Am frühen Samstagvormittag brachen mehrere hundert Menschen, überwiegend mit S-Bahnen, in Richtung des südlich von Leipzig gelegenen Tagebaugebiets auf. Nach dem Ausstieg am Bahnhof Neukieritzsch kleidete sich die Mehrzahl der Personen in helle Schutz-/Maleranzüge, legte teilweise aber auch Vermummungsutensilien an. Ein Kommunizieren war erschwert, weil die Protestteilnehmer ausschließlich Englisch sprachen. Gleichwohl das Gespräch suchende Polizeikräfte wurden weitgehend ignoriert. Unvermittelt und ohne Gesprächsangebote der Versammlungsbehörde zu nutzen, setzte sich die Menge innerhalb der per Allgemeinverfügung mit Beschränkungen des Versammlungsrechts belegten Zone in Bewegung.
Dabei kam es vereinzelt leider auch zu Schlägen sowie Tritten gegen Polizeibeamte, um den Weg in Richtung Tagebau zu „erstreiten“. Die Beamten reagierten besonnen, suchten fortlaufend den Kontakt und stellten auch sonst – trotz Allgemeinverfügung des Landkreises Leipzig und trotz erkennbarer Ziele der Protestteilnehmer – die Deeskalation in den Mittelpunkt. Weil die Menschenmenge mit den in diesem Moment vor Ort befindlichen Polizeibeamten und mit verhältnismäßigen Mitteln nicht zu stoppen war, gelangte sie zum Rand des Tagebaus, überwand die Umzäunung und kletterte die Abbruchkanten hinab. Die Protestteilnehmer ließen sich auch durch explizite Hinweise auf die einhergehende Lebensgefahr – die Abbruchkanten sind instabil und es drohen jederzeit abrutschende Erdmassen – nicht von ihrem Tun abbringen. Aus Gründen der Eigensicherung folgten Polizeibeamte nicht.
Am Grund des Tagebaus zogen die Protestteilnehmer anschließend zu einem der Bagger, die jedoch bereits vorab gegen eine Besetzung gesichert wurden, und ließen sich dort nieder. Um die Gefahren für Leib und Leben zumindest zu minimieren, schaltet der Tagebaubetreiber umgehend den Strom ab und stoppte alle Maschinen. In der Folge stagnierte die Situation für einige Zeit, wobei auch keine sonderliche Eile geboten war. Eine im Hintergrund getroffene Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Leipzig hatte unterdessen zum Ergebnis, im Verhalten der Protestteilnehmer unweigerlich eine strafrechtliche Relevanz (Verstoß Versammlungsrecht, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Störung öffentlicher Betriebe) erkennen und dieser gemäß Legalitätsprinzip begegnen zu müssen. Folglich begannen ersten Identitätsfeststellungen, zu deren Durchführung teils auch unmittelbarer Zwang (Abdrängen sonstiger Personen) angewandt werden musste.
Mit einbrechender Dunkelheit traten im Hinblick auf den Ort der Festsetzung, die Größe der Personengruppe die damit für eine umfassende Identitätsfeststellung beanspruchte Zeit sowie die herbstlich-winterlichen Temperaturen jedoch Aspekte der Gefahrenabwehr in den Vordergrund. Daher wurde den übrigen Protestteilnehmern in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Leipzig die Möglichkeit eingeräumt, das Tagebaugelände noch bei Tageslicht geschlossen und unter Begleitung auf einem regulären Zufahrtsweg zu verlassen. Für den Weg zum Bahnhof in Neukieritzsch musste kurzzeitig die B 176 gesperrt werden. Bis zum frühen Abend wurden auch alle Personen entlassen, welche zwischenzeitlich Maßnahmen der Identitätsfeststellung zugeführt worden waren.
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