Der Fisch stinkt vom Kopfe her? Aber sicher doch! Es müffelt ganz gewaltig, wenn im Angesicht eines Frontaldesasters vom Lebenswerk die Rede ist. Das hat etwas so Urväterliches, bei manchem ist dieses Geschnatter die Vorbereitung auf den nahen Tod. Aufgebaut hat er, der Patriarch, mächtige Reiche des Konsums geschaffen, Menschen Lohn, Brot und Toilettenpapier gegeben. Solche Bilder gefallen uns, sie haben so etwas Biblisches. Und genau so alt sind sie dann auch - die Ideen des Anton S. und seiner Laufburschen.
In rasanten Aufbauzeiten nach dem Krieg, als es gerade mal wieder Drogerien, Einzelhändler und kleine Läden in den Städten gab, da konnte man diese eine betriebswirtschaftlich leicht zu verstehende Idee als das neue dicke Ding verkaufen. Viele, große Läden aufmachen, die alles in Massen billig ein- und verkaufen. Statt Tresen nun Aufstellwände, statt Frage-Antwort stummer Abkauf. Fast hätte es zum automatisierten Laden ohne Personal gereicht, aber da fehlte dann doch ein wenig Gegenwärme an der Kasse.
Man verlief sich nur nicht in den neuen Hallen, da ein standardisiertes Leitsystem und die immer gleichen Farben den zum Regalzombie mutierten Ratloskäufer bis zur Kasse führten, wo eine freundlich lächelnde Tastenautomatin den Preis eintickerte.
Man konnte nun endlich das Geschäft weitgehend kommunikationsbefreit und mit einer geklauten Zigarettenschachtel in der Tasche verlassen und brauchte sich nicht einmal mehr ein Gesicht zu merken. Das war nun die Kassenelse und morgen sitzt eine andere da, die noch schöner lächelt.
Und so leben wir bis heute – zwischen den Aldis, Lidls, Nettos, Pennys, Rewes und bis eben noch den Schleckers dieser uniformen Welt. Und die Joblinge, die einst noch die bekannten Gesichter hinterm Tresen bei Traudels Eckladen waren, hängen heute eben bei den Ketten an der Kette. Traudel selbst strickt längst zu Hause für die Enkel, der Versuch mit dem Großhandel scheiterte grandios an ihrer sozialen Ader.
Es entstanden dabei mit der Zeit auch Systeme voller anonymer Duckmäuser, Arschkriecher und obrigkeitshöriger Mitläufer, welche bis hinab zur Warenannahme reichen und oben gern gesehen waren. Längst nicht erst seit Stromberg bekannt – wer fleißig buckelt, auch mal hier und da Videokameras einbaut oder eine neue Gewerkschaftsgründung meldet – der steigt empor in Richtung Patriarchenhimmel. Um dort bei einem beiläufigen Dankeschön aus diesem umgehend feuchte Hände vor Erregung zu bekommen.
Irgendwie so wirkten heute auch die beiden bald Ex-Geschäftsführer des derzeit noch untergetauchteren Weltenlenkers Anton S. – wie Resultate eines Systemfehlers. Mit dem gelernten Managerdreierhopp “Entlassen, Verlagern, Standardisieren” sollten eben manche Männer mal versuchen einen Haushalt zu führen.
Doch keiner hat es kommen sehen – keiner. Nun die lächelnde Tastenautomatin vielleicht schon. Doch deren Gesicht, geschweige ihre Überlegungen konnte sich eben partout keiner mehr merken. Deshalb hat Anton S. nun angeblich auch keine Kröte mehr im einst prall quakenden Privatteich. Der Steuerzahler wird vermutlich helfen dürfen – ironischerweise also auch die Hälfte der bald entlassenen Verkäuferinnen – und ein Insolvenzverwalter verdiente sich krumm und bucklig, müsste er die Bezahlung für diese Planinsolvenz in Hartgeld forttragen.
Also – Es lebe der Eckladen! Er lebe hoch. Denn genau das möchte man doch lieber wieder sein. Traudel hat da sicher einige Tipps auf Lager. Nicht nur für Schlecker.
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