Rings um den Vorgang an der HTWK Leipzig, den vorzeitigen Abbruch seines Lehrvertrages an der Hochschule aus "politischen Gründen" und die Frage um Mike Nagler als Dozent gibt es bis heute vielfältige Debatten. Eine davon ist, wieso Michael Freitag Mike Nagler in einem Interview 2013 mit "Du" ansprach, eine weitere, der Umgang der L-IZ mit Kommentaren von Lesern auf der L-IZ und ein Vorwurf, welchen jedes Medium kennt. Und selten beantwortet. Den nach der Art und Weise des Umgang des Mediums selbst mit Kommentaren und Kritik. Und warum bestimmte Publikationen so und nicht anders veröffentlicht werden. Angemahnt hat die Diskussion der User "Michael Stefan" und Michael Freitag hat es mal versucht zu beantworten.
Da der Kommentar mehrere Fragen berührte, welche nichts mehr mit dem Thema selbst zu tun hatten, also eher genereller Natur waren, verabredeten wir mit “Michael Stefan” (User dürfen auf L-IZ.de alle anonym posten, deshalb die Gänsefüsschen), dass wir diesen Beitrag daraus machen. Natürlich mit der Möglichkeit versehen, bei Interesse auch anderer User, die Frage weiter zu debattieren.
Der Kommentar Michael Stefans unter dem Beitrag “Nach der Sitzung des HTWK-Hochschulrates zum “Fall Nagler”: Wenn der Druck steigt”“so kann man das jetzt aber auch nicht stehen lassen.
ich verweise auf den liz-artikel von michael freitag “ein geschlagener linker mit großen zweifeln: mike nagler versucht die cdu zu bezwingen” vom 23.9.2013. findet sich ja hier im archiv.
darin wird der mike vom michael ständig geduzt. nach einer besonders kumpelhaften frage steht im text “beide müssen lachen” und am ende sagt der michael zum mike “ich danke dir für dieses ausgesprochen freundliche gespräch…”
sorry, aber so eine ranschmeiße gehört eben gerade nicht zum “berufsbild im journalismus”. weil sie – wie man ja sehen kann – niemanden nützt. nicht herrn nagler, und der glaubwürdigkeit der liz erst recht nicht. und angesichts dessen jetzt zu behaupten, “herr nagler” als guten bekannten des autors zu bezeichnen, “bleibt schleierhaft und ist eine gewollte anspitzung, offenbar um die fakten zu diskreditieren”, macht eigentlich alles nur noch schlimmer.
die liz kann sich als propaganda-plattform verstehen, oder als ernsthaftes journalistisches medium. beides ist legitim. aber beides zusammen geht nun mal nicht. wenn das die autoren nicht verstehen – die leser begreifen den unterschied sehr wohl.
oder wie hanns joachim friedrichs einst urteilte: “einen guten journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer sache, auch nicht mit einer guten sache.”
die klare trennung von nachricht und meinung wäre dafür ein guter ansatz. bei liz-artikeln werden hingegen leider oft bereits im ersten absatz allzu parteiliche wertungen vorgenommen. und wenn leserkommentare diesen zu widersprechen wagen, werden diese viel zu oft in “anm. d. autors”
abgebügelt.
ein “kritisches medium”, welches kritik an sich selbst kaum erträgt, entwertet sich im grunde selbst. denn dann soll offenbar nicht informiert, sondern indoktriniert werden…
… was genau dem gegenteil einer freien presse entspräche. übrig blieben dann nur noch die verlautbarungen der redakteure. da kann ja wohl kaum das ziel sein.
Das kann man so ebenfalls nicht stehenlassen. Zuerst: Hajo Friedrichs ist tot. Lassen wir ihn endlich ruhen, wie die Unzahl anderer, die sich um den Journalismus weitaus verdienter gemacht haben. Mit seinem Satz hat er mehr verwirrt, als geholfen und er hat überdies mit dem “Du” nichts zu tun. Friedrichs hat versucht uns Journalisten damit in meinen Augen zu empathielosen Objekten zu degradieren und ich weigere mich, ein Stuhl oder Tisch zu sein. Überdies widerspricht alles, was hinter dieser Idee steckt, meinen Erfahrungen im Beruf. Es ist ein Idealbild, dem man nachstreben kann – aber zu denen, die dies besonders eifrig tun, komme ich gleich noch.
Ich sehe ein “Sie” als langjähriger Lokaljournalist mittlerweile eher als zusätzliche Abstandsbezeugung wilhelminischer Prägung. Wenn man das Gegenüber darüber hinaus eigentlich lange kennt und nun dem Zuschauer oder Leser versucht “Distanz” vorzuspielen, ist es auf einer anderen Ebene bedenklich. Ich sehe also ein förmliches “Sie” im Umgang durchaus als ein Zeichen deutscher Umgangsformen aus einer ausgesprochen steifen Epoche voller Klassenschranken und durchaus unikater Natur, schaut man sich den (größeren) englischsprachigen Medienraum an.
Wie man also von einer faktisch korrekten Darstellung in Artikeln (wie auch beim Beispiel HTWK) über ein “Du” in einem ebenfalls bewusst 1:1 wiedergegebenen Interview (übrigens öfter, als Sie glauben, suchen Sie einfach mal weiter ^^) zur Propaganda kommt, ist für meinen Geschmack ein gewagter Sprung.
Jedoch gern zur Verdeutlichung der Situation nach der Bundestagswahl 2013 in diesem Interview: Mike Nagler war persönlich sichtbar angeschlagen, enttäuscht und draußen grölten die Wahlgewinner wie Hooligans (hätte ich eigentlich noch dazuschreiben können, auf die Gefahr hin, wieder als Anti-CDU eingestellt zu gelten). Deshalb auch der Dank an ihn am Ende – Respekt für seinen Sportsgeist hätte ich auch schreiben können. Das Transportieren von Emotionen aus solchen Situationen heraus gehört durchaus auch zum Business und Seitenanmerkungen (lachen, auch gemeinsames). Hat man keine Video- oder Audioform zur Hand, dienen solche Mittel durchaus der Verdeutlichung.
Das bedeutet dennoch nicht, dass man als Journalist deshalb eine Lüge durchgehen ließe, im besten Falle versucht es das Gegenüber auch gar nicht erst.
Fazit: Ein Du bedeutet nicht, sich die Meinung des anderen zu Eigen zu machen (ansonsten wären wir eine ganz schön homogene Gesellschaft). Ein Du bedeutet also eben noch lange nicht, dass man zusammen Partys macht oder Urlaub oder sonst wie verbandelt ist. Dies bleiben Unterstellungen. Wenn sich also Menschen noch nach Jahren des Kontaktes mit anderen Menschen siezen wollen, können sie das gern tun. In sozialen Netzwerken gilt hingegen ein Sie längst als bewusste Abstandshaltung – die Zeiten ändern sich also und die “Fallhöhe” auch zwischen Journalisten und Lesern verschiebt sich. Zum Glück wie ich finde, es ist eher der Versuch, sich durch mehr Augenhöhe gegenseitig auch ernster zu nehmen.
Zu den allgemeinen Anmerkungen, die mit dem konkreten Fall nichts mehr zu tun haben und sich auf die gesamte L-IZ beziehen.
Vielleicht exemplarisch etwas zur Wortwahl im Beitrag/Kommentar.”Indoktrinieren”, “abbügeln” und “Propaganda” – drei Worte die für mich vor allem eines zeigen: hoheitliches Denken, das Gefühl von Unterlegenheit seitens der (des) Leser(s) dabei und einen kapitalen Irrtum bei der Frage der Glaubwürdigkeit.
Beispiel: Die Indoktrinierung in der “Aktuellen Kamera” geschah unter der bewussten Wahrung von all den “Sie’s” und den höchsten Formen scheinbarer Unabhängigkeit. Und waren doch nur Verkündungen einer Parteimeinung: So funktioniert Propaganda (nicht nur) deutscher Prägung. Glaubwürdigkeit wird also oft simuliert, gern von “Sprechpuppen”, die beim Zuschauer nur beliebt genug sein müssen, dann kann man auch ziemlichen Quark verbreiten. Seien Sie also eher vorsichtig gerade bei denen, die sich vor lauter Korrektheit förmlich überschlagen.
Formulieren wir übrigens reine Kommentare, steht es auch darüber. Falls Sie Beispiele wünschen, erbringe ich gern welche zu Themen wie Demonstrationsfreiheit für Nazis und weitere Themen.
Zum Umgang mit Leserkommentaren und Kritik an uns selbst auf der L-IZ
Das verwendete Wort “abbügeln” suggeriert, Leser würden auf der L-IZ unter einem Artikel bei einer Anmerkung der Redaktion im Kommentarbereich auf einmal “waffenlos” in der Gegend herumstehen. Nein – sie haben glücklicherweise heutzutage viele Möglichkeiten, sich weiter zu informieren und auf den Hinweis der Redaktion zu reagieren. Quellen gibt es genug, auf der L-IZ, im Netz, im direkten Umfeld. Alle können also nach Gegenargumenten suchen, wenn ihnen der diskutierte Gegenstand wirklich wichtig ist. Und schon kann aus einem vielleicht unüberlegten Spruch, eine leichtfertig hingeworfene Anschuldigung oder einer substanzlosen Attacke ein Dialog werden.
Nur bemühen muss sich jeder schon selbst, es sei denn ein Leser ist reiner “Konsument” ohne Interesse an Erkenntnis, an unserer Stadt oder unserer Gesellschaft. Für das Ablassen von Sprüchen, die den Umweg durch den Kopf zu weit fanden, gibt es überall im Netz Möglichkeiten. Facebook, Google, Twitter usw.. Jeder hat das Recht darauf, seine Theorien überall zu verbreiten – wenn er dies gern ohne Gegenfragen anderer Leser oder einer dialogbereiten Redaktion tun möchte, sollte er den Kommentarbereich der L-IZ wahrscheinlich meiden.
Die unterstellte massive Menge der “Anm. d. Red.” entspricht übrigens nicht der Realität. Zirka 11.000 Kommentaren auf der L-IZ stehen etwa 500 “Interventionen” in den vergangenen 2 Jahren entgegen. Dies entspricht aufgerundet 4,6 Prozent. Oft sind es Hinweise, Nachfragen oder Bitten um einen konstruktiven Umgang miteinander.
Die explizit kritischen Hinweise unsererseits steigen dabei meist da an, wo sich persönliche Fehden entspinnen, sich konkrete Fragen an die L-IZ richten (ich finde es zum Beispiel unhöflich, nicht zu antworten, wenn man etwas gefragt wird), bei Beiträgen, welche mit der Sache nichts zu tun haben oder sich Kommentare immer gleicher Bauart (aktuell gern durch Rechtsradikale mit immer gleichen Verlinkungen, “Argumenten” oder Angriffen genutzt) abspulen, welche klar propagandistischen oder gar hetzerischen und menschenfeindlichen Charakter haben.
Der aktive Umgang der L-IZ mit Leserbeiträgen im Kommentarfeld zeigt aus meiner Sicht mehr Respekt vor dem Anderen, als das Durchlaufenlassen von allem möglichen und die gleichzeitige, rigide Löschung “abweichender” Meinungen. Eben dies ist bei anderen Zeitungen zu beobachten – bis hin zur Vorabzensur (siehe SPON etc.), weshalb (unbekannte) kritische Beiträge gar nicht mehr dargestellt werden. Wollen wir das? Nun, es bleibt wohl Geschmackssache, je nachdem, wie autoritär man es mag.
Die von uns gewählte Variante ist anstrengender (für alle), aber auch aus unserer Sicht richtiger, weil verbindlicher, klarer und vielleicht hier und da förderlicher für beide “Seiten” (der gleichen Medaille) – also Zeitung und Leser.
Unsererseits dabei an uns gerichtete Kritik zu beantworten, bedeutet nie, sie nicht zu ertragen, sondern sich mit ihr zu befassen. Dabei können immer auch wir in einer eingegangenen Diskussion “untergehen” – ein Risiko, welches jedoch besser ist, als glattes Schweigen und damit implizierte Überlegenheit (á la “Was kratzt es eine deutsche Eiche, wenn sich ein Schwein an ihr reibt”). Übrigens eine Art des Umgangs, welcher immer noch bei vielen Medien überwiegt, wenn sie direkt kritisiert werden.
Hoffentlich immer haben wir dabei über die an uns gerichtete Kritik nachgedacht und uns Zeit genommen – wie Sie hoffentlich an dieser Antwort erkennen können. Damit stellen wir auch unsere eigene Haltung dar und Dritten zur Verfügung, Bewertung etc..
Dabei ist es ganz gleich, ob man zum Beispiel hier konkret anschließend Ihren oder meinen Ausführungen zustimmen kann – es ist ein Prozess, eine Diskussion, bei dem/der es keine Sieger sondern vielleicht am Ende eins, zwei Verständigungen mehr gibt. Die Zeit, die ich mir für solche Antworten wie diese nehme, ist und bleibt dabei immer auch Ausdruck von Respekt gegenüber einer Lesermeinung.
Zur Trennung von Kommentar und Artikel auf der L-IZ
Eine durchscheinende Meinung in einem Artikel heutiger Prägung und mit den neuen Netzgegebenheiten, wie Verfügbarkeit von konträren Informationen, die Menge an Material und die Vielstimmigkeit der Haltungen soll auch zum Disput, zur Kontroverse und durchaus zum Widerspruch anregen. Da wir diesen Anregungen in den Artikeln selbstredend Fakten anbei stellen, die im lokal/regionalen Raum leichter prüfbar sind, als die Frage, ob der Reissack in China wirklich umgefallen ist, geht es immer um diese. Und diese Fakten können, sollen und werden durch die Leser bezweifelt, hinterfragt, teils nachgeprüft oder mit gegenteiligen Fakten widerlegt.
Allzu oft stellen sich jedoch die Informationen der L-IZ (und ihre früh beschriebenen Auswirkungen) in den zurückliegenden 10 Jahren als zutreffend heraus. Dies darf man in einem Jubiläumsjahr auch mal etwas erfreut schreiben. Oft haben wir Vorgänge früher beschrieben als an anderen Stellen und ab dann immer wieder hinterfragt – weshalb wir uns die “Dresche” natürlich oft ebenfalls zuerst abholen. Wenn es dann “Mainstream” ist, können andere Kollegen gern das dann Bekannte und scheinbar allgemein Gültige immer und immer wiedergeben (Bestandteil von Propaganda oder mindestens nicht selbst gedachter Journalismus). Wir sind dann bereits wieder auf der Suche …
Wenn die Informationen nicht stimmen, bricht uns nie ein Zacken aus der angeblichen Krone, wenn wir Fehler zugeben und vor allem im Sinne der Wahrheit richtigstellen müssen. Eben weil wir (wie auch in dieser Antwort) vor allem dieser verpflichtet sind.
Dass es in 10 Jahren und mittlerweile sicher 40.000 höchst eigenen Publikationen dabei genau 2 Fälle bis heute gab, wo eine formale Richtigstellung notwendig wurde, möchte ich aufgrund Ihrer Frage “Propaganda” oder “Information” nicht unerwähnt lassen.
Dieses gesamte Vorgehen erspart allen Seiten zudem “Heldenverehrung”, wie für Journalisten früherer Generationen, die sich oft sehr wohl fühlten auf den hohen Stühlen ihrer Meinungshoheit. Diese Zeiten sind ein für alle mal vorbei. Also versuchen Sie, lieber Michael Stefan, uns bitte nicht wieder auf eben diese Stühle zu setzen, indem Sie eine “Anm. d. Red. als ein “abbügeln” von höherer Stelle vermuten. Ich danke bereits jetzt dafür, nicht nur Ihnen.
Persönlicher Nachtrag: Dass ich zum Beispiel persönlich Ihre Art, alles klein zu schreiben, für respektlos halte, überrascht Sie vielleicht, ist aber so. Sie suggerieren damit auf der Metaebene eine angebliche intellektuelle Überlegenheit durch Wichtigkeit (knappe Zeit), die es erübrigt, sich einer korrekten Schriftsprache im Interesse der Lesbarkeit und des Verständnisses Ihres Gegenübers zu bedienen. Dass wäre mir persönlich vollkommen gleich, wenn Sie nicht von anderen in der geschehenen Form Korrektheit einfordern würden. Ich kann mich dabei jedoch selbstredend auch irren! Sie sehen, die Menschen sind verschieden und Kritik wie auch Journalismus wird wohl immer subjektiv bleiben. Und das war noch nie anders.
Dennoch bin ich Ihnen selbstredend dankbar, dass ich mir über Ihre Fragen nochmals Gedanken machen konnte. Die hier niedergeschriebenen sind also erneut eine Prozessbeschreibung. Ob und wann uns wer liest, bleibt trotz allem beim jeweiligen User. Auf weitere Anregungen bin ich gespannt.
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