Man hört es ja allerorten – es braucht Vertrauen. In Entscheidungen der Politik, in das „Establishment“, in die Führer der Nationen – ja in den nächsten Tag, der ein besserer sein soll als der aktuelle. Nachdem die Aufklärung uns die Gewissheit auf ein Leben nach dem Tod so rüde genommen hat, sucht sich die Sehnsucht nach Verantwortlichen stets neue Haltegriffe im „die da Oben“, wo einst nur einer saß und Himmelherrgottnochmal zuständig war.
Gott ist nun für manche jener Lehrer, der einem ganz ohne eigenes Zutun missgünstig und brutal die mittlere Reife versaute oder gleich „die Merkel“ bescherte (wohl dem, der dank Markenname göttlich wird), die so partout nicht herabsteigen will, um wenigstens gegen Ende ihrer 16-jährigen Schreckensherrschaft Karl-Heinz wenigstens mal die Rabatte vorm Haus zu ondulieren. Als Zeichen der Demut vor dem Volk namens Karl-Heinz oder so.
Und so randaliert es nun allüberall, dass wir von Idioten regiert werden, „Crätense“ schreibt der mittelgebildete Dorfdulli ja gern bei WhatsApp in faustdickem Spätfranzösisch, dass so oder so alles falsch und anders zu machen sei – so nicht, nicht mit uns, niemals und „wir sind das Volk“ – gerufen in Zehnergruppen und jeder meint ein anderes.
Seit Neustem ja auch wieder in Leipzig, jener schönen Heimatstadt aller, die hier aus vier Himmelsrichtungen zum Wohnen und Demonstrieren einfallen, wo bekanntlich selbst beim Schlachtruf „Nieder mit dem Oberwasser“ irgendwie noch die 1989er Ringumrundung reingemährt wird. Das verschafft sogar einer Forderung nach viereckigen Eiskugeln mehr Größe: „Dafür sinn mir 89 nich uff dä Stroße gegangen!“
Jeder setze irgendeinen Unsinn frei ein und mische es mit dem Ruf nach „Freiheit“, schon ist man Teil der weltbekannten Leipziger Demonstrationskultur.
Und so hat sich hinter dem ausgebleichten Erbe einer muslimen- und ausländerfeindlichen „LÄGIDO“ (nein, der Sachse spricht kein klares E oder A) eine „Bürgerbewegung“ auf die frisch gehäkelten Reichssocken gemacht, um allmontäglich im Doppeldutzend als des Volkes feste „Mitte“ ihre Impfphobie gegen „diese Spritze für dä Kindär“ zwischen Wagnerplatz und Rathaus herauszubrüllen.
Die Fuchtelärmchen in die Höhe gereckt, fordern sie damit etwas vollkommen Richtiges. Mit nur dieser einen Spritze werden wir das alles nicht weggeimpft bekommen.
Dies und der Umstand, dass jeder mit und ohne Impfung mal Corona gehabt haben wird, ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Oder etwas, worauf man getrost vertrauen kann.
Und das ist doch schon mal etwas mehr, als ganz ohne zu leben.
„Vertrauen schaffen“ erschien erstmals am 25. Juni 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 92 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.
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