Von Burkhard Hirzinger: Nach dem schlimmen Unfall am letzten Montag, den 16. September in Schleußig, bei dem eine Radfahrerin von einem LKW getötet wurde, zuerst mein Beileid ihren Angehörigen. An die Verantwortlichen im VTA: Widerstehen Sie bitte der reflexartigen Versuchung, in Höhe der Unfallstelle mit dem Verkehrszeichen 240 einen gemeinsamen Fuß- und Radweg anzuordnen.
Vielmehr ist es jetzt Ihre Pflicht, dort das Zeichen 138 “Radfahrer kreuzen” anzubringen, mit dem Zusatztext “Radfahrer dürfen in der Fahrbahnmitte fahren” in Verbindung mit dem Zeichen 274 “Zulässige Höchstgeschwindigkeit” 30 km/h. Es stellt sich auch die Frage, was ein Container-LKW überhaupt in der Könneritzstraße zu suchen hat. Eine Beschränkung auf Fahrzeuge bis 16 t wäre angebracht.
Die Dame ist auch deshalb überfahren worden, weil Radfahrer auf der Fahrbahn zum Teil noch immer nicht erwartet werden, und das muss sich ändern. Radfahrer punktuell von der Straße wegzuregulieren, macht die allgemeine Gefahrensituation nur schlimmer.
Ich fahre jedenfalls an der betreffenden Stelle mit dem Rad in der Fahrbahnmitte, weil die Fahrbahn so schmal ist, dass selbst PKWs einen nicht gefahrlos überholen können, und auch in der Gegenrichtung auf der Straße trotz angeordnetem Radweg, auch weil ich nach der Linkskurve in südliche Richtung ohnehin auf dem Straßenbahngleis fahren muss. Das plötzliche Verlassen des Hochbord-Radwegs nach links, wenn man nicht über die Klingerbrücke fahren will, stellt nur eine unnötige Gefahrensituation dar.
Zum sicheren Radfahren in der Stadt ist Aufklärung sowohl von Radfahrern als vor allem auch von Autofahrern notwendig, durch öffentlichkeitswirksame Aktionen und ggf. durch konkrete Beschilderung seitens der Stadt Leipzig. Oft bin ich schon selbst als Radfahrer von Autofahrern aufs übelste angehupt und bepöbelt worden, ich solle doch den Radweg benutzen, an Stellen wo kein oder nur ein optionaler Radweg ausgewiesen ist; besonders pervers ist die Situation in der Lindenthaler Hauptstraße, wie ich vor 14 Tagen erleben durfte; dazu demnächst mehr.
Auch ist die Radfahrausbildung in der Grundschule nicht ausreichend und vor allem zu früh, weil die Kinder dort in einem geschützten Parcours fahren, ohne die geringste Ahnung von den wirklichen Gefahren des Straßenverkehrs zu erlangen. Sie lernen dort, den Radweg zu benutzen, einen Helm zu tragen (natürlich nicht unbedingt schlecht), dass ein Rad Klingel, Licht und ca. 12 Reflektoren haben muss.
Zeigt ihnen der freundliche Polizeibeamte auch, wie man Straßenbahnschienen überquert, dass 50 mm breite (also keine 28 Zoll-)Reifen hierbei wichtiger sind als eine Federgabel und gibt zu, dass eine zugelassene UND zuverlässige Lichtanlage nicht unter 100 Euro zu haben ist? Wer entwöhnt insbesondere Mädchen vom Rücktritt und zeigt ihnen, dass man nur dann sicher bremsen kann, wenn man mit 2 Handbremshebeln umzugehen weiß? Wann bekommen Schüler im richtigen Alter gesagt, dass es für die Sicherheit unabdingbar ist, ohne Kopfhörer Rad zu fahren. Warum wird ihnen nicht gezeigt, dass man einen konstanten Kurs auf der Straße fahren soll anstatt in kurze Parklücken einzuschwenken, dass man von parkenden PKWs wegen unvermittelt geöffneter Türen großzügigen Abstand zu halten hat und generell strenges Rechtsfahren nicht immer die beste Wahl ist, schon wegen der maroden Straßenabläufe nicht, dass man auf schmalen Straßen im Zweifelsfall die nachfolgenden Autofahrer blockieren muss, um nicht gefährlich überholt zu werden, siehe den aktuellen Unfall.
Und schließlich sollte jeder jugendliche Radfahrer sich im Schlaf bewusst sein, dass einen an der Kreuzung haltenden LKW rechts zu überholen einem Selbstmordversuch gleichkommt. Warum legt man älteren Schülern nicht Berichte von Radfahrunfällen vor und lässt sie in einem Workshop die möglichen Unfallursachen erarbeiten?
Dann würden sie nämlich sehen, dass sich die meisten schweren Fahrradunfälle entgegen dem aktuellen Fall auf Radwegen und nicht auf der Straße ereignen. Der Fall Dana Laird aus den USA, den ich schon oft zitiert habe, würde z.B. in die 9. Klasse Englisch passen. 8-9-Jährige wären mit den genannten Themen noch klar überfordert, aber mit 14-Jährigen ist so etwas machbar – es geschieht jedoch nicht.
Die meisten älteren Menschen haben die o.g. Regeln auch nicht verinnerlicht, schon gar nicht die, die nicht auch Auto fahren. Radfahrschulungen tun deshalb nicht nur für Jugendliche und junge Erwachsene, sondern auch für viele Rentner not.
Zurück zur Bausituation an der Unfallstelle: In der Könneritzstraße nach Nordosten zum Klingerweg hin ist die Autofahrbahn durch einen Bordstein von den LVB-Gleisen getrennt, vordergründig, um die Straßenbahn zu beschleunigen, in Wirklichkeit eher, um Förderbedingungen von Bund oder EU zu genügen. Damit ist den Autofahrern eine Möglichkeit zum Ausweichen genommen und es werden Menschenopfer in Kauf genommen. Solch unsinnige Konstruktionen sind auch schon lange in der Delitzscher Straße (ganz extrem südwärts unterhalb des Eutritzscher Markts) und in der Riebeckstraße zu finden.
Das VTA ist einmal mehr moralisch verpflichtet, wegen der Gesundheit der Leipziger Bürger, 1. gegen die bestehenden Förderbedingungen zu klagen und 2. an besonders gefährlichen Stellen die Borde zurückzubauen und sich um Finanzierungsmöglichkeiten zur Fördermittel-Rückzahlung zu bemühen. Das sind Sie auch den bereits bestatteten Opfern von früheren (immerhin teilweise korrigierten) Fehlplanungen schuldig.
Noch schlimmere Bausünden sind die geradeausführenden Radfahrspuren rechts von rechtsabbiegenden Autospuren. Bezüglich der Abzweigung Prager Straße stadteinwärts Ecke Gerichtsweg unmittelbar vor dem früheren Amtssitz (Ampelregelung bis vor ca. 10 Jahren) klebt dem VTA wirklich Blut an den Händen. Gleich danach kommt die noch nicht entschärfte Situation am Westplatz, wenn Sie aus der Käthe Kollwitz-Straße kommend die Friedrich Ebert-Straße Richtung Osten überqueren. Die gleiche Situation auf der Kurt-Eisner-Straße (Neubaustrecke) westwärts über die Arthur-Hoffmann-Straße. Dafür können Sie eigentlich schon auf dem Südfriedhof die nächsten zwei Gräber ausheben lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Hirzinger
P.S.: Ich fahre gelegentlich auch Auto und habe seit 1984 den Führerschein.
Könneritzstraße: Radfahrerin tödlich verletzt
Nach bisherigen Erkenntnissen befuhr ein unbekannter Lkw-Sattelzug (Containeraufbau Aufschrift “Cosco”) am 16.09.2013 um 08:18 Uhr die Könneritzstraße in Richtung Klingerweg. Nach dem Passieren einer Rechtskurve überholte der Lkw die 61-jährige Radfahrerin, welche seitlich in gleicher Richtung fuhr. Durch einen zu geringen seitlichen Abstand erfasste der Lkw die Radfahrerin und sie stürzte. Sie wurde vom Lkw überrollt und verstarb noch an der Unfallstelle aufgrund der Verletzungen. Der Lkw-Fahrer entfernte sich pflichtwidrig von der Unfallstelle.
Der Unfallort wurde abgesperrt. Die Ermittlungen zum unbekannten Lkw laufen auf Hochtouren. Im Zusammenhang mit diesem Unfall werden Zeugen gesucht, die Hinweise zum Lkw geben können. Diese wenden sich bitte an die VPI Leipzig, Schongauerstraße 13, 04328 Leipzig, Tel. (0341) 255-2847.
Nachmeldung der Polizei am 23. September: Die Verkehrspolizeiinspektion der PD Leipzig konnte zu dem Unfall vom 16.09.2013, bei dem eine Radfahrerin in Leipzig-Schleußig tödlich verletzt wurde, inzwischen einen LKW und dessen Fahrer ermitteln, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an dem Unfall beteiligt waren. Die Ermittlungen zum genauen Unfallhergang dauern noch an, dazu wurden insbesondere an dem ermittelten LKW Spuren gesichert. Der Ermittlungserfolg beruht wesentlich auf Zeugenaussagen und der Kooperationsbereitschaft der Leipziger Speditionen, für die sich die Verkehrspolizeiinspektion ausdrücklich bedankt.
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