Pappeln, Felder, am Horizont Windmühlen. Man bekommt was zu sehen, auch auf diesem nördlichen Abschnitt des Rundwegs um den Schladitzer See. Die Windräder stehen aufgereiht am Horizont. Tatsächlich stehen sie auf den Feldern zwischen Rackwitz und Biesen. Die Pappeln stehen an einem Weg, der hier als Allee direkt zum See führt. Auch am Ufer stehen Pappeln in loderndem Gold.
Ein Ort zum Innehalten. Eine Bank steht da. Man könnte in aller Ruhe das Seepanorama genießen. Wäre da nicht die große Tafel, die daran erinnert, dass direkt vor unseren Augen ein ganzes Dorf in den Fluten verschwand. Natürlich nur bildlich, denn tatsächlich wurde das Dorf 1985 devastiert, wie das so schön heißt: Die Gehöfte von Lössen wurden abgeräumt. 1988 kamen die Kohlebagger. Da, wo die Wellen funkeln, muss es gewesen sein.
Tatsächlich fielen diesem Tagebau zwei Dörfer zum Opfer. Das andere war Schladitz, dessen alten Standort man freilich nicht im Schladitzer See suchen muss, sondern östlich davon, unter den Feldern Richtung Rackwitz.
Aber für Lössen gibt es hier eine eigene Erinnerungstafel, die die Geschichte des Dorfes und seiner Abbaggerung erzählt. Beinah hätte es auch noch das benachbarte Wolteritz erwischt. Da rechneten die Bewohner 1989 noch fest damit, dass auch dieses Dorf von der Kohle verschlungen wird.
Aber 1991 kam ja hier der Baggerstopp. Wolteritz blieb verschont. Die Geschichte von Wolteritz und Lössen und ihrer Bewohner hat ja erst jüngst Angelika Hofmann in ihrem Buch „Geschichte lebendig erhalten“ gesammelt.
Denn was nicht aufgeschrieben wird, geht verloren. Die Kinder können noch erzählen, die Enkel sind schon in einer Welt aufgewachsen, in der es Lössen und Schladitz nicht mehr gab.
Doch jeder Ort ist besonders. Jedes Dorf. Jede Landschaft. Das merkt man schon, wenn es im Wikipedia-Artikel zu Lössen heißt: „Das Sackgassendorf Lössen am Lober wurde Ende des 12. Jahrhunderts als Wlozne erstmals urkundlich erwähnt. Dieses Wort ist vom altsorbischen Vlozno abgeleitet, was ‚Feuchtigkeit‘ bedeutet.“
Aber an der Feuchtigkeit war natürlich kein Tagebausee schuld, sondern eher der Lober, der hier durch eine nässereiche Landschaft floss. Ja, bis auch er vom Tagebau unterbrochen wurde. Ein paar Teilstücke des alten Lober kann man am Radweg noch finden.
Noch ein Blick durch die goldenen Pappeln auf den See. Weiter begleiten uns Felder, linkerhand und rechterhand manchmal Gebüsch, manchmal Ausblicke auf den See. Manchmal eine Bank für ermüdete Wanderer, die den Ausblick genießen wollen, manchmal ein Tütenhalter für Hundekackbeutel, manchmal ein Parkplatz oder auch nur ein zum Parkplatz umfunktionierter Feldweg.
Augenscheinlich kommen doch die meisten Leute mit Auto zum See. Auch dann, wenn sie nur Gassi gehen wollen mit ihrem Wau oder ein wenig wandern.
Denn hier ist – zumindest an so einem Oktobertag – kein Gedränge. Wandergrüppchen wandern linksherum um den See, Radfahrer fahren im Uhrzeigersinn. Wenn auch nicht alle. Die Zeichen auf dem Asphalt sind nicht verbindlich. Nur eine schöne Empfehlung.
Denn dadurch ist man schon ein wenig abgestrampelt, wenn man auf der Ostseite des Sees an die Schladitzer Bucht kommt und das unübersehbare Camp David, wo man nicht nur sein Segelboot losleinen kann, sondern auch diverse Wassersportkurse belegen kann, Beachball spielen kann und übernachten.
Zum Beispiel im Ferienhaus (hier ist eine ganze Siedlung), im Mobilheim oder im Tenthaus, also einem Zelthaus für die ganze Familie. Was Leute halt so mögen, die mal ein paar Tage rauswollen aus der großen Stadt. Wer nur mal so hier rausradelt, den könnte hier der Hunger packen.
Das Gasthaus Levante lädt auch jetzt noch ein, wenn man so auf die Website schaut. Erst im April wurde es eröffnet. Das wäre dann wohl ein Kennenlerntipp für alle, die noch nicht da waren.
Und unsereins? Ist zu früh. Die Küche hat noch nicht geöffnet. Wir müssen uns mit dem dicken Sandwich aus dem Rucksack begnügen. Und lecker selbst verzapftem Kaffee. Wir sind ja extra so früh losgefahren, weil wir mit gewaltigen Strömen Sonnenhungriger rechneten später am Tag.
Da lieber freie Bahn haben auf schöner Asphaltpiste. Nicht ahnend, dass es hier noch viel schöner gehen könnte. Haben wir vorhin keine Pferdeäppel auf der Fahrbahn gesehen? Haben wir. Zeit, dem Ruf der großen, weiten Welt zu folgen.
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Da fährt man doch noch nicht zurück, einmal geht es doch noch um den Werbeliner See mit Schaufelrad usw..?