Es ist die besonders unangenehme Seite von manifesten Vorurteilen und Ausgrenzungen. Wenn die Stimmung in der gesamten Gesellschaft Stück um Stück verrutscht in Richtung Abgrenzung und die Ablehnung von Kommunikation, ist der nächste Schritt durchaus auch Gewalt. Meist gegen die, welche einfach anders aussehen. Ab 14 Uhr findet deshalb auf dem Marktplatz in der Leipziger Innenstadt eine Demonstration unter dem Namen "Rassismus tötet!" statt. Der Anlass: Die Erinnerung an den Mord an Kamal K. vor vier Jahren in Leipzig. Eine Tat welcher anschließend gerichtlich eine niedere Motivation attestiert wurde.

Zur Demonstration selbst melden die Initiatoren: “Unsere Demonstration erinnert an Kamal K., der vor vier Jahren durch zwei Neonazis vor dem Leipziger Hauptbahnhof ermordet wurde. Sie erinnert daran, dass ein rassistisches Tatmotiv durch Ermittlungsbehörden und einige Medien bis fast zum Schluss, aber auch durch das Gericht, nicht in Betracht gezogen, nicht thematisiert oder komplett geleugnet worden ist. Sie erinnert daran, dass es sich um keinen Einzelfall handelt: In Leipzig wurden seit 1990 mindestens acht Menschen Todesopfer rechts-motivierter Gewalt; hinzu kommen zwei Verdachtsfälle – bundesweit gab es seitdem 184 weitere Fälle.”

Doch für die Demonstrationsanmelder gehen die Ursachen längst tiefer. Rassismus beginne nicht erst dabei, wenn Migranten um ihr Leben fürchten müssten. “Rassismus heißt, dass so genannte `Fremde` in Deutschland auf eine geschlossene Gesellschaft treffen. Dass sie keine Rechte haben. Dass ein Grundrecht auf Asyl hier nicht existiert. Und dass sich Asylsuchende endlos schikanieren lassen müssen durch Behörden und vor allem die Polizei. In der öffentlichen Wahrnehmung werden Geflüchtete per se als eine Gefahr oder etwas Schlechtes dargestellt, unbeachtet der persönlichen Schicksale und der Gründe der Flucht.”
In Deutschland rede man “…nicht mit Migrantinnen und Migranten, sondern man redet über sie. Wenn man über sie redet, dann, um über sie zu richten. Das ist der alltägliche Rassismus.” Das dieser verschiedene Gesichter auch in Leipzig hat und oft verdeckt daherkommt, ist für die Anmelder in vielen Beispielen bewiesen. So wehren sich “Anwohnerinnen und Anwohner gegen die Eröffnung von Unterkünften für Asylsuchende in ihrer Nachbarschaft. Die meisten unter dem Deckmantel so genannter `Bürgerinitiativen`. Sie möchten nicht rassistisch genannt werden. Aber so genannte `Ausländer` – die möchten sie noch weniger.”

In reicheren Umgebungen würde dabei immer wieder mit sinkenden Grundstückspreisen argumentiert, Migranten würden als “unproduktiv” wahrgenommen, was zudem zu Forderungen nach Ausschluss von sozialen Leistungen führe. “In Gegenden mit einer hoher Arbeitslosigkeit rückt die eigene missliche Lage in den Vordergrund der Debatte: `Warum kümmert sich jemand um die Asylbewerber, aber nicht um uns?` ist ein oft gehörtes Argument. Geflüchtete werden als Mitverursacher sozialer Ungleichheiten und als `ökonomische Last` betrachtet, unter denen die `Bürgerinteressen` zu leiden hätten.”
Dabei würde vergessen, die eigentlichen sozialen und wirtschaftlichen Missstände zu thematisieren. So fände eine Verschiebung der Probleme statt. “Dabei tritt das altbekannte Muster auf, welches wir schon aus den 90er Jahren kennen, in denen Flüchtlinge als `Sündenböcke` für verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik herhalten mussten und es zu einer Vielzahl rassistischer Angriffe und Übergriffe kam, die letztendlich auch zu Pogromen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen führten.”

Die Demonstration zum Gedenken von Kamal K. ist laut dem Ordnungsamt Leipzig für den Samstag, 25. Oktober, ab 14 Uhr ab Marktplatz angemeldet und führt auch am Tatort vorbei.

Zum Artikel über die Demonstration vom 26. Oktober 2014 auf L-IZ.de
Erinnerung an den Tod von Kamal K.: Zwischen Symbol, neuer Angst und echter Trauer

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