Am Freitag, 11. Oktober, veröffentlichte die Kultusministerkonferenz (KMK) den neuesten Bericht zu einem Ländervergleich von Neuntklässlern in Deutschland. Und die Nachricht überraschte. Oder auch nicht: Ostdeutsche Schüler erreichten auffällig bessere Leistungen als ihre westdeutschen Altersgenossen. Und das hat - noch, muss man sagen - mit der alten, so gern geschmähten DDR zu tun. Die legte auch in der Lehrerausbildung sehr viel Wert auf naturwissenschaftliche Fächer und ihre Vermittlung.
Nach dem Ländervergleich 2009 zu den sprachlichen Kompetenzen stehen mit dem Bericht zum Ländervergleich 2012 erstmalig differenzierte Informationen über den Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik am Ende der Sekundarstufe I zur Verfügung.
“Die inhaltlich anspruchsvollen Bildungsstandards in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern erweisen sich bei der erstmaligen empirischen Überprüfung als herausfordernde Maßstäbe, die von großen Anteilen der Schülerinnen und Schüler erreicht werden, obwohl die Tests in der Regel ein Jahr vor Abschluss des Bildungsganges durchgeführt wurden. Insbesondere die Schülerinnen und Schüler in den ostdeutschen Ländern erzielen hier ein erfreulich hohes Kompetenzniveau”, sagt dazu der Präsident der Kultusministerkonferenz, Minister Stephan Dorgerloh.
Im Fach Mathematik liegen die erreichten Kompetenzstände der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler in den Ländern Bayern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen signifikant oberhalb des Mittelwerts für Deutschland.
Schülerinnen und Schüler in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erzielen in allen drei, in Bayern und Rheinland-Pfalz in zwei naturwissenschaftlichen Fächern Ergebnisse, die signifikant oberhalb des deutschen Gesamtdurchschnitts liegen.
Im Fach Mathematik erreichen bundesweit 44 Prozent aller Schülerinnen und Schüler bereits ein Jahr vor dem angestrebten Abschluss die von der Kultusministerkonferenz festgelegten Regelstandards für den Mittleren Schulabschluss (MSA). 75 Prozent aller Neuntklässlerinnen und Neuntklässler erreichen die für den Hauptschulabschluss (HSA) festgelegten Regelstandards.
Der bisherige Befund, dass auf Länderebene eine hohe Gymnasialbeteiligungsquote mit durchschnittlich niedrigeren Leistungen der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten einhergeht, bestätigt sich im Ländervergleich 2012 nicht. Dies ist auf die Ergebnisse der Länder Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zurückzuführen, in denen trotz hoher Gymnasialbeteiligungsquote überdurchschnittliche Leistungen an den Gymnasien erzielt werden.
Und selbst über Jungen und Mädchen fand man Bermerkenswertes heraus: Wie in früheren Schulleistungsstudien erreichen Jungen auch im Ländervergleich 2012 in Mathematik signifikant höhere Werte als Mädchen. In den naturwissenschaftlichen Kompetenzbereichen hingegen erzielen Mädchen im Mittel höhere Werte als Jungen.
Geschlechterunterschiede im Selbstkonzept entsprechen nicht den Geschlechterunterschieden in den erreichten Leistungen. So unterschätzen Mädchen ihre Fähigkeiten deutlich, insbesondere in den Fächern Chemie und Physik.
Und was liest man nun heraus aus diesem Ländervergleich?
Die Ergebnisse in Mathematik und in den Naturwissenschaften im Ländervergleich 2012 verweisen auf die zentrale Bedeutung der fachlichen und fachdidaktischen Qualifikation der Lehrkräfte. Erfolgreiche Wissenserwerbsprozesse hängen von einem klar strukturierten kognitiv aktivierenden Unterricht ab, der von gut ausgebildeten Lehrkräften professionell gestaltet wird. Und genau daran wurde in der DDR intensiv geforscht und gearbeitet. Es ist genau jener Teil der Schulausbildung, der auch noch 23 Jahre nach der deutschen Einheit die Stärke der ostdeutschen Schulen ausmacht. Doch auch in Sachsen gehen in den nächsten Jahren Tausende dieser 1990 übernommenen Fachlehrkräfte in den Ruhestand. Es muss einiges getan werden, diese naturwissenschaftliche Tradition nicht abreißen zu lassen.
Alle Länder wollen daher ihre Anstrengungen in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften gezielt verstärken und dabei ihre Zusammenarbeit insbesondere bei der Implementation der Bildungsstandards intensivieren.
Am IQB-Ländervergleich 2012 haben sich über 1.300 Schulen der Sekundarstufe I aus allen 16 Ländern beteiligt. Pro Schule wurden ein bis zwei Klassen getestet. Insgesamt haben etwa 45.000 Schülerinnen und Schüler an den Tests teilgenommen, die Testzeit betrug insgesamt 3,5 Stunden einschließlich Pausen.
Keine Kommentare bisher