Ich habe die Absicht, auf meinen Nachbarn positiv im Interesse aller einzuwirken. Dass er zukünftig seine Schuhe nicht mehr vor die Tür stellt. Denn es stinkt. Im Gang, im Geschoss, im ganzen Haus. Ich werde mit ihm reden, freundlich, aber bestimmt und ihn bitten, seine Drecksquantenschützer bitteschön ausgesprochen gefälligst mit in seine komplett versumpfte Wohnbuchte zu nehmen, um einen Beitrag für seine direkte Umwelt zu leisten.
Zu diesem Zweck werde ich mich zukünftig früher aus dem Haus begeben, dann später, vielleicht auch mal mittags – nur so zu Schein – um ihn irgendwann ganz zufällig beim Heimkommen zu treffen. So auf halber Treppe, mit der Hand am Geländer und wenn er – Guten Tag – Ja auch – an mir vorüber ist, ihn von zwei Stufen oberhalb herab ansprechen. So aus der psychologisch besseren Situation heraus.
Bitte werde ich sagen, bitte stellen sie doch ihre Schuhe hinein in ihre Wohnung und nicht mehr in den Flur. Denn das gehört sich nicht. Das muss reichen, über den eigentlichen Grund kann man ja nicht sprechen. Das wäre peinlich, das gehört sich auch nicht.
Und wenn er fragt? Dieser impertinente Kerl? Zuzutrauen wärs ihm. Statt einfach höflich und leise die Schuhe verschwinden zu lassen, womöglich die Frage, warum denn seine versifften Treter nicht da stehen dürfen, wo sie derzeit Abend für Abend fest schimmeln und das Hausklima verpesten. Er wird fragen, weil diesem ordinären Menschen nichts heilig ist.
Seit gestern sind es also zwei Paar seiner Schuhe, heute kam das dritte hinzu – unmöglich ihn nun zum Einlenken zu bringen. Es ist die reinste Schuh – Epidemie, teuflische Methangerüche in Bodennähe, ein leichter Gelbschimmer liegt in der Luft, die Fenster zum Hof zeigen erste Risse.
Nun stehen auch meine Schuhe im Flur, am linken Türpfosten. Präpariert mit bestem Buttersäuredestillat mit einer schweren Grundnote Vitriolöl . Feinste Mischung – ein 36er Jahrgang aus Großmutters Widerstandskeller. Und das so lange, bis sie ökologische Fußabdrücke im Boden gebildet haben, sich der Putz von der Wand löst und die Hausstaubmilben Onlinepetitionen einreichen ob der infernalischen Geruchsentwicklung.
Oder er gibt auf.
Die Fensterritzen sind abgedichtet, die Gasmaske ist bestellt, der Sauerstofftauscher bereits installiert. Ich habe Zeit.
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