Eine der edelsten, unterhaltsamsten, wichtigsten und denkwürdigsten Dinge, die ein PARTEI-Mensch treiben kann, ist immer noch, sich verklagen zu lassen. Der unvergleichliche Duft gelber Einwurfeinschreiben, das Gefühl einen Schriftsatz aus dem Umschlag zu ziehen, der von schwitzigen Beamtenhänden durch die Kuvertiermaschine gezogen wurde, nur um mir und meinen Genossinnen eine neue, große Freude zu bereiten, dieser Duft lässt mich jedes Mal vor Aufregung eine lauthalse Freudenode anstimmen.
Drum möchte ich Sie, liebe Leserinnen, heute mit dieser Freude vertraut machen, denn es sind ja auch Ihre Urteile, die da im Namen des Volkes gefällt werden. Und Sie haben das Recht zu wissen, in welchen wohltemperierten Apparat Ihre Steuergelder fließen. Lassen Sie mich so viel verraten: Es sind gut investierte Millionen!
Doch gehen wir sodann in medias res, wie der distinktionsbedürftige Jurist zu sagen pflegt, will sagen: zur Sache! Im Sommer dieses Jahres erreichte mich ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Aue.
Dieses Aue wird Ihnen ein Begriff sein: Dort leben die Menschen in Schächten, nur nachts kommen sie heraus, um in ihren kargen Hütten ihre beiden Augen zuzudrücken und selig vom Stollen zu träumen. So sie denn noch Augen haben, und keine weißen Murmeln, die seit vielen Generationen nur die Dunkelheit kennen. Sie wissen schon, Evolution.
Da ich noch Augen habe, die auch sehen können, las ich, was mir, genauer: Ihrem MP in spe a.D. und Landesvorsitzenden vorgeworfen würde. Mit zittrigen Händen halte ich die Klageschrift und staune. Mir wird die „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ zur Last gelegt.
Oha! Das ist neu. Also, für mich, nicht die PARTEI. Der Vorwurf: In Lugau (man munkelt, es liege nahe bei Aue) sei an einer Parkbank ein Aufkleber gefunden worden, hergestellt von Die PARTEI Sachsen und nach Ansicht eines übereifrigen Staatsanwaltes geeignet, den Nationalsozialismus zu verherrlichen (um mir lästige Bildbeschreibungen zu ersparen, habe ich für Sie die Parkbank nachgestellt, siehe Bild).
Schockschwerenot! Das war nun aber nicht unsere Absicht. Gut, die Fähigkeit, eine satirisch zugespitzte Graphik zu begreifen, liegt im Auge des Betrachtenden. Über die Auensischen Augen haben wir aber bereits genug erfahren, um sagen zu können, der Schacht tut denen nicht gut. Nicht den Augen, noch den Aue-Landbewohnenden.
Alles juristische Beiwerk abgeköchelt bleibt letztlich nur ein Fakt in der Anklage hängen. Nämlich, dass die Schachtscheißer intellektuell nicht in der Lage sind, zwischen der PARTEI und echten Nazis zu unterscheiden.
Wir von Die PARTEI sind ja viel gewöhnt, aber dass die Häscher des Staates uns vorwerfen, bei „PARTEI Sachsen“ würde man nicht herauslesen können, um wen es sich handelt, das geht wirklich zu weit.
Was haben wir uns angestrengt! Unzählige Unterschriftensammlungen, um bei fast ein Dutzend Wahlen in Sachsen auf dem Zettel zu stehen. Freizeit, Freude und unsere Leber haben wir geopfert, um den Namen „Partei“ wieder positiv zu besetzen. Hohn und Häme haben wir aus großen Kübeln ausgeschüttet auf den Plebs im Sachsenland, in Deutschland, bis ins ferne Brüssel.
Und davon will kein Mensch in Aue etwas gewusst haben?
Entweder sind hier alte, deutsche Verdrängungsmechanismen am Werk oder die Stollengnome haben diesmal wirklich von nichts gewusst. Beides denkbar, aber wahrscheinlich haben wir hier wieder nur eine Manifestierung des schnöden Werbeslogans „So geht sächsisch!“ vor uns: Eine tumbe Landbevölkerung, jahrzehntelang regiert von noch tumberen CDU-Monarchen, die dafür gesorgt haben, dass die Gerichte und Staatsanwaltsstuben voll von ebenso tumben, von Ehrgeiz oder Faulheit zerfressenen Amtsschimmelreitern sind, dass man am liebsten auswandern will.
Doch wenn Die PARTEI nicht mehr da ist, wer soll dann den sächsischen Rechtspflegenotstand beheben? Eben.
Lässt sich für Sie am Ende des Tages wieder freisprechen,
Ihr MP in spe a.D.
Tom Rodig
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Es gibt Leute, die bekommen in ihrem Leben keinen gelben Brief vom Gericht. Sie brauchen weder Hakenkreuze noch Beleidigungen zu “satirischen” Zwecken um zufrieden zu leben. Und irgendwie geht’s auch…