Uwe Kaettniß (Parteirat B90/Die Grünen Sachsen): An dieser Stelle muss ich leider ein paar korrigierende und ergänzende Bemerkungen machen: Zum Ersten zu den Begriffen "Neuverschuldungsverbot" und "Schuldenbremse". Anders als von Euch (L-IZ) dargestellt, wollte die CDU/FDP Koalition keine Schuldenbremse wie jetzt vereinbart, sondern ein absolutes Verbot der Kreditaufnahme durch die Staatsregierung. Dies hätte alle zukünftigen Landesregierungen in ihrer Handlungsfähigkeit - auch in Not- und Krisensituationen - faktisch von allen finanzpolitischen Handlungsmöglichkeiten abgeschnitten.
Die atmende “Schuldenbremse” nach Schweizer Modell ist der von den Grünen und Hermenau eingebrachte und durchgesetzte Inhalt dieser Verhandlungen und deshalb gerade nicht CDU Position gewesen. Die Krux an der jetzt gefundenen Kompromisslösung ist jedoch, dass die “Schuldenbremse” nur als Möglichkeit finanzpolitischen Handels in Not- und Krisensituationen in die Verfassung gelangen soll, nicht etwa als Handlungsbefehl.
So bliebe es jedweder Regierung nach eigenem Gusto vorbehalten, auch in Konjunkturkrisen statt der Kreditaufnahme die Sparkeule zu benützen. Insofern ist das natürlich ein Verhandlungssieg der Koalition (“Wir werden der Opposition bei den Formulierungen entgegen kommen müssen.” Stefan Flath – CDU – in der Freien Presse).
Den besten Aufschlag hat in dieser Runde noch die SPD hinbekommen, die durchsetzte, dass den Kommunen des Freistaates die Mehrausgaben ersetzt werden, wenn diese zusätzliche Aufgaben vom Land übertragen bekommen. Der soziale Ausgleich nach Muster der Linken ist nichts als butterweiche Absichtserklärung, von dem sich keiner etwas kaufen kann. Im Gegensatz dazu erhält die Beamtenversorgung des Freistaates Verfassungsrang. Da erübrigt sich jede weitere Ausführung.
Letztlich haben alle Fraktionsvorsitzenden dem faulen Zauber zugestimmt, weil sie einem äußerst geschickten Schachzug der CDU auf den Leim gegangen waren. Sie glaubten über die Verfassung zu verhandeln; dabei verhandelten sie letztlich nur dagegen, nicht von der CDU/FDP als fröhliche Schuldenmacher diffamiert und vorgeführt werden zu können. Die Einladung der Regierungskoalition zu diesen Gesprächen war nichts als der Versuch die Opposition auf eine CDU-Linie zu bringen, von der diese nicht ohne schwere Beschädigung und Gesichtsverlust ausschwenken kann. Das ist gelungen. Chapeau! Herr Flath.
Eine Hoffnung bleibt: bei allen Parteien steht die Vereinbarung (die ja nicht mit den Parteien, sondern mit den Fraktionen getroffen wurde) unter dem Zustimmungsvorbehalt der Gremien, bei der SPD sogar von einem Mitgliederentscheid. Die Änderung der Verfassung ist also noch keineswegs ausgemacht.
Zum Artikel vom 3. Februar 2013 auf L-IZ.de
Schuldenbremse in der Sächsischen Verfassung: Fünf Fraktionen einigen sich auf Änderungspaket
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