Jahrestage, die bestimmten Interessen, Phรคnomenen oder Personengruppen gewidmet sind, gibt es in zunehmender Menge. Wie sieht es im modernen Kontext mit dem Unterscheidungsmerkmal Frau aus? Die gegenwรคrtige Epoche des Hinterfragens und Neusortierens gesellschaftlicher Klassifizierungen macht dabei bestimmte Fragen nicht einfacher.
Was soll gefeiert werden oder auch was ist im Jubilรคumszusammenhang mit โFrauโ heute genau gemeint und was nicht? Mit unglรคubiger Miene kam einmal eine rasche Reaktion: โNa, es gibt ja auch den Mรคnnertag!โ
Als die Frage auf die Art der zu รผberbringenden Aufmerksamkeit gelenkt wurde, trat eine Diskrepanz zutage. Blumen schenkte man traditionell einerseits, ein Flรคschchen Alkoholisches in Gegenrichtung. Offensichtlich unterschied sich auch der Grund eventueller Dankbarkeit. Frรผher zumindest und auf Basis des Vorhandenseins von Uterus oder Prostata. Und so wurde ich an den Brauch der Jahrestag-anhรคngigen Dankbarkeit in der DDR erinnert.
Viele Frauen wurden vor allem von betrieblicher Seite mit offiziellen Dankesgrรผรen beschenkt. Die Identifizierung der Zugehรถrigkeit zur bedachten Gruppe war denkbar einfach, denn den Einstellungsannoncenhinweis m/w/div gab es ebenso wenig wie die breite Akzeptanz ungeahnter oder nicht-bipolarer Selbstwahrnehmungen. Das optisch auszumachende biologische Geschlecht schien die Referenz zu sein sowie die mit der statistisch wahrscheinlichsten Rollenverteilung verbundenen Mรผhen der Dankesgrund.
Apropos Rollenverteilung. Behauptungen sind zu hรถren, dass die DDR-รra bei all der auszusprechenden Kritik gegen den totalitรคren zentralen Machtanspruch des Staates alle Zeichen der Geschlechterdiskriminierung beseitigt hรคtte. Eine Veritas-Nรคhmaschinen-Gebrauchsanleitung von 1967 leitet mit โSehr geehrte Hausfrauโ ein, was dem nรคhenden Mann zumindest an der Ehre gekratzt haben konnte. Aber gleichwohl liest man in der Anleitung zur zeitgleich in der Altbundesrepublik hergestellte Pfaff 260 von โder erfahrenen Nรคherinโ, womit sehr gewiss kein generisches Femininum gemeint war.
Aber auch heute sind Beispiele fรผr Produkte, die mit verstaubten Geschlechterassoziationen beworben werden, durchaus so hรคufig wie die Inkonsequenzen der gelegentlich sprachliches Wirrwarr schaffenden Fรผrsprecher fรผr recht komplizierte *innen-Endungen. Gezielt beobachtet entlarvte sich ein vehementer Vertreter (generisches Maskulinum) dieser Sprachrevolutionรคre mit einem ganz selbstverstรคndlichen: โDa muss ich mal noch schnell zum Bรคcker.โ Gemeint war natรผrlich der Verkaufsladen, in dem fast ausschlieรlich als Frauen zu identifizierende Menschen ihren Dienst tun.
Zur โBรคckerinโ ohne weitere Endungszusรคtze hรคtte er oder sie mit guter Geschlechtstrefferquote gehen mรผssen. Wenn gleichberechtigt โ dann bitte in guter Balance und ohne lange Endungen nur 50 % der Bevรถlkerung zuzumuten. Gerecht wรคre es vorschlagsweise, den an sich neutralen Beruf Bรคcker zu nennen, woran sich offensichtlich einige von uns bereits gewรถhnt haben. Der Mann in der Backstube oder hinter der Brottheke hieรe dann Bรคckerer, die Frau Bรคckerin. Das funktioniert รผbrigens sehr universell unkompliziert und generisch.
Apropos Frau. Ohne den Blick vom besten Grund fรผr einen Frauentag abwenden zu wollen, nรคmlich vom kritischen auf geringschรคtzige, schlechte oder gar brutale Behandlung der sich an noch immer vielen Orten der Welt in der traditionellen Frauenrolle Befindlichen, erscheint ein Frauentagsdank im eigenen Umkreis dennoch angemessen. Das nicht nur, weil in der via usnews.com jรคhrlich herausgegebenen Liste der fรผr Frauen lebenswertesten Lรคnder unser Deutschland diesmal (nur) auf Platz 11 landet.
Nein, auch angesichts beachtlicher und nicht per Diplom honorierter Leistungen wie Schwangerschaftsmรผhen, Menstruationsaufwendungen, Bruststillen und anderer aus Chromosom-Grรผnden nicht umverteilbarer Spezifik ergibt der biologisch begrรผndete Dank auch hierzulande einen Sinn.
Und so sollten die biologischen Gegebenheiten als Namensgeber fรผr die Kategorie Frau vielleicht doch eine neue Chance erhalten, ohne der sehr zu begrรผรenden zunehmenden Anerkennung von Geschlechterdiversitรคt abtrรคglich zu sein. Das sollte auch nicht mit Glauben an einen Schรถpfer kollidieren. Oder war es mรถglicherweise eine Schรถpferin?
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