Die Neuausrichtung der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV) ist eines der großen Themen, mit dem sich Oberbürgermeister Burkhard Jung seit Beginn seiner Amtszeit auseinandersetzen muss. In dieser Sache wurde viel diskutiert, protestiert und demonstriert.
Kritische Stimmen von Stadtratsmitgliedern, Aufsichtsräten, Gewerkschaft und Mitarbeitern von Wasserwerken, Stadtwerken und Verkehrsbetrieben begleiteten die Umsetzung von Anfang an. Im langen Interview mit L-IZ.de blickt der OBM auf die Ereignisse zurück.
Im Februar 2011 hatte die Leipziger Ratsversammlung den 49,9 %-Verkäufen der Stadtwerke-Töchter HL komm und perdata zugestimmt. Einige Stadträte und auch SWL-Aufsichtsratsmitglieder fühlten sich vom OBM übergangen, als dann der Beschlussvorschlag für einen Komplettverkauf auf der Tagesordnung stand. Doch da hatte wohl jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht, denn Nebenangebote über 100 % waren nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden. Und deshalb versteht Jung die Kritik auch nicht ganz, denn das sei ein übliches Verfahren bei Ausschreibungen. “Wahrscheinlich ist es immer schwer, in einer Abstimmung zu unterliegen”, antwortet Jung. Denn die Ratsversammlung stand am Ende ja mehrheitlich hinter dem Verwaltungsvorschlag.Normalerweise hat der Aufsichtsrat eines Unternehmens bei Anteilsverkäufen ein Wörtchen mitzureden. Der SWL- und auch der LVV-Aufsichtsrat hatten gegen die Verkäufe der beiden IT-Unternehmen gestimmt. Diese Entscheidungen fanden allerdings kein Gehör, weshalb sich auch in diesen Gremien einige übergangen fühlten. Der OBM sieht hier aber kein beschnittenes Mitbestimmungsrecht. In diesem Fall geht es nämlich um kommunales Eigentum. Und damit hat Jung jedes Recht, diese Entscheidung auf die oberste Ebene zu holen: “Es ist schon gut, dass es Eigentümer- und Gesellschafterrechte gibt. Nicht immer handelt der Aufsichtsrat sozusagen im Sinne und zum Wohle des Ganzen. Das ist auch nicht seine Aufgabe.”Die perdata ist bereits privatisiert, für die HL komm ist hingegen noch kein verbindliches Angebot eingegangen. Das Bieterverfahren ist deshalb bis Juni verlängert worden. Die Anti-PRivatisierungs-Initiative Leipzig (APRIL) fordert einen Verfahrensstopp wegen Unwirtschaftlichkeit. “Der Oberbürgermeister und die Geschäftsführung der LVV sollten einsehen, dass das Geschäft keinen Sinn macht”, so APRIL-Sprecher Wolfgang Franke. OBM Jung entgegnet darauf, dass die Wirtschaftlichkeit aber erst erkennbar sei, wenn ein notariell beglaubigtes Angebot vorliege: “Liebes Netzwerk APRIL, so lange müssen wir schon warten.” Zum aktuellen Verhandlungsstand will sich Jung nicht äußern und verweist darauf, dass er im Sommer eine entsprechende Vorlage in den Stadtrat einbringen werde.
Zukunft der LVV: Oberbürgermeister Burkhard Jung im Audio-Interview
ie Vorlage zur Umstrukturierung der Leipziger …
SWL- und LVV-Aufsichtsräte stimmen gegen Verkäufe von HL komm und perdata: Was ist diese Entscheidung wert?
In ihren letzten Sitzungen haben die Aufsichtsräte …
Der Stadrat tagt: Die Neuausrichtung der LVV in der Abstimmung – Ein Liveticker-Protokoll
Heute ist es also soweit. Die Vorlage zur strategischen …
LVV-Belegschaft kocht: Wir wehren uns gegen diese Vorgänge! Ines Jahn im Audio-Interview
Die Belegschaft von Stadtwerke, Wasserwerke …
Die LVV gibt ihrer Tochter SWL ein Gewinn-Minimum von 65 Millionen Euro vor. Wenn beide IT-Unternehmen verkauft sind, fehlen allerdings Einnahmen in Millionen-Höhe. Nach Jungs Aussage muss dann die Gewinnerwartung um den Betrag gemindert werden, der zur Zeit noch als Gewinn eingeplant ist, und: “Die Gewinnerwartung muss immer im Komplex gesehen werden. Die Stadtwerke erwirtschaften den Gewinn, die Wasserwerke hoffentlich auch den Gewinn, der dann eingesetzt wird, um die Bimmel in Leipzig fahren zu lassen.” Burkhard Jung betont auch noch einmal, dass mit den Verkäufen ja kein Haushaltsloch gestopft, sondern die Entschuldung der LVV vorangetrieben werden solle, um sie damit wieder handlungsfähiger zu machen.
Und so wird auch die Privatisierung eines dritten Unternehmens gerade geprüft. Das Wassergut Canitz ist eine Tochter der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) und zum Schutz unserer Trinkwasservorräte 1994 gegründet worden. Auf den Böden über den Wasserquellen wird ökologische Landwirtschaft betrieben, um so Verunreinigungen unseres Trinkwassers zu verhindern. Dass hier nicht die Quelle, sondern eben nur die Ländereien verkauft werden sollen, macht der OBM im Interview deutlich. “Das Ergebnis ist offen, aber ich bin eher skeptisch, sag ich ganz ehrlich. Aber mal schauen, wie das Ergebnis der Prüfung dann aussieht”, sagt Jung abschließend zum Themenkomplex LVV.
Keine Kommentare bisher