Sehr geehrter Herr Polizeipräsident, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, ich wende mich an Sie als oberster Dienstherr bzw. als „erster Mann“ Leipzigs. Als der Umbau der Georg-Schuman-Straße und dort gleichzeitig das Thema dieses Briefes an Sie „Der Umbau des ersten Bauabschnittes an der Axis-Passage“ geplant wurde, geschah dies wahrscheinlich langwierig, umfassend und unter hohem Projektaufwand.

Nun ist es leider bei den meisten Projekten so, dass die Wirklichkeit sich eher selten an der Planung orientiert. Von daher möchte ich den Planern auch ungern einen Vorwurf machen, dass bei den Planungen der Analphabetismus der deutschen Autofahrer nicht ausreichend berücksichtigt werden konnte.

Zumindest drängt sich mir der Eindruck eines fortgeschrittenen Analphabetismus auf, wenn ich die drei letzten aufregenden Tage hier im Wohn- und Arbeitsgebiet um die DRV Mitteldeutschland Revue passieren lasse. Aber der Reihe nach.

Um Verkehrsteilnehmer auf die Sperrung der Georg-Schuman-Straße hinzuweisen, wurden vorab eine Anzeigetafel aufgestellt und Veröffentlichungen in den Medien vorgenommen. Um die Sperrung auch für die Dauer der Umbaumaßnahmen zu verdeutlichen, wurde ein Schild (Bild 1) an der Georg-Schumann-Straße aufgestellt. Der geneigte Leser des Schildes könnte nun annehmen, dass neben dem LVB-Linienverkehr und Baustellenfahrzeugen ausschließlich Fahrzeuge passieren dürfen, deren Fahrzeugführer ein berechtigtes Anliegen, entweder im BfW oder in der DRV Mitteldeutschland, nachweisen können.

Foto: Uwe Walther
Foto: Uwe Walther

Die Mehrheit der Autofahrer interpretiert die Schilder jedoch dahingehend, dass ihr „Anliegen“, auf die andere Seite zu gelangen, eine Durchfahrt rund um die DRV Richtung Yorckstraße oder Voltairestraße erlaubt. Ich rede dabei nicht nur von KfZ mit Leipziger oder auswärtigen Kennzeichen. Fast minütlich bahnen sich LKW, zum Beispiel der Firmen Höffner und diverser

Umzugsunternehmen, den Weg um die DRV und durch das Wohngebiet. Da ich kein Zyniker bin, gehe ich wohlwollend davon aus, dass dies alles „Anlieger“ sind.

Poller an der DRV Mitteldeutschland, welche jedem Menschen mit einem IQ über dem eines Kretins, als Signal dienen dürften, dass eine Durchfahrt nicht erwünscht ist, werden entweder weiträumig über die Wiesen der DRV oder im Bereich der Voltairestraße auch über eine Fahrt über den Fußweg umfahren.

Die bisher beste Performance lieferte bisher ein Mitarbeiter des MDR, welcher gestern vor der DRV über 2 Rasenflächen und die Fußgängerallee am Haupteingang fuhr. Als er von einer dazu befugten Person gestoppt und zu seiner Intention befragt wurde, bestand seine Reaktion darin, dieser Person Schläge anzudrohen und sich mit hoher Geschwindigkeit zu entfernen.

Dass dort 10k m/h Höchstgeschwindigkeit gelten, übersah der MDR-Mitarbeiter, wie die meisten anderen Fahrer, sicherlich aus Versehen.

In den ersten drei Tagen interessiert sich in Summe kaum ein Autofahrer für das Durchfahrtsverbot, kaum einer hält sich an die vorgegebene Geschwindigkeit. Die Rasenflächen der DRV werden mutwillig zerstört (Bild 2 und 3), Einbahnstraßen inkl. der Seelenbinderstraße und der Straße hinter der DRV werden ebenfalls ignoriert, so dass dauerhaft für Spiel, Spaß und Spannung gesorgt ist.

Im Ergebnis gab es bereits mehrfach Wortgefechte mit der Androhung von Gewalt, ein sehr knapp verhinderter Unfall einer Fahrradfahrerin mit Kind und diverse Staus, wenn Fahrer in die falsche Richtung fahren, oder sich doch mal von Pollern stoppen lassen.

Im übrigen, Herr Polizeipräsident, gehen Ihre Polizeibeamten mit leuchtendem Beispiel voran. Am Poller Richtung Voltairestraße wendete ein großer Einsatzwagen der Bereitschaftspolizei am Montag und heute nutzten normale Einsatzwagen mehrfach im Pulk mit normalen Autofahrern die Schleichstrecke um die DRV. Dies nenne ich echte Vorbildwirkung!

Und nein, lieber Herr Polizeipräsident, die Fahrzeuge fuhren nicht mit Einsatzsignal. Sollte es also keine Gesetzesregelungen geben, welche Polizeibeamte von der Befolgung der Straßenverkehrsordnung ausschließen, dann müssten einige Ihrer Kollegen dringend Tests ihrer Sehschärfe bzw. ihrer Lese- und Verständnisfähigkeit von Verkehrsschildern vornehmen lassen. Da ich jedoch ein verständnisvoller und wirklich nur an das Beste glaubender Bürger bin, habe ich gestern versucht, Polizeidienststellen dieser Stadt anzurufen, um auf die Geschehnisse aufmerksam zu machen.

Ich habe in Folge mehrfach das Revier Nord angerufen – trotz Wartens ohne den Erfolg eines den Hörer abnehmenden Beamten. Macht nichts, denn es gibt zwischenzeitlich Bürgerpolizisten! Also frisch fröhlich ans Telefon und versucht, Herrn PHM F. zu erreichen. Mehrfach! Abbruch jedes Mal gleich nach der Anwahl. Sollte die Telefonnummer von der Webseite der Polizei nicht stimmen?

Foto: Uwe Walther
Foto: Uwe Walther

Doch so schnell gibt der moderne Bürger von heute nicht auf! Es gibt ja noch eine PHKin Sch., also mehrfach versucht diese anzurufen. Sie ahnen es – ohne Erfolg. Nun könnte jeder einmal Pech haben und keinen unserer für Recht und Ordnung sorgenden Einsatzkräfte erreichen, da diese schließlich nicht die ganze Zeit am Telefon auf Anrufe warten können. Dies verstehe ich vollkommen, da ich persönlich früher selbst bei Anrufen unter der Notrufnummer, um Hilfe bei einem Raubüberfall zu bekommen, in der Warteschleife gelandet bin.

Man muss sich dies einmal vorstellen. Warteschleifen bei Notrufnummern. Das muss der viel gelobte Fortschritt sein! Frau PHKin Sch. rief dann heute Morgen zurück. Bingo! Im Ergebnis des Gespräches würde ich bei einer wohlwollenden Punktevergabe auf folgende Wertung in der A-Note kommen:

Interesse am Sachverhalt: 0 Punkt

Unverständnis, dass ich sie angerufen habe: 10 Punkte

Empathie für mich als Bürger: 0 Punkte

Bestreben, zumindest den Eindruck zu erwecken eine Lösung zu erwägen: 0 Punkte

Wer sagt es denn? Immerhin 10 Punkte!

Erfrischend sind mir folgende Aussagen im Gedächtnis geblieben:

  • „Wir können als Polizei auch bloß auf die Vernunft der Autofahrer hoffen, dass diese die ausgewiesenen Umleitungen nutzen“
  • „wenden Sie sich bitte mal an das Ordnungsamt“, mein Hinweis, dass sich das Ordnungsamt nur für den ruhenden Verkehr zuständig fühlt, wurde folgerichtig wie folgt beantwortet:
  • „ja aber, wir können nicht Polizisten abstellen, die dann in dem Bereich den Verkehr regeln! Wir haben schließlich andere Dinge zu tun!“ Der natürlich nicht in mir vorhandene Zyniker fragte sich natürlich nicht, was dies für Dinge – außer für Recht und Ordnung zu sorgen – sein könnten
  • „im Übrigen wird das auch in Zukunft nicht besser, denn die Baumaßnahme geht ja noch bis Ende des Jahres“. Mein Hinweis, dass sich evtl. mit steigendem Unmut der Anwohner und Mitarbeiter so etwas durchaus entladen kann (Erinnerung: es gab schon Gewaltandrohungen), wurde dann geschickt wie folgt interpretiert: „Ich nehme das jetzt mal nicht als Drohung“ – ich bitte um Ihr Verständnis, meine Herren, dass es mir in dem Moment eigentlich schon fast egal, als was Frau PHKin Sch. meine Sorge nimmt.

Letztendlich wurde das Gespräch, nach einer Nachfrage bezüglich meines Namens und meiner Telefonnummer, (welche Frau PHKin Sch. zur Sicherheit noch einmal von ihrem Telefondisplay vorlas) damit beendet, dass Frau PHKin Sch. meine Anmerkungen und den Sachverhalt „dass Sie sich so quer bei mir durch gemeldet haben“ weiter kommunizieren wollte. Zu Wem, Wann, mit welchem Ziel? Sie ahnen es vielleicht – ich habe keine Ahnung. Natürlich stelle ich Ihnen gern persönlich meine Anrufprotokolle zur Verfügung, sofern es Zweifel an den Anrufen gibt.

Im weiteren Verlauf des Tages durfte ich mich als Berufstätiger und als Anwohner über eine weiter zunehmende Blechlawine, das fast Überfahren eines älteren Mannes (den ich persönlich kenne und als Zeugen bringen kann), den knapp verhinderten Unfall der Fahrradfahrerin mit Kind und zwei weiteren Wortgefechten mit Gewaltandrohung im Bereich des kleinen Parkplatzes der DRV „erfreuen“.

Die DRV selbst hat zwischenzeitlich reagiert, um die weitere Zerstörung ihrer Rasenflächen zu verhindern und einige Absperrungen errichten lassen, um das Befahren des Rasens zu verhindern.

Hier noch mal ein Bild von der Rasenfahrt des MDR-Mitarbeiters:

Ein Bild von der Rasenfahrt des MDR-Mitarbeiters. Foto: Uwe Walther
Foto: Uwe Walther

Gleichwohl löst dies die Grundproblematik nicht, meine Herren! Da ich davon ausgehe, dass Ihnen in Zeiten klammer Kassen schnell das Argument „kein Geld, um Polizisten für so etwas Triviales wie Recht und Ordnung abzustellen“ durch den Kopf schießen wird, erlaube ich Ihnen, mir zwei Lösungen vorzuschlagen.

Lösung 1

Heften Sie mir einen Sheriff-Stern an und genehmigen Sie, dass ich die Nummernschilder der durchfahrenden Fahrzeuge fotografiere. Diese können dann von einem im Innendienst tätigen Beamten gecheckt werden, um zu ermitteln, welche Fahrzeughalter nicht als Anlieger infrage kommen. Um sicherzugehen, dass es dabei keine DRV-Mitarbeiter erwischt, würde ich nur Kennzeichen von „ausfahrenden“ Fahrzeugen fotografieren. Da die DRV Mitarbeiter eine andere Ausfahrt durch die Schranken nehmen, sollte das funktionieren.

Jetzt stellen Sie sich doch einmal die ungeahnten Einnahmemöglichkeiten durch Bußgelder vor, bei mindestens 10 Kfz alle 5min! Herr Jung? Gibt es ein Haushaltsdefizit? Die Lösung ist nah! Ergänzend könnten Strichproben hinsichtlich des Haltens am STOP-Schild der Straße von der DRV Richtung Arbeitsamt (Ecke Yorckstraße) erfolgen. Voilà! Zusatzeinkommen! Herr Merbitz? Um das Wild-West der Autofahrer und meinem Sheriff-Stern zu komplettieren, sind nicht zufällig 2 Colts für mich drin, oder? Späßchen, denn man muss sich auch selbst auf die Schippe nehmen können, wenn die eigenen Angestellten statt für Recht und Ordnung zu sorgen, auf „Vernunft“ der Bürger hoffen (Anstrich 1 der Äußerungen von PHKin Sch.). Das kommt schon witzig rüber, gell?

Lösung 2

Eine Streifenwagenbesatzung wird in dem Bereich eingesetzt. Einer der beiden Kollegen steht mit Funkgerät an der Einfahrt unten nach dem BfW. Der andere Kollege an der Ausfahrt oben neben dem Parkplatz der DRV. Der erste Kollege gibt die Kennzeichen der einfahrenden Autos durch und jedes Kennzeichen, welches unmittelbar am Ausgang wieder auftaucht (also nicht Anlieger der DRV ist) muss Strafe zahlen. Ich bin jetzt leider nicht firm, welche Gelder so bei bewusstem Verstoß gegen ein Durchfahrtsverbot zu zahlen ist. Lassen Sie uns konservativ rechnen und nur 10 Euro pro Verstoß ansetzen. 120 Fahrzeuge die Stunde macht – meine Herren, zücken Sie Ihre Taschenrechner – 1.200 Euro Strafeinnahmen die Stunde! Und wir reden hier von regem Verkehr mindestens von 7-18 Uhr.

Herr Merbitz: Wie viele zusätzliche Planstellen für die Polizei habe ich Ihnen jetzt durch Einsatz der beiden Kollegen finanziert? Nein, nein, einen Orden benötige ich nicht. Mir reicht der Gedanke, etwas Gutes getan zu haben.

Sollten Ihnen beide Lösungen zu pragmatisch sein, bin ich natürlich gern bereit, in meiner Freizeit weitere Brainstormings bei einem guten Glas Wein mit Ihnen durchzuführen. Soll doch keiner sagen, der einfache Bürger bemühe sich nicht konstruktiv um Lösungen!

Schlussendlich wünsche ich mir nur, dass Personenschäden verhindert werden, die Anwohner entlastet werden von der Blechlawine, welche ohne Lösung bis Ende des Jahres nur noch zunehmen wird (Wegschauen der Ordnungshüter spricht sich herum meine Herren), weitere Schäden an der nicht für dauerhaften LKW-Verkehr vorgesehenen Straße hinter der DRV verhindert werden und dass Einnahmen durch konsequente Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten generiert werden können.

Da ich insbesondere nach der von mir empfundenen „Wertschätzung“ durch PHKin Sch. Keinen Wert auf weiteren Kontakt mit Polizeiangestellten oder anderen Stadtangestellten lege, fühlen Sie sich nicht bemüßigt, mir auf diese Zeilen zu antworten.

Unabhängig davon würde ich mich freuen, wenn Sie sich in eine Lösung des Problems einbringen würden, um den jetzt schon bestehenden Unmut der Anwohner und Mitarbeiter, welchen ich aus persönlichen Gesprächen in den letzten Tage entnehmen konnte, nicht weiter anwachsen zu lassen.

Hochachtungsvoll

Uwe Walther

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