Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat ihre Ermittlungen zu den Ereignissen in einem Leipziger Hotel am Abend des 04.10.2021 und der nachfolgenden Veröffentlichung eines Videos durch den 39-jährigen Musiker und Schauspieler Gil Ofarim mit dessen Schilderung der angeblichen Ereignisse und antisemitischen Äußerungen eines Hotelmitarbeiters auf einer Internetplattform am 05.10.2021 und den dazu vorliegenden wechselseitigen Strafanzeigen und Strafanträgen des Hotelmitarbeiters und des Gil Ofarim abgeschlossen.
Das Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Beleidigung, der versuchten Nötigung, der Volkverhetzung und der falschen Verdächtigung gegen einen Hotelmitarbeiter wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben haben.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat demgegenüber gegen den Angeschuldigten Gil Ofarim wegen des Tatvorwurfs der falschen Verdächtigung in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Verleumdung, Anklage zum Landgericht Leipzig erhoben.
Die Behauptung von Gil Ofarim, dass es am Abend des 04.10.2021 in der Lobby eines Leipziger Hotels ihm gegenüber zu antisemitischen oder sonst herabsetzenden Äußerungen durch einen unbekannt gebliebenen Hotelgast und einen von ihm als „Herrn W.“ bezeichneten und damit eindeutig identifizierbaren Mitarbeiter des Hotels gekommen sei und dass es ihm letztlich aufgrund seines durch das Tragen einer Kette mit einem Davidstern auch nach außen bekundeten jüdischen Glaubens durch diesen Mitarbeiter des Hotels versagt worden sei, im Hotel zu übernachten, konnte nach Auffassung der Staatsanwaltschaft im Ergebnis der Ermittlungen nicht bestätigt werden.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat zu dem durch Gil Ofarim am Abend des 04.10.2021 aufgenommenen und am 05.10.2021 in einem sozialen Netzwerk veröffentlichten Video und dem in diesem Video durch ihn selbst geschilderten angeblichen Geschehen umfangreiche Ermittlungen durchgeführt. Es wurden zahlreiche Zeugen vernommen und ein digitalforensischer Sachverständiger mit der Sichtung und Begutachtung der sichergestellten Videoaufnahmen mehrerer Überwachungskameras im Hotelbereich beauftragt.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in der Gesamtschau der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Gil Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet. Die Staatsanwaltschaft konnte im Ergebnis der Ermittlungen keine Feststellungen treffen, welche die Schilderung des Gil Ofarim zum Geschehensablauf bestätigen.
Da somit kein hinreichender Tatverdacht für ein strafrechtlich relevantes Verhalten des beschuldigten Hotelmitarbeiters besteht, ist das Ermittlungsverfahren gegen diesen durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden.
Im Ergebnis der Ermittlungen besteht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft demgegenüber ein hinreichender Tatverdacht dafür, dass Gil Ofarim mit dem Wissen um die Unwahrheit seiner Aussagen und in Kenntnis der sich daraus für den betroffenen Hotelmitarbeiter ergebenden ehrverletzenden und in der öffentlichen Meinung herabwürdigenden Folgen und der diesen Aussagen folgenden polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den betroffenen Hotelmitarbeiter am Abend des 04.10.2021 ein Video aufgezeichnet und am Morgen des 05.10.2021 auf einer audiovisuellen Plattform eines sozialen Netzwerks im Internet hochgeladen und damit veröffentlicht hat.
Ein zunächst von ihm beabsichtigter Live-Stream konnte am Abend des 04.10.2021 nicht gesendet werden, da das von ihm gewählte soziale Netzwerk zu diesem Zeitpunkt ausgefallen war und nicht genutzt werden konnte. Dies begründet den Tatvorwurf der Verleumdung und der falschen Verdächtigung. Durch den betroffenen Mitarbeiter des Hotels war am 05.10.2021 Strafanzeige gegen den Angeschuldigten erstattet und Strafantrag wegen des Tatvorwurfs der Verleumdung gestellt worden.
Die Staatsanwaltschaft legt Gil Ofarim weiterhin zur Last, im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 12.10.2021 seine Behauptungen zum angeblichen Geschehensablauf am Abend des 04.10.2021 in Kenntnis ihrer Unwahrheit nicht nur wiederholt und nunmehr ausdrücklich angezeigt, sondern zudem den Hotelmitarbeiter wegen dessen Strafanzeige vom 05.10.2021 gegen ihn wegen Verleumdung nunmehr wider besseres Wissen auch wegen des Tatvorwurfs der falschen Verdächtigung angezeigt und sich damit selbst einer falschen Verdächtigung strafbar gemacht zu haben.
Einzelheiten zu den Ergebnissen der Beweiserhebung sowie zu dem mutmaßlichen Geschehensablauf können nicht mitgeteilt werden, da dies eine unzulässige Vorwegnahme der Beweisaufnahme wäre, welche der Hauptverhandlung vor Gericht vorbehalten bleibt.
Im Hinblick auf die durch den Angeschuldigten Gil Ofarim bewirkte große und überregionale öffentliche Wahrnehmung seines vielfach aufgerufenen Videos, die im Anschluss daran entstandene öffentliche Diskussion, sowie das nach wie vor bestehende große Interesse der Medien und der Öffentlichkeit an der Sache hat die Staatsanwaltschaft aufgrund der besonderen Bedeutung des Falles die Anklage nicht zum Amtsgericht, sondern zum Landgericht Leipzig erhoben.
Das Landgericht Leipzig wird nunmehr über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden haben.
Anfragen zum weiteren Fortgang des Strafverfahrens werden an die Pressestelle des Landgerichts erbeten.
In Anbetracht der bisherigen öffentlichen Diskussion und Berichterstattung zu diesem Fall wird ausdrücklich auf die presserechtlichen Grundsätze der Verdachtsberichterstattung hingewiesen.
Zu den angewendeten Vorschriften (Auszug)
§ 164 Abs. 1 Strafgesetzbuch (Falsche Verdächtigung)
Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 187 Strafgesetzbuch (Verleumdung)
Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (Zuständigkeit des Amtsgerichts)
In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.
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