Die Stadt Leipzig wird die Kampagne "Alle bleiben" unterstützen, so beschloss es der Stadtrat am 16. Mai. Bei dieser Kampagne geht es vor allem um das humanitäre Bleiberecht für langjährig in Deutschland geduldete Roma aus den Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien. Bei solch einem Thema rings um menschliche Schicksale konnte sich der NPD-Stadtrat Klaus Ufer nicht zurückhalten und meldete sich prompt zu einem Redebeitrag (siehe Audio).

Vorab zum Hintergrund: Der Antrag selbst geht auf den Migrantenbeirat zurück. Dessen Vorsitzende, Medina Zuniga, erklärte in der Ratsversammlung das Anliegen. Aktuell seien rund 10.000 Roma in Deutschland von der Abschiebung bedroht, “viele der Betroffenen leben und arbeiten seit vielen Jahren in Deutschland. Ihre Kinder sind in Deutschland geboren. Sie leben hier als Teil unserer Gesellschaft. Nun sollen sie in ein Land zurückgeschickt werden, das für die meisten schon lange keine Heimat mehr ist und dessen Sprache die Kinder nie gelernt haben.”

Die Verwaltung machte in ihrem Standpunkt deutlich, dass sie die Kampagne unterstützen möchte. Sie sieht “in Leipzig aber eher das Erfordernis einer Regelung für alle Betroffenen mit Kettenduldung”, da hier wenige Roma betroffen seien. Das begrüßte der Migrantenbeirat und übernahm den Verwaltungsstandpunkt. Und auch die Ratsmitglieder brachten mit Klopfen auf den Tischen zum Ausdruck, dass sie einen politischen Handlungsbedarf sehen.
Ansbert Maciejewski von der CDU konnte dem Antrag allerdings nicht zustimmen. Für ihn als Leipziger Stadtrat sei es schwierig, Menschenrechts- und außenpolitische Debatten zu führen, da man sich ja nicht im deutschen Bundestag befände. Zwei Dinge ärgerten ihn am Antrag ganz besonders. Zum einen fragte er sich, wie die nun beschlossene Selbstbindung zum konkreten Handeln aussehen solle: “Was bedeutet das für den Sachbearbeiter in der Ausländerbehörde? Ich denke, wir können so etwas nicht beschließen.”

Zum anderen sei im Antrag von Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien die Rede, von Staaten wie Slowenien und Kroatien, die schon oder bald zur Europäischen Union gehören. Maciejewski fand,der Antrag sei nicht sonderlich durchdacht: “Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht, an diesem Antrag ganz speziell zu erkennen. Er ist handwerklich schlecht und mich ärgert auch ganz besonders, dass nicht einmal der Verwaltungsstandpunkt eine Qualitätsverbesserung dieses vielleicht berechtigten Anliegens hervorgebracht hat.”

Diese Meinungsäußerung muss man nicht teilen, aber sie bemühte sich immerhin um eine konstruktive Kritik zur Sache selbst. Im Gegensatz zu Klaus Ufers Redebeitrag, welchen er sichtlich bemüht vom Blatt ablas. Gleich nach dem ersten Satz ging ein Raunen durch den Ratssaal: “Allein der Titel der Kampagne, zu deren Unterstützung hier aufgerufen wird, ist eine Anmaßung und eine Zumutung für alle Bürgerinnen und Bürger, die noch denkfähig sind.” Einige Ratsmitglieder verließen, wie so oft bei Äußerungen der sogenannten “nicht-demokratischen Stadträte”, den Saal. Ufer hingegen legte unterdessen nach: gegen kirchliche Institutionen, die sich seit Langem für eine grundsätzliche Lösung im Bleiberecht einsetzen, gegen “eine Asylanten- und Überfremdungslobby”, die den deutschen Steuerzahler zur Kasse bäte.

Eine “Hasstirade” vom Feinsten, wie es Michael Burgkhardt, Vorsitzender der Bürgerfraktion, anschließend bezeichnete. Burgkhardt forderte den Oberbürgermeister auf, zukünftig solche Äußerungen in seiner Funktion als Sitzungsleiter zu unterbinden. Daraufhin bezichtigte Ufer den Bürgerfraktionsvorsitzenden als intolerant, voreingenommen wäre und gegen Andersdenkende agierend. Fassungslose Gesichter im Ratssaal. OBM Jung machte dann aber deutlich, dass zweifelsfrei klar sei, wer hier intolerant sei.

Homepage der Kampagne:
www.alle-bleiben.info/info.htm

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