Was sich vor der Sitzung des Justizausschusses am heutigen Mittwoch abgezeichnet hatte und von vielen erwartet worden war, ist nun eingetroffen: Die Ministerpräsidentin Thüringens, Christine Lieberknecht, genießt ab sofort keinen Schutz mehr vor Strafverfolgung, ihre Abgeordneten-Immunität ist mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Sollte es zur Anklage kommen, fordert die Linke schon jetzt den Rücktritt der Thüringer Landeschefin.
Die Staatsanwaltschaft hat nun freie Hände, um im Fall Zimmermann Ermittlungen anzustellen. Wer innerhalb des Justizausschusses für oder wer gegen die Aufhebung der Immunität von Lieberknecht gestimmt hatte, war den Beteiligten nicht zu entlocken. Von Seiten des Ausschusses hielt man sich bedeckt, bestätigte lediglich die Tatsache der Aufhebung des Strafverfolgungsschutzes. Die Thüringer Grünen hatte gegen Lieberknecht Anklage erhoben, was zum Antrag der Staatsanwaltschaft geführt hatte, die Abgeordneten-Immunität aufzuheben.
Lieberknecht hatte ihren Sprecher und Staatssekretär, Peter Zimmermann, in einstweiligen Ruhestand geschickt. Damit hatte er Ansprüche auf Pensionsbezüge in Höhe von rund 1.400 Euro im Monat, obwohl er bereits parallel ein volles Gehalt als Teil des Managements des Leipziger Internet-Unternehmens Unister erhielt. Die Grünen werfen der Landeschefin die Verschwendung von Staatsfinanzen und Untreue vor. Die wegen ihres präsidialen Führungsstils oft mit Angela Merkel verglichene Christine Lieberknecht weist die Vorwürfe zurück. Zimmermann soll im Dezember bereits von sich aus seinen Rücktritt erklärt haben. Daher seien die Pensionsansprüche rechtmäßig.
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“Ich bin mir der Rechtmäßigkeit meines Handelns bewusst,” erklärt die Ministerpräsidentin. Der frühere Sprecher hat nach den Vorwürfen gegen ihn inzwischen auf alle Bezüge des Landes Thüringen verzichtet. Die Aufhebung der Immunität hat für Lieberknecht noch keine direkten Konsequenzen. Es bedeutet lediglich, dass die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht hat und die Ermittlung aufnimmt. Sollten sich die Vorwürfe der Grünen als richtig erweisen und somit ein Gesetzesverstoß vorliegen, kann es zur Anklage kommen. Der SPD-Vorsitzende und stellvertretende Regierungschef in Thüringen, Christoph Matschie, steht seiner Koalitions-Kollegin nicht gerade freundlich gegenüber.
“Die Aufhebung der Immunität ist kein formaler Akt, sondern ein ernsthafter Vorgang, über dem ein Anfangsverdacht steht”, sagte Matschie in der Thüringer Allgemeinen. In der SPD sieht man mögliche Belastungen für die Regierungsarbeit, wenn es zu einem Ermittlungsverfahren kommt. In Deutschland genießen alle gewählten Parlamentarier sogenannte Immunität. Das heißt, sie dürfen wegen einer Straftat nur mit Zustimmung des jeweiligen Parlaments verfolgt werden. Auch die Opposition hat im Vorfeld der Entscheidung Stellung bezogen.
“Bei einer Anklage wäre ein Rücktritt unausweichlich”, sagte Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow laut Berliner Zeitung: “Denn das würde ja bedeuten, dass sie ihr Kabinett belogen hätte.” Die Pastorin und gebürtige Weimarerin Christine Lieberknecht steht seit vier Jahren an der Spitze einer schwarz-roten Regierung in Thüringen. Nachgesagt wird der 55-Jährigen ein guter Instinkt für das rechte Maß und für Stimmungen. Allerdings dürfte ihr Lack jetzt arg angekratzt sein. Zudem kommt die Aufhebung der Immunität kurz vor der Bundestagswahl für die CDU zur Unzeit.
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