Von Matthias Ladusch: Leipzigs ältester Baum ist eine Stieleiche im Rosental des Auwalds, eine Starkeiche des Rosentals. Sie steht 200 m südöstlich des Rosentalhügels. Mit etwa dreißig Meter Höhe hat ihr Stamm in 1,30 m über dem Erdboden einen Umfang von 6,61 m, was einem Durchmesser von 2,11 m entspricht. Damit ist sie auch der stärkste Baum der Stadt. 600 Jahre steht sie bereits, wie Spezialisten schätzen.
Hat die Eiche den Naturgewalten Jahrhunderte lang widerstehen können, so gehen in den letzten paar Jahren idiotische Vandalen dem Baum an den Kragen. Die Motivation ist wieder einmal lediglich eine absolut unverständliche Zerstörungswut. Der alte Stamm hat, wie bei vielen alten Bäumen, an seiner Basis eine natürliche Aushöhlung bekommen, der diese Bäume noch Jahrhunderte widerstehen können. Leider wurde in den letzten Jahren immer wieder Feuer in diese Höhlung gelegt. Als ich die Eiche das erste Mal vor 3 Jahren sah, waren bereits Brandspuren mit Verkohlung des inneren Holzes zu sehen.
Am 05.04.2017 fand ich den Baum in einem weit schlimmeren Zustand vor. Frische Brandspuren mit rissigen Kohleresten im Innenstamm und Verkohlungen der Borke und des Holzes des Außenstammes bis in 8 m Stammhöhe über der Aushöhlung zeugen von einer „professionellen“ Brandlegung. Die Öffnung des Stammes ist, wie ein Foto vom Jahresende 2013 (von Henk Eshuis) zeigt, in dreieinhalb Jahren durch die Brennerei mehr als dreimal größer geworden. Ein Exkursionsführer der Stadt durch das Rosental von 2011 zeigt auf einem damaligen Foto der Eiche einen Riss mit maximal 40 cm Breite. Auffällige Brandspuren sind nicht zu sehen.
Nun steht der Stamm einen ganzen Meter offen! Die Aushöhlung ist 1,35 m tief und maximal 1,80 m breit. Seitlich sind es nur noch ca. 15 cm Außenholz und Borke, die übriggeblieben sind. Diese sechs Jahre „menschlicher“ Einwirkung auf einen einhundertmal älteren Baum scheinen sein Schicksal zu besiegeln. Die älteste Eiche in der besonderen Kulturlandschaft des Leipziger Auwalds ist ein Teil der Leipziger Geschichte, dieser Umgang mit ihm das böse Zeichen eines Werteverfalls.
Will die Stadt dieses besondere Naturdenkmal nicht so lange wie möglich bewahren? Kann man gegen den Vandalismus nichts wirksam unternehmen? Wurden Ermittlungen von vornherein ausgeschlossen und eine wirksame Strafverfolgung schon deshalb unmöglich?
Matthias Ladusch
p.s.: Zwei Tage nach dieser enttäuschenden Entdeckung (übertriebene Bezeichnung – am Tag gehen, laufen und fahren Hunderte Bürger der Stadt vorbei) erschien ein interessanter Artikel in der LVZ (7. April 2017): „Hundert Jahre alter Strafbefehl entdeckt“. Ein Mädchen war am 9. April 1917 dabei ertappt worden, wie es zweimal Schneeglöckchen auf einer Rosentaler Wiese pflückte.
Auf dieses Vergehen folgte eine hohe Strafe, welche mittels einer Strafverfügung beigetrieben wurde. Das Mädchen, das damals sogar zu Kriegszeiten eine hohe Geldstrafe erhielt und zahlte, tut einem fast leid. Aber immerhin: Das war konsequenter Naturschutz und wird den meisten etwas übertrieben vorkommen. Die Praxis der jüngeren Geschichte hat uns aber immerhin den Auwald im noch vorhandenen Zustand erhalten.
Herr Döring zitiert im Artikel den Ordnungsamtschef Loris, der für die heutigen Zeiten eine Strafspanne bis 50.000 € erwähnt. Die Drohung alleine tut es aber nicht. In einem geschützten Stadtwald mit vielen Besuchern ist die Kontrolle eine selbstverständliche Notwendigkeit. Man sollte endlich den Naturschutz praktizieren und vor allem in der Erziehung Werte prägen.
Ein gut passendes Zitat der Stadt Leipzig im Internet:
http://www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/umwelt-und-naturschutz/baeume-und-baumschutz/baumschutz/
In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer
https://www.l-iz.de/bildung/medien/2017/03/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108
Keine Kommentare bisher