Von Tilmann Kleye: I'm no good at politics. Ich bin politisch ungebildet und auch wenn ich manchmal meine Meinung raussafte, ist sie vollkommen wertlos. Nach einem halben Jahr Arbeit in der Albertina oder in der DNB sieht das anders aus. Was ist rechts? Was ist links?
Ist Frau Merkel rechts, weil wir (also eigentlich die armen 20jährigen mit Geldproblemen) Krieg gegen die Mächtigen in Afghanistan führen, damit’s im Winter nicht kalt ist und man keine Joghurtbecher aus Holz benutzen muss?Ist man links, wenn man in Schleußig ein riesiges Verständnis für alles und jeden hat, aber seine Kinder nie auf eine staatliche Schule schicken würde und beim Dönermann dann doch genauer aufs Wechselgeld guckt als anderswo. Ich verlange einen wissenschaftlichen Aufsatz über das aktuelle Links/Rechts-Gedönst etc.
Links/Rechts sind nichts als schwammige Kampfbegriffe, die 2012 erst einmal klar definiert werden müssen. Übrigens mag ich Fußball nicht sonderlich – Gewalt noch weniger. Ihr l-iz’er könnt mir auch ein paar wenige 100 Seiten Literaturempfehlungen geben, die jedoch versuchen, objektiv zu bleiben und nicht von allzu viel realitätsfernem Idealismus strotzen – im Sinne von, was Schorsch Kamerun von den Zitronen vom BRD-Bürger verlangt, das kriegt der selber auch bloß keine 30 Minuten hin.
Und nochmals: ich bin unpolitisch und ahnungslos und auch nicht daran interessiert, irgendwann irgendwelchen Einfluss auf irgendwas zu nehmen. Und der Text steht hier, weil er halt mal irgendwo stehen muss, wo rechte Gewalttäter jemanden vertrimmen. Ich bezweifle, dass die Schläger jetzt das politische Geschehen anhand der FAZ, der SZ, der Le Monde, der Times und der New York Post täglich genau im Auge haben.
Viel eher denke ich, dass manche einfach Freude an Gewalt haben. Deswegen sollte man jedes Jahr im Geschichtsunterricht an allen Schulen, auch an den Privatschulen, die Berge an ausgemergelten Leichen in Auschwitz, Sachsenhausen, Buchenwald und weitere vorführen. Den Leuten sagen, dass sie Hierarchien begrüßen und sie mögen, weil Politik nur hierarchisch Sinn macht (am Rande: und das in allen Parteien, jetzt auch bei den Piraten.)
Die Leute sollen auf sich selber, ihre Eltern, ihre Taten und ihre Leistungen stolz sein, anstatt auf einen Benz, den sie sich vielleicht nie leisten können oder auf die Alpen, wo Hotels sehr teuer sind und gejodelt wird – oder auf die Arbeitslosigkeit, die statistisch vertuscht wird.
Vielleicht sollte man Herrn Friedmann oder Herrn Broder auch in Schulklassen schicken – auch wenn ich es ihnen gönne, dass sie den Schmerz im Fernsehen ausdrücken können, den sie haben, weil Deutsche ihre halbe oder gesamte Familie ermordet haben. Vielleicht brauchen gerade junge Nazis Leute, die denen mal auf die Schulter klopfen und sagen: “Toll, gutes Abitur!” oder “So schnell hat noch keiner eine Mauer hochgezogen.”
Und vielleicht sollte man dort auch ein Fenster für die Nazis lassen, um mal zu schauen, weshalb die einfach nur hassen wollen. Hass hat oft viel mit Traurigkeit zu tun. Und bevor dann Gitter vor den Fenstern sind, weil die Jungs einfach mal zu hassend zugetreten haben, sollte man mal schauen, weshalb die so hassen. Denn die Linken hassen ja auch eine Menge, vielleicht weil die Welt so traurig ist. Ich danke der Academy.
Zum Artikel vom 10. September 2012 auf L-IZ.de
Verfassungsschutz Sachsen zu Scenario Lok: “Eine rechtsextremistische Fußballfangruppierung”
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