Kater an Erde, bitte kommen! Kater an Erde, bitte kommen! Erde antwortet nicht. Oder? Erde winkt mit kleinem roten Fähnchen. Wenn ich die Lauscher aufspanne, dann hört man ein kleines Pieps im Äther. Die Erde hat nicht viel Sendeleistung. Aber wenn ich das Fähnchen richtig deute, kann's losgehen. Hau ruck!

Die Aufzugleine spannt sich. Ist zwar nur ein mehrfach geflicktes Wollfädchen. Aber zum Aufstieg in den Orbit reicht das. Muss das reichen. Wir sind ja nicht die NASA. Die Fracht ist viel zu wertvoll. Die Fracht schwankt, die Fracht gerät ins Eiern. Kater an Erde: VORSICHT!!! – Erde winkt mit rotem Fähnchen. Die Fracht beruhigt sich, wird dafür noch ein Stück weit über die Startbahn geschleift, bevor sich der Faden spannt. Der Faden spannt. Man kann es sehen, wie sich aus dem Fädchen noch kleinere Fädchen – PLOING! – lösen. Die Knoten knirschen. Der Faden beginnt zu singen. Jetzt, jetzt hebt die Frachtrakete auf feurigem Strahl …

Ach nö. Wir sind ja immer noch nicht die NASA. Aber die wertvolle Fracht hat abgehoben, schwebt auf einmal groß, gewaltig, lecker über der Erde. Die Erde winkt mit rotem Fähnchen. Die Fracht taumelt, kreiselt, dreht sich mit unheimlicher Eleganz in die Höhe, während der Faden leise vor sich hin knirscht und knistert. Die Garnrolle quietscht. Und Erde ist nicht mehr Erde, denn Erde hat sich in das kunterbunte Wollnetz gekrallt, mit dem die wertvolle Fracht umhüllt ist.

Ich seh sie, wie sie behände und befusse auf die Spitze der Fracht klettert. Ein stolzer kleiner Flieger. Der jetzt wieder winkt und sich dreht und fröhlich vor sich hin piepst. Immer besser zu hören. Denn die Fracht erreicht – mit knirschendem Faden – die Umlaufbahn, eckt an, klirrt leise. Aber da ist die emsige Mannschaft schon zur Raumstation gewechselt, winkt wieder mit rotem Fähnchen, die wertvolle Fracht schwenkt ein, rumpelt über die Landeplattform, gerät ins Schlittern und knallt mit kaum gebremster kosmischer Geschwindigkeit gegen die kosmische Zeitanzeige …

PLÄNG!

Plöng, plöng, plöng, sagt die Zeitanzeige. Irgendwas rasselt in ihrem Inneren. Dann hustet sie noch mal: Plöng.

Stille im Universum.
Wüssten wir nicht, dass die außerirdischen Mutanten heute ihren Besuch beim Onkel Zahnarzt haben, hätten wir jetzt gewaltigen Bammel auf unserer Umlaufbahn. Denn ganz geräuschlos ist die Arbeit als kosmischer Frachtarbeiter ja nun wirklich nicht. Die Strohhalme waren dabei noch das leichteste. Und dass die Frachtrakete jetzt so unversehrt neben der etwas rostigen kosmischen Zeitanzeige steht, ist auf jeden Fall die Krönung einer echt interbestiaren Zusammenarbeit. “Na sdarowje”, begrüßt die katzenartige Frachtermannschaft die neuen Freunde aus dem piepsigen Orbit. – Pieps, sagen die nur, und man spürt, wie stolz sie sind. Da kann man ja gleich mal schauen, was sie da Leckeres angedockt haben. – Alle Mann an die Schleuse! – PIIIIIIIEEEEEPS!

Nein. Kein Klirren von Schlüsseln an der Wohnungstür. Keine schweren Schritte im Flur. Nur der Blechdeckel knirscht ein bisschen, als zwei tapfere Kosmonauten sich ins Zeug legen.

Und wenn nicht Amalia drei Tage später auf die Schnapsidee gekommen wäre, auch mal wieder auf dem Stubenbuffett nach dem Staub zu sehen, hätte sie die leere Flasche mit dem seligen Geist eines umwerfenden Heidelbeerlikörs nie gefunden. Und die beiden Strohhalme. Und die Spuren im Mondstaub, lauter klitzekleine und ein paar große, ineinander verschlungen, als wollten die Außerirdischen der verblüfften Menschheit doch noch eine Botschaft hinterlassen.

Eine Botschaft, die ein genialer Supercomputer vielleicht übersetzt hätte mit den Buchstaben H.I.C.K.S.

Was die staubputzende Menschheit natürlich zu sehr weit gehenden Gedankengängen inspirierte. Erst recht, als sie die aus Wollfäden kunstvoll geknüpfte Startmaschinerie entdeckte. Nur die fremden Astronauten fand sie nicht, so emsig sie auch suchte. Einen hätte sie vielleicht im Bad gefunden in seiner kleinen Seifenschalen-Raumkapsel, friedlich vor sich hin fiepend. Wie man halt so fiept nach unendlichen Weiten im Sternenschiff und ein bisschen viel Heidelbeeraroma im Näschen.

Meint Der Kater.

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