Armer Robert. Da bekommt er also in den nächsten Tagen noch einen Anruf aus Ingolstadt. Das haben am Freitag drei Herren angekündigt, die sich Basti, Oliver und David nennen. Per Päckchen, in dem zwei Kekstüten steckten. Die kennen uns da unten in Bayerns Wäldern wirklich noch nicht. Wir würden ganz bestimmt keine Spreewaldgurken ins Lederhosenparadies schicken, um eine Freundschaft anzubahnen.

Denn so etwas Ähnliches haben Basti, David und Olli augenscheinlich vor.

„Um unser Ziel zu erreichen, brauchen wir dein Feedback als Social-Media-Experte“, schreiben sie. Was unseren Robert schon gleich mal zu einer heftigen Reaktion veranlasste. Und zu hilfeheischenden Blicken in der kleinen Runde. Leo, kannst du mal? Na ja: Leo kann.

Hier der Rest der bayerischen Sprachkunst: „Unser Content Planner (sic!) hilft Teams & Menschen (sic!) wie dir dabei, Inhalte in Social Media so einfach wie noch nie zu erstellen, zu planen und zu veröffentlichen“, preisen sich die drei Bubis aus der Donaustadt an. Fragen Sie mich nicht, wie unser Robert darauf reagiert hat. Der managt bei uns seit zehn Jahren die „Social Media“, mehr zähneknirschend, weil die Dinger nicht wirklich dazu erfunden wurden, Menschen zum ehrlichen Gespräch zu vereinen. Es sind eigentlich Munkelbuden, Tratschhütten, Lästerecken, Stänkerplätze und allerherrlichste Biotope für Trolle, Honks, Miesepeter, Verschwörer und Werbefuzzis.

Womit ich ja beim Thema bin.

Was wollen die drei Bubis von der Donau also von unserem Robert?

Drei Bayern in der Keksschachtel. Foto: L-IZ
Drei Bayern in der Keksschachtel. Foto: L-IZ

„Die Beta-Phase ist jetzt gestartet und wir möchten dich einladen, daran teilzunehmen. Dafür erhälst du Zugang zu neuen Features (sic!) wie z. B. dem Redaktionskalender für Teams (sic!), dem Publisher (sic!) für alle deine sozialen Netzwerke und Content Listen (sic!) zur besseren Übersicht.“

Man merkt: Die waren da unten einfach zu lange von den Amerikanern besetzt. Wie würde das ankommen, wenn ich meine Texte so mit russischen Vokabeln spicken würde? Würde das da unten überhaupt einer verstehen? Ponimaju?

Und dann noch die Kekse – die natürlich nicht aus Bayern kommen: „Wir melden uns einfach in den nächsten Tagen bei dir – bis dahin kannst du dir unsere Likies schmecken lassen ;)“ (sic!)

Das „unsere“ stimmt da schon mal gar nicht, denn die Keksfabrik steht in Verden an der Aller. Das ist in Niedersachsen. Und von der Packung lächelt Anita Freitag-Meyer herunter, die „Chefin der Keks- und Waffelbäckerei Hans Freitag“. Es sind also ihre Likies, wie die Kekse heißen, lauter kleine Kekse mit Schokountergrund, „Buttergebäck mit Schokolade (14 %)“, wie uns die Chefin verrät. Womit ein Kommunikationszeichen des ganz und gar nicht sozialen Netzgewurschtels Facebook auch noch in den Rang einer Keksspezialität erhoben wurde. Was ich schon lange nicht mehr „cool“ finde, eigentlich noch nie fand, alle diese Leute, die Daumen hoch und Daumen runter spielen.

Mit diesem Daumen zeigten einst die Kaiser von Rom an, ob ein im Kampf unterlegener Gladiator kaltgemacht werden sollte oder sein Leben geschenkt bekam. Schon peinlich genug, dass sich Leute auf diesem Marktplatz der Eitelkeiten wie die Kinder benehmen. Und das Fiese an dieser bayerischen Päckchendrohung ist: Die laden unseren Robert tatsächlich dazu ein, ein völlig verkorkstes Produkt noch viel schlimmer zu verkorksen, bis auch noch der letzte Ladenbesitzer nur noch damit beschäftigt ist, seine ganzen „Social Media“-Auftritte zu verwalten, gar mit einem „Content Planner“. Ich sehe die armen Kerle schon vor mir, wie sie jeden Tag vor ihrem Laptop sitzen und versuchen, den ganzen Quatsch im Überblick zu behalten und mit gierigem Blick nach Daumen suchen. Gebt mir doch ein Like! Bitte, bitte! Nur ein Like auf meine Würstchen! Meine Putzdienstleistungen! Meine scharf geschliffenen Schlachtermesser! Ein Like, sonst…

Und so verschwinden sie alle im Nirwana der bekloppten Netzwerke und gieren nach einem Fünkchen Liebe. Wenigstens aus diesem verflixten Sachsen: Habt uns doch endlich lieb!

„SocialHub“ nennen sich die Bubis noch. Hub ist auf Denglisch eine Verladestation, so ein Ding wie in Schkeuditz, wo unsere armen Malocher Päckchen in Flugzeuge stopfen. Nächtlicherweise, wenn die Bayern schlafen und die Sachsen Content verladen. Lauter Krims und Krempel, den die Welt nicht braucht, den aber alle ganz schnell haben wollen. Fixer geht’s gar nicht. Lauter schicke neue Features fürs Wegschmeißen.

Wer will denn jetzt diese Kekse haben?

Hallo, Robert, deine Kekse!

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Wenn die dann anrufen, könntet ihr das bitte aufzeichnen? Ich bin doch zu gespannt auf dieses Gespräch.^^

Schreiben Sie einen Kommentar