und wie hast du die Atmosphäre bei deinem ersten Ostderby erlebt?
Joel Birlehm: „Ich bis sogar selbst Schalke-Fan und habe das Revierderby schon eins, zwei Mal im Stadion erlebt. Ich glaube, wenn man in Dortmund oder Gelsenkirchen wohnt, ist das alles nochmal eine Stufe heftiger. Aber die Atmosphäre hier in Leipzig war natürlich auch Wahnsinn. Ich hatte noch nie bei einem Heimspiel so viele Zuschauer im Rücken, das hat unfassbar viel Spaß gemacht und war schon beim Aufwärmen und Einlaufen ein krasses Gefühl.“
Frage: Du hast ja auch schon das „berüchtigte“ Handball-Derby Lübbecke gegen Minden miterlebt?
Joel Birlehm: „Das stimmt, ich durfte das Derby Lübbecke gegen Minden schon zweimal spielen. Dort ist es noch ein bisschen intimer, da Lübbecke eine sehr kleine Stadt ist. Da kriegt man die Rivalität noch mehr mit, wird beim Bäcker auf das Spiel angesprochen und die örtlichen Polizisten sind vor dem Spiel schon nervös. Aber ich fand es gut, dass man sich in Leipzig vor dem Derby besser abschirmen konnte.“
Frage: Das Medieninteresse für das Spiel war riesig. Allein beim MDR konnten mehr als 1,5 Millionen Menschen Live- und Nachberichte des Derbys sehen. Zudem gab es eine große Fan-Choreo und der Verein hatte extra für das Spiel ein Sondertrikot entworfen. Hat dieser ganze Rummel im Vorfeld des Spiels bei dir nochmal für eine Extramotivation gesorgt, oder blendest du sowas komplett aus?
Joel Birlehm: „Durch die Liveübertragung gab es eine etwas andere Anwurfzeit, aber 15 Uhr statt 16 Uhr war für uns keine große Umstellung. Mit dem Drumherum habe ich mich vor dem Spiel nicht beschäftigt, ich habe auch das Sondertrikot erst am Spieltag zum ersten Mal gesehen. Aber am Spieltag hat man das dann natürlich alles mitbekommen. Solche riesigen Blockfahnen kennt man sonst nur aus dem Fußballstadion. Das war schon ein richtig großes Event und da freut man sich schon wieder auf das nächste Derby.“
Frage: So eine bittere Niederlage kann immer für einen kleinen Knacks in einer Mannschaft sorgen. Aber es kann auch dazu führen, dass man noch fokussierter und mit dem Messer zwischen den Zähnen zum nächsten Spiel fährt. Warum trifft am Samstag beim Spiel in Melsungen für euch Zweiteres zu?
Joel Birlehm: „Von Knacks kann man absolut nicht reden. Natürlich war es direkt nach dem Spiel in der Kabine emotional hart für uns, weil wir dreieinhalb Minuten vor dem Ende mit zwei Toren geführt haben und es selbst in der Hand hatten. Aber wir haben einen super Kampf geboten und für mich ist Magdeburg eine der vier besten Mannschaften in Deutschland. Ich denke, insgesamt haben wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Für das anstehende Auswärtsspiel in Melsungen spielt der Spielausgang gegen Magdeburg keine Rolle, denn es geht jetzt einfach darum, wieder seine Hausaufgaben zu machen. Auswärts ist es nochmal eine andere Sache, als mit 6120 Fans im Rücken, da müssen wir einfach ruhig und besonnen bleiben.“
Frage: Ihr habt erst vor einem Monat im Pokalwettbewerb gegen die MT Melsungen gespielt und seid zu Hause aus dem Pokal ausgeschieden. Nimmt dieses Spiel in der Vorbereitung eine besondere Rolle ein? Schaust du dir besonders die Wurfbilder aus dem Pokalspiel nochmal genauer an?
Joel Birlehm: „Wir bereiten uns auf dieses Spiel vor, wie auf jedes andere Spiel. Aber es hilft sicherlich ein bisschen, dass man schonmal gegen die Jungs gespielt hat. Ich bin gespannt, welchen Videoschnitt ich bekomme und ob da etwas aus dem Pokalspiel dabei ist. Aber letztlich ist das relativ egal und kein großer Vor- oder Nachteil. Wir kennen die Qualitäten der MT Melsungen und wollen uns natürlich am Samstag für das Pokalspiel revanchieren.“
Frage: Jetzt ist ein Drittel der Saison gespielt. Wie fällt dein Zwischenfazit aus und wie zufrieden bist du mit den bisherigen Leistungen von der Mannschaft und dir persönlich?
Joel Birlehm: „Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg. Besonders daheim haben wir gute Ergebnisse erzielt und schon sechs von sieben Spielen gewonnen. Das war vielleicht nicht immer schön, aber Handball ist ein Ergebnissport. In den ersten sechs Wochen haben wir vier Aufholjagden hingelegt, wo wir teilweise schon tot waren. Das zeigt den Charakter in der Mannschaft. Persönlich habe ich ein bisschen Zeit gebraucht, um mich an das gesamte neue Umfeld und die Abläufe zu gewöhnen, und der Prozess ist natürlich noch nicht abgeschlossen. Das sind viele Kleinigkeiten. Gerade die Heimspiele sind ganz besonders. Es ist eine sehr große Halle, die immer gut besucht ist. Die ersten vier Heimspiele bin ich nach dem Warmmachen immer in die falsche Richtung gelaufen. Aber inzwischen kenne ich die Wege und die meisten Gesichter und habe mich an die Abläufe gewöhnt. Ich kann hier beim SC DHfK Leipzig unfassbar viel lernen und unheimlich viel für meine Entwicklung tun und finde es schön, dass ich bisher so viel Vertrauen bekomme. Ich möchte genau da weitermachen und mir über das Training und die Spiele weiterhin Spielzeiten erarbeiten, um dem Team zu helfen.“
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