Von Patrick Stüber: Der Eisbär ist perfekt an seinen Lebensraum angepasst. Eine dicke Fettschicht unter der Haut isoliert seinen Körper nach außen. Außerdem ist seine Haut selbst schwarz um so die Wärme der Sonnenstrahlung schneller aufnehmen zu können. Hinzu kommt ein sehr dichtes Fell in welchem die einzelnen Haare hohl sind. So erhält er beim Schwimmen mehr Auftrieb und verbraucht weniger Energie. Diese Art der Anpassung, diese Perfektion findet man auch bei anderen Tieren mehr oder weniger stark.
In der Natur führte die Evolution dazu, dass Tiere sich an ihre jeweilige Umgebung perfekt anpassen konnten. Das wiederum führte aber auch zu einer starken Spezialisierung. Man wird sicherlich nie einen Eisbären durch die Sahara spazieren sehen oder Wellensittiche beim Tiefseetauchen erwischen. Nur ein Lebewesen ist was die Spezialisierung betrifft weniger fortgeschritten oder hat sie einfach nicht nötig. Der Mensch. Dennoch lebt er überall. Es gibt Menschen an den fruchtbaren Ufern des Nils, in den Wäldern Europas, in den Wüsten Afrikas, ja sogar auf den Bergen des Himalayas.
Wie kommt das?
Der Mensch ist als einziges Lebewesen in der Lage, sich selbst mit Hilfsmitteln auf seine Umgebung einzustellen oder sogar seine Umgebung auf seine Bedürfnisse umzugestalten. Eskimos bauen sich Behausungen aus Eisblöcken. Sie benutzen von der Natur gegebenes Baumaterial und schaffen sich so eine Umgebung in der sie leben können. Menschen legen Flüsse trocken oder leiten ihren Verlauf einfach um, legen Stauseen an, bauen Kanäle, pflanzen Wälder in kargen Landschaften oder holzen sie ab, wo ihnen Lebensraum fehlt. Kein Tier verfügt über diese umfangreichen Möglichkeiten, kein Tier hat diese Macht. Kein Tier wäre in der Lage überall auf der Welt zu leben.
Der Mensch schon. Meiner Meinung nach, gibt es keinen plausiblen Grund dafür, warum Menschen nicht leben könnten, wo sie gern leben möchten. Natürlich können nicht 7 Milliarden Menschen in einer Stadt leben. Das wollen sie auch nicht. In der Regel trägt jeder Mensch eine gewisse Heimatverbundenheit in sich. Wer in den Bergen aufgewachsen ist, wird in den allermeisten Fällen nicht dauerhaft am Strand leben wollen und wer in der Steppe aufgewachsen ist, wird in den allermeisten Fällen nicht dauerhaft in einer Großstadt leben wollen. Es gibt Ausnahmen, wie immer, die absolute Mehrheit wird nicht so handeln. Temporäre Verschiebungen sind auch normal.
Es gibt beispielsweise Menschen die dem kargen Winter ihres Heimatlandes entfliehen wollen und diese Jahreszeit in der Südsee verbringen.
Dennoch werden diese Menschen dann aber den Sommer lieber in ihrem Heimatland verbringen. So ordnet sich die Verteilung der Menschen über die Erde ganz von selbst. Das einzige Element, welches diese Ordnung durcheinander bringt ist der Mensch selbst. Menschen verlassen ihre an sich geliebte Heimat dauerhaft nur dann, wenn es nicht mehr möglich ist dort zu leben, wo man zu Hause ist. Wenn sie um ihr Leben fürchten müssen. Wenn sie extremer Not ausgesetzt sind. Diese Menschen ergreifen jeden Strohhalm, der ihnen Rettung verspricht. Diese Menschen werden zu Flüchtlingen.
Diese Menschen reisen nach Europa, weil Europa ein sicheres Leben verspricht. Diese Menschen werden aber leider oft auch hier im glorreichen Europa derselben Angst ausgesetzt, wegen der sie doch ihre Heimat verlassen haben.
Woher kommt diese Aggressivität gegenüber den vermeintlich Fremden?
Aus demselben Grund, aus welchem diese hier sind: aus Angst. Einige Menschen haben Angst vor fremden Menschen. Sie sehen ihre eigene Heimat bedroht, weil sie glauben die Fremden bringen Kriminalität und soziale Probleme mit sich. Bei allem Respekt vor diesen Ängsten, sollte doch immer gelten: “Ein jeder Mensch hat rechtmäßig Anspruch auf Achtung von seinen Nebenmenschen, und wechselseitig ist er dazu auch gegen jeden Anderen verbunden.” Dieses Zitat stammt von Kant. Es ist gerade in der heutigen Zeit bedeutsamer denn je. Die Leute die andere Menschen beschimpfen, angreifen oder deren Behausungen zerstören vergessen eine simple Tatsache oder wollen sie nicht sehen: Auch die Anderen sind Menschen. Auch die Anderen haben als Repräsentanten der Menschheit eine Würde, genau wie sie selbst.
Das Grundgesetz in Deutschland gilt auch für Flüchtlinge, denn es gilt für alle Menschen die sich hier aufhalten. Bei allen Problemen, darf nichts den Grundsatz “homo sacra res homini” verletzen. Der Mensch ist dem Menschen heilig. Wer dies außer Acht lässt, verlässt die Stufe des vernunftbegabten Lebewesens und verhält sich animalisch.
Wer auch nur ansatzweise zu Vernunft in der Lage ist, sollte das erkennen. Natürlich wird es problematisch, wenn zu viele Menschen auf zu kleinem Raum leben und versorgt werden wollen. Genau dafür sind wir Menschen doch Menschen. Vernunftbegabte Wesen. Wir können die Umstände anpassen. Wir sind in der Lage Lösungen für Problemstellungen zu finden. Europa muss zusammenarbeiten um allen Flüchtlingen menschenwürdige Lebensumstände zu ermöglichen. Gerade in diesen Problemstellungen muss sich zeigen was es bringt ein Bündnis, eine Union zu sein. Ich halte allerdings eine Quotenregelung wie es teilweise gefordert wird für zu grob und vor allem menschenverachtend. Es geht nicht um irgendwelche Güter die verteilt werden müssen um Ihnen zu helfen. Vielmehr sollten Möglichkeiten zusammengelegt werden.
Man muss Unterbringungsmöglichkeiten Europas als Ganzes sehen. Unabhängig von Staatsgrenzen und Bevölkerung. Trotz des Zusammenschlusses Europas Staaten, wird immer noch zu einzelstaatlich gedacht. Dabei wäre gerade das Problem der Flüchtlingsversorgung eines, welches die Mitarbeit aller bedürfe. In den Ländern die an das Mittelmeer und damit Afrika grenzen, sowie denen die an Asien grenzen, sollten Erstaufnahmelager, bzw. Stationen eingerichtet werden.
In diesen müsste es Zugriff auf eine Datenbank geben in der alle vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten per Mausklick erfragt werden könnten. In unserer hoch technisierten Welt, dürfte so etwas kein Problem darstellen. Für die Entwicklung der Software müssten nicht mal teure Firmen beauftragt werden. Es fänden sich bestimmt ein paar ehrenamtliche Informatikstudenten oder man integriert das ganze in ein Projekt, eine Hochschulkooperation oder ähnliches. So könnten die Flüchtlinge dann gezielt auf Europa verteilt werden ohne verpflichtende Vorgaben. Welche Objekte für die Unterbringung infrage kommen, müsste von unabhängigen Gutachtern bestimmt werden, damit keine Staats-, Landes- oder Kommunalinteressen verletzt werden. Den Flüchtlingen muss es egal sein in welchem Land genau sie leben dürfen, wichtig ist primär, dass sie in Sicherheit sind.
Damit es Flüchtlingen in Ungarn aber nicht schlechter geht als in Deutschland oder Österreich ist es wichtig gleiche Bedingungen zu schaffen. Das geht meines Erachtens nur auf eine Art und Weise.
Wie könnte es funktionieren?
Die Erstaufnahmelager und auch alle weiteren Unterbringungen müssen unabhängig vom tatsächlichen Land europäisches Hoheitsgebiet werden auf dem ein einheitliches europäisches Recht gilt. Gleiche Rechte, Pflichten und Lebensbedingungen in jeder Unterkunft. Nur so kann sichergestellt werden, dass es keine gravierenden Unterschiede gibt. Das Gebiet auf dem eine Botschaft steht ist auch nationales Territorium des Landes, das seinen Botschafter dort einsetzt.
Finanziert würde das ganze über eine Art Sozialfonds der EU, der sich aus Spenden und minimalen Abgaben der Bevölkerung zusammensetzen könnte. Um alle gerecht zu beteiligen, sollte sich diese Abgabe prozentual am Einkommen orientieren. Wer hier Vorbehalte hegt, muss sich vor Augen führen, dass jeder integrierte Flüchtling zu einem wichtigen Mitglied der Gesellschaft entwickeln könnte, der selbst Steuern zahlt, einkaufen geht oder Restaurants besucht und so der Gesellschaft die ihn aufgenommen hat etwas zurück gibt. Viele der Flüchtlinge sind sehr gebildet und besitzen hohe schulische oder berufliche Abschlüsse.
Die Anerkennung muss in Europa schneller geregelt werden um gerade diese im Angesicht des existierenden Fachkräftemangels schnell zu integrieren. Realistisch betrachtet, werden die Konflikte wegen denen die Menschen fliehen, noch einige Jahre anhalten. Es ist relativ unwahrscheinlich, dass alle Flüchtlinge dann wieder zurück gehen in ihre Heimat. Wir müssen also alle dabei helfen, die die hier leben und sich wohl fühlen zu integrieren. Die die sich nicht wohlfühlen, werden ohnehin schnellstmöglich wieder gehen. Doch so lange in ihren Heimatländern gekämpft und gemordet wird, müssen wir alle miteinander auskommen und füreinander da sein.
Wir sind doch alle Menschen.
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