Der Krankenstand in Deutschland sinkt zwar leicht. Möglich, dass das mit der besseren Beschäftigungslage zu tun hat: Wer Arbeit hat, ist zuversichtlicher und robuster. Dafür nimmt ein Phänomen weiter zu, das die Schattenseiten der modernen Arbeitswelt beleuchtet: Immer mehr Beschäftigte reagieren auf die Belastungen der Dauerbereitschaft mit Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Leiden, stellt die Krankenkasse DAK fest.

Die Kasse macht natürlich die Rechnung nicht auf. Aber allein bei den 6,2 Millionen Versicherten der DAK kommen da einige Millionen Ausfalltage pro Jahr zusammen, die direkte Folge psychischer Überforderungen im Beruf sind. Zeichen dafür, dass die massive Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse in den vergangenen Jahren nicht wirklich die Ergebnisse gebracht hat, die die Arbeitgeber sich davon versprochen haben. Schlagworte waren ja immer Effizienz, Mobilität, Erreichbarkeit, flexibles Zeitmanagement usw.

Doch die steigenden Zahlen psychischer Belastungen deuten darauf hin, dass die Gewinne, die sich die Arbeitgeber mit solchen Instrumenten der Erhöhung der Vefügbarkeit versprochen haben, durch die zunehmende Zahl von Ausfalltagen wahrscheinlich komplett wieder aufgehoben werden. Es sind Schein-Effizienz-Gewinne, die mit nicht erledigten Aufträgen, nicht abgearbeiteten Aufgaben, Überziehung von Lieferterminen und Kostenbudgets und zunehmend ausgehebelten Planzielen bezahlt werden.

Nicht zu vergessen all die Notlösungen, die öffentliche wie private Arbeitgeber finden müssen, um die Fehlstellen in irgendeiner Weise zu kompensieren.

Aber wahrscheinlich wird auch diese Meldung der DAK nicht dazu beitragen, dem unbegründeten Glauben an Effizienz und Flexibilität in der modernen Arbeitswelt ein Ende zu bereiten. Auch nicht bei den oft genug sehr jungen Betroffenen, die mit einem Einsatz auch gern rund um die Uhr glauben, ihre Karriere in einem strukturlos gewordenen Arbeitsmodell machen zu können. Und zwar bevor die psychischen Belastungen sich als Knockout für die Gesundheit erweisen.

Und so stellt denn die DAK auch in diesem Jahr wiederholt fest: Psychische Erkrankungen verursachen bei Arbeitnehmern immer mehr Fehltage.

Insgesamt entfielen 2014 knapp 17 Prozent aller Ausfalltage auf Depressionen, Angststörungen und andere psychische Leiden. Das ist ein Anstieg um knapp 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach der aktuellen Analyse der DAK-Gesundheit rangieren diese Diagnosen damit erstmals auf Platz zwei der Fehltage-Statistik. Nur Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems wie beispielsweise Rückenschmerzen sorgten 2014 für noch mehr Ausfalltage.

Insgesamt ist der Krankenstand um 0,1 Prozentpunkte auf eine Quote von 3,9 Prozent gesunken. Damit waren an jedem Tag des Jahres 2014 im Durchschnitt 39 von 1.000 Beschäftigten krankgeschrieben. Für die Analyse im Rahmen des DAK-Gesundheitsreports hat das IGES Institut die Daten von insgesamt 2,7 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet.

Besonders Depressionen belasten die Beschäftigten in Deutschland. Nie war die Zahl der Fehltage aufgrund dieser Erkrankung so hoch wie im vergangenen Jahr: Laut der Auswertung entfielen 2014 auf 100 DAK-Versicherte 112 Ausfalltage wegen Depressionen. Der Anstieg ist rasant, in den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Fehltage mehr als verdoppelt, so die DAK, sieht den Anstieg aber vor allem durch steigende Nachfrage nach Präventionsangeboten begründet.

„Die Fortsetzung dieses Trends zeigt, dass das Bewusstsein und die Sensibilität für psychische Leiden sowohl bei den Ärzten als auch bei den Patienten gestiegen ist“, kommentiert Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, die Analyse. „Da chronischer Stress ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen ist, gehört die Prävention deshalb zunehmend in den Fokus des betrieblichen Gesundheitsmanagements.“

2014 meldeten sich nur 48 Prozent der Erwerbstätigen krank (2013: 51 Prozent). 23 Prozent der Ausfalltage wurden von Muskel-Skelett-Erkrankungen verursacht, 17 Prozent gingen zu Lasten psychischer Krankheiten und 14 Prozent entfielen auf Erkrankungen des Atmungssystems wie beispielsweise Erkältungen. Während Husten und Schnupfen 2013 für besonders viele Fehltage verantwortlich waren, sank der Anteil im vergangenen Jahr um fast ein Viertel.

Aber der Krankenstand sagt natürlich auch etwas darüber aus, wie hoch die Belastungen in einigen Branchen mittlerweile sind.

Die Branchen mit dem höchsten Krankenstand waren 2014 das Gesundheitswesen, die Öffentliche Verwaltung sowie Verkehr, Lagerei und Kurierdienste mit jeweils 4,5 Prozent.

Quelle: www.dak.de

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