Zu viel Sachsen am Stück ist auch nicht das Wahre. Darum soll man öfter einmal Pause machen, besser noch in die Ferne streifen, so wie ihr ehrerbietiger Kolumnist und EU-Kommissar Rodig. Und weil ich nun in der Ferne bin und die Drucklegung drückt, muss ich mich eilen, das ganze Dasein in der Europa-Hauptstadt Brüssel zu beschreiben. Und da gäbe es einiges! Schmutz und Schmiere, auf allerhöchster Ebene.
Europaabgeordnete wissen nicht, wohin mit dem ganzen Schotter, wissen nicht, wohin mit der ganzen Zeit, mal Brüssel, mal Straßbourg, comme ci, comme ça, bloß nichts entscheiden, und wenn was entschieden wird, dann nur Unwichtiges, Resolutionen, hätte hätte Sackratte. Und es gibt den Europaabgeordneten der PARTEI: Martin Sonneborn.
Wie die liebenswürdige @luna_le (auch als Juliane Nagel bekannt) jüngst twitterte: Ob denn den PARTEI-Mitgliedern und Wähler/-innen bereits aufgefallen sei, dass Sonneborn der PARTEI-Vorsitzende und Unterzeichner des Friedens-Pamphlets ist. Sie, Liebe Lesende, haben sicher davon gehört, sogar ich hier in Brüssel habe davon gehört! Da wollen eine verhärmte Asylskeptikerin und schon recht nationale Sozialistin Sahra, sowie die dereinst relevante, aber mittlerweile altersirre gewordene Sabberhexe Schwarzer den Frieden.
Ganz einfach, das darf man unterstellen, Frieden, den zumindest sie lieber haben als jenen fiesen Scheißkrieg, der da drüben bei unseren Nachbarn, durch unsere Nachbarn, mit unseren Knallpengpau-Geräten, vom Russen gegen den Ukrainer (sie haben es sicher mitbekommen, nationale Ressentiments sind wieder en vouge, darum bitte sprechen auch sie in Zukunft immer nur in Einzahl von nationalen Gruppen bspw. statt „China hat …“ – „der Chinese hat …“) geführt wird.
Ja, werte Jule, das hat Die PARTEI, mitbekommen. Und statt die Gegenfrage in den Raum zu stellen „Welcher Partei ist eigentlich S. Wagenknecht?!“ möchte ich lieber eine andere Frage beantworten, nämlich die nach dem „Was tun?“ Einige PARTEI-Aktive haben sich zu Distanzierungen hinreißen lassen. Andere taten sich durch lautes Jubelgeschrei hervor, ob der klaren Worte des Herrn MEP zu Krieg und Elend.
Ich für meinethalben sitze da und wundere mich: „Erstunterzeichner“ einer „Petition“? Wann haben zuletzt Petitionen tatsächlich weltliches Regierungshandeln entscheidend beeinflusst? Zugegeben, Team Wagenschwarzer bläst zur Großdemonstration in Berlin am Folgetag des 1. Kriegsjubiläums, und hofft mit aktuell 600.000 Unterschriften auf ein Momentum. Martin Sonneborn hat wohl keine Zeit.
Ich als Erstunterzeichner meiner Kolumne habe den leisen Verdacht, dass der Krieg die Menschen mürbe macht. Gestandene Witzbolde, die nie um eine Pointe arm waren, stoßen sich daran, aus diesem kriegerischen Elend einen Witz zu destillieren. Also doch keine Satire aus dem Schützengraben?
Papperlapapp, sage ich und folge dem Diktum der Praktikantin und PARTEI-Genossin Brock (28) (kg) – wenn wir schon einmal da sind, können wir auch: das Sonneborn-Büro besetzen. Denn auf „KRIEG!“ kann die Erwiderung nur lauten „KRIEG DEM KRIEG!“. Zudem sind Büro-Besetzungen gerade der heiße Scheiß in den A-Sozialen Medien, da kommt eine Turbopartei wie die unsere nicht dran vorbei.
Also starten Sie schon einmal Tik-Tok und abonnieren Sie „Die PARTEI Das ORIGINAL“. Oder lesen in Qualitätsmedien wie diesem hier davon. Jetzt muss ich aber schnell los, ein inhaltsleeres Banner malen, denn Inhalte gehören immer noch überwunden.
Prost und Shalom,
Ihre Friedenstaube
Tom Rodig
„Rodig reflektiert: Die Besetzung in Brüssel“ erschien erstmals am 24. Februar 2023 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 110 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.
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