Im Sommer vergangenen Jahres kam die systematische Schlamperei im Rechtsamt zum Thema herrenlose Grundstücke ans Tageslicht. Fast 20 Jahre lang haben hier drei Mitarbeiter nicht sauber gearbeitet - die sind inzwischen beurlaubt. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung kann sich auch nicht erklären, wie das passieren konnte: "Gottlob, das einzig Gute: Es ist bis jetzt keine Korruption feststellbar."

“Es ist nicht nachweisbar, dass es da ein Dreieck gibt von Käufer, Verkäufer und Rechtsamt.” So auch das Ergebnis des Prüfberichts, der Ende März vorgestellt wurde. Jung erklärt sich das Versäumnis damit, dass sich Anfang der Neunziger “ein Verfahren eingeschlichen hat, das nie wieder kontrolliert und auf vernünftige Füße gestellt worden ist.”

Der OBM sieht den Tatsachen ins Gesicht: “Manche Themen kann man sich nicht aussuchen. Jetzt sind die auf dem Tisch und man muss die Dinge aufklären […]”. Er hat personelle Konsequenzen gezogen und neue Mitarbeiter kümmern sich nun im Rechtsamt um die weitere Bearbeitung der herrenlosen Grundstücke. Die Kritik, dass die Aufklärung dem Rechtsamt obliegt, kann Jung nachvollziehen. Er habe deshalb externen Sachverstand eingeschaltet, in Person von Eckart Hien, ehemaliger Präsident des Bundesverwaltungsgerichts.Die Vorgänge im Rechtsamt verlängern die Liste von unsauberen, scheinbar korrupten Zwischenfällen in Leipzig. Der KWL-Skandal um Klaus Heininger oder die Pensionszahlungen an Ex-LVB-Chef Wilhelm-Georg Hanns werfen Schatten auf die sächsische Stadt. Jung glaubt aber, dass das von außen nicht als schlechtes Bild von Leipzig wahrgenommen werde. “Dennoch lässt sich ja nicht von der Hand weisen, dass es fehlerhaftes Verhalten gibt oder kriminelles Verhalten […] Ich sehe meine Aufgabe darin, solche Fehlentwicklungen auf den Tisch zu legen und zu benennen und das mit aller Entschiedenheit nach vorne zu entwickeln”, macht Burkhard Jung im Interview deutlich.

Ein weiteres nicht ganz lupenreines Geschäft wird dem OBM von einem L-IZ-Leser unterstellt, der seine Frage im Vorfeld des Interviews im Rahmen einer damit verbundenen Leseraktion an die Redaktion gerichtet hat. Der Leser behauptet, es gäbe einen Zusammenhang zwischen der finanziellen Wahlkampf-Unterstützung von GRK Holding-Chef Steffen Göpel und Geldflüssen aus der Stadtkasse an die Immobilienfirma nach Jungs Wahl.

Diese Vorwürfe dementiert der OBM entschieden. Seine nachweislich plausible Erklärung, die mit dem Programm “Sicherung von Gründerzeithäusern” im Jahr 2005 zu tun hat: “Der Stadtrat hat vor meiner Wahl 20 Objekte im Waldstraßenviertel und Bachviertel ausgemacht, die aus der Gründerzeit stammend dringend erhaltenswert gelistet wurden […] Ein Objekt dieser Liste ist in der Tat gekauft worden von GRK Immobilien.”

Der gleiche Leser richtet noch eine hypothetische Frage an das Stadtoberhaupt: Was würde Jung mit zehn Millionen Euro machen, die ein anonymer Spender in einem Koffer in seinem Büro abstellt? “Die Polizei rufen”, antwortet Jung. Außer es gehe alles mit rechten Dingen zu, dann würde der Ex-Lehrer erst einmal eine Schule bauen, dann den Kanaldurchstich am Lindenauer Hafen ermöglichen oder die Kongresshalle auf Vordermann bringen.

Pressemitteilungen der Stadt zum Sicherungsprogramm für Gründerzeithäuser:

März 2005: www.stadtforum-leipzig.de (http://www.stadtforum-leipzig.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Stadtbildpraegende_Gebaeude_PM_Stadt_Leipzig2005.pdf)

März 2006: www.stadtforum-leipzig.de (http://www.stadtforum-leipzig.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Stadtbildpraegende_Gebaeude_PM-Stadt_Leipzig2006.pdf)

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar