Leipzig ist nicht nur eine Stadt, in der sich Menschen aus aller Welt wohl fรผhlen. Abenteuerlustige Leipziger fรผhlen sich auch in aller Welt wohl. So wie zwei ganz besondere Globetrotter, die es in diesem Sommer nach Rusinga Island in Kenia verschlagen hat, wo sie mithelfen, ein Hostel auf die Beine zu bringen. Ein besonderes Hostel, das eine wichtige Rolle fรผr eine Schule am Ort spielt. Aber was hat ein Esel namens Esel damit zu tun?
Hier die Geschichte der beiden, wie sie sie selbst erzรคhlen:
Eine Postkarte aus Afrika mit einem Eselkuss drauf? Bananen mit dem eigenen Namen als Belohnung fuer einen Esel? Einem Esel einen Namen geben, in Afrika? Man stolpert รผber diese Eseleien und stellt sich unweigerlich die ein oder andere Frage. Zum Beispiel โWer will mich hier zum Narren halten?โ.
Hinter der langohrigen Geschichte verbergen sich Wolfram R.(32) und Wibke K.(28), zwei Globetrotter aus Leipzig, die momentan durch Kenia reisen, natuerlich ein Esel und eine verrรผckte Idee fรผr einen guten Zweck.
Zum Esel gekommen โwie die Jungfrau zum Kindโ, sind alle Beteiligten zunรคchst etwas skeptisch, so auch Wolfram. โWir hatten einen Freund hier aus einer Bierlaune heraus gefragt, was denn ein Esel kosten wuerde. Und keine zwoelf Stunden spaeter fanden wir uns auf einem Viehmarkt wieder, versteckt hinter einem Motorrad, damit unsere weiรen Gesichter den Preis nicht verdoppeln, den der Verkรคufer verlangt.โ
Der Geheimniskrรคmerei entspringt schlieรlich Punda, so der Arbeitstitel des Tierchens, welcher im lokalen Dialekt Esel bedeutet. โWir warten noch auf einen richtigen Namenโ erklรคrt Wibke die recht unpersรถnlich wirkende รberlegung. Warten auf einen richtigen Namen?
โJa, wir haben eine Spendenkampagne gestartet, bei der sich der erste, der 100 Euro spendet, einen Namen fuer unseren Esel รผberlegen darf. Hoffentlich kommt keiner auf die Idee, ihn Katasteramt oder Gieรkanne zu nennen. Darauf hรถrt sie doch nie!โ, schmunzelt Wolfram.
Doch 100 Euro erscheint ein wenig teuer fรผr die Taufe eines Esels, kรถnnte man meinen. โWir werden das Geld nicht fรผr den Esel verwenden, fรผr ihr Wohlergehen tragen wir selbst Sorge. Was uns mit unserer Spendenkampagne am Herzen liegt, ist die Grundschule hier auf Rusinga Island, in der wir hier gerade arbeiten. Es ist ein tolles Projekt und wir haben รผberlegt, was wir tun kรถnnen, um Samwel, dem Direktor und unserem Freund, und seinen Schรผlern zu helfen.โ
Die Sargy Primary School, รผber die die beiden reden, ermรถglicht es Kindern, welche aus hauptsรคchlich sehr armen Verhรคltnissen kommen, eine gute, grรถรtenteils kostenlose, nach modernen Montessori-Prinzipien gehaltene Schulbildung zu bekommen. 230 Schueler hat die nur mithilfe von Spendenmitteln gebaute Einrichtung, welche im Juni diesen Jahres den ersten Platz im jรคhrlichen Qualitรคtsvergleich aller 16 Schulen auf Rusinga Island erreichte.
Da der Direktor langfristig plant und nicht fรผr immer auf Spendengelder aus dem Ausland angewiesen sein mรถchte, hatte er die Idee, die wirtschaftliche Grundlage fรผr den Schulbetrieb รผber die Erรถffnung eines Hostels auf der Insel zu schaffen.
โUnd da kommen wir ins Spiel. Wolfram ist Hostelmanager und ich bin Koch. Man kรถnnte also sagen, wir sind vom Fach. Wir haben uns das zukรผnftige Gebรคude angesehen, sind zu dem Schluss gekommen, dass es durchaus funktionieren kann, was Samwel da vorhat, und haben ihm einen Businessplan erstellt. Es braucht allerdings eine Finanzspritze, sonst dauert es mit der Erรถffnung noch ewig und die Hochsaison steht kurz vor der Tรผr. Deswegen haben wir die Spendenaktion gestartetโ, erklรคrt Wibke.
Um darauf aufmerksam zu machen und ein bisschen Spaร bei der Sache zu haben, hatten die beiden Besitzer eines grauen, langohrigen Tieres dann die Idee, mit dem Esel die 150 Kilometer von Kenia nach Uganda zu laufen, ohne Plan und ohne allzu viel Wissen รผber Esel und den Weg in das Herz des Kontinents.
โWir glauben, dass Reiseplรคne sowieso nie wirklich funktionieren und dass es auรerdem viel spannender und lustiger ist, alles auf sich zukommen zu lassen, vor allem in einem fremden Land mit einem zum Glรผck sehr entspannten Esel als Reisegefรคhrten. Und so wie wir die Kenianer bisher kennengelernt haben, sind sie ein sehr offenes, lustiges und hilfsbereites Vรถlkchen. Wir sind optimistisch, dass wir es bis nach Uganda schaffen.โ
Genauso hoffnungsvoll sind die beiden, das Ziel ihrer ungewรถhnlichen Aktion zu erreichen: 5.000 Euro Spenden fรผr das zukรผnftige Hostel. โMit diesem Betrag kรถnnte das Hostel erรถffnet werden und der Schule auf Jahre hinaus geholfen werden. Doch in Kenia zรคhlt wirklich jeder Cent. Und unsere Eselwanderung zeigt nicht nur, wie ernst es uns damit ist, sondern vermittelt unseren Freunden und Bekannten in der ganzen Welt auch einen Eindruck vom Leben in Keniaโ, betont Wolfram. Und so ziehen sie von dannen, vier Hufe und vier Fรผรe, planlos durch Afrika fรผr eine bessere Welt.
***
Und noch als Ergรคnzung: Natรผrlich wird nicht nur der Name fรผr den gemรผtvollen Esel gesucht, der mit den beiden auf den 500 Kilometer langen Spenden-Trail musste. Auf der extra angelegten Website Donkeywalk.weebly.com erzรคhlen Wibke und Wolfgang auch von den durchaus spaรigen Mรถglichkeiten, dem Esel ein paar Bananen zu spenden, Postkarten aus Afrika zu bekommen oder auch schon mal eine freie รbernachtung im Hostel zu gewinnen. Das Geld kommt natรผrlich nicht dem armen Esel zugute, sondern dem Hostel. Und die richtigen Globetrotter unter den Leipzigern haben damit auch schon mal wieder einen neuen Reisetipp. Denn an den Ballermann fahren ja nur die anderen. Die richtigen Abenteurer fahren an Orte mit so einprรคgsamen Namen wie Mbita.
Keine Kommentare bisher