Nicht nur Leipzig, sondern auch das niederbayerische Kelheim erinnert aufwendig an das Jubiläum der Völkerschlacht. Seit 1863 thront eine Befreiungshalle über der Stadt. Im Jahre 1987 machten ein französischer Präsident und ein westdeutscher Bundeskanzler dem Monument an der Donau gemeinsam die Aufwartung. Soviel Glanz fällt auf Leipzig 2013 wohl nicht.
Regensburg in der Oberpfalz und Leipzig haben verschiedene Gemeinsamkeiten. Beide Städte beheimateten einen international renommierten Knabenchor. In beiden Städten rollen Autos der Marke BMW vom Band. Und in beiden Städten stritt ein gewisser Johannes Eck (1486 – 1543) im Disput mit den Reformatoren Martin Luther (Leipzig, 1519) und Philipp Melanchton (Regensburg, 1541) für den römisch-katholischen Glauben.
Doch in diesem Jahr gibt es noch ein weiteres, was die Stadt an Donau und Regen mit der Stadt an Weißer Elster und Pleiße gemein haben: die Erinnerung an die antinapoleonischen Befreiungskriege nebst den in der Nähe stehenden Denkmalen.
Seit dem 10. November letzten Jahres zeigt das Historische Museum Regensburg die Sonderausstellung “Befreiungshalle Kelheim und König Ludwig I.”. Etwas stromauf von Regensburg thront nämlich seit dem Oktober 1863 die Befreiungshalle Kelheim.
“Das bekannte Wahrzeichen oberhalb der Kreisstadt ist somit bereit für die Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag der Befreiungshalle im kommenden Jahr”, teilte die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen kurz vor Weihnachten mit. Für 2,2 Millionen Euro bekam die Halle ein neues Dach.
Mit der Befreiungshalle wollte Bayerns Ex-König Ludwig I. einer “größeren deutschen Nation” ein Monument errichten. Der von 1786 bis 1868 lebende Wittelsbacher saß zwischen 1825 und 1848 auf dem bayerischen Königsthron. Im Revolutionsjahr 1848, als so mancher europäische Thron gefährlich wackelte, blieb ihm zur Rettung der Monarchie nur der Thronverzicht zu Gunsten eines Verwandten. Wie dem österreichischen Kaiser Ferdinand I. übrigens auch.
Danach versuchte sich der Bayern-König im Ruhestand als Bauherr. Zur 50. Wiederkehr der Leipziger Völkerschlacht ließ er von Friedrich Gärtner und Leo von Klenze eine Gedenkstätte an die antinapoleonischen Befreiungskriege 1813 – 1815 errichten. Am 18. Oktober 1863 erfolgte die Einweihung.Das an antiken Vorbildern orientierte Bauwerk hat es mit der Zahl 18: Der Sockel der 45 Meter hohen Halle kommt als achtzehneckiges Polygon daher. Am 18. Oktober 1813 wurde Napoleon bei Leipzig geschlagen, am 18. Juni 1815 erlebte er sein finales Waterloo.
Auf den 18 Strebepfeilern an den 18 Ecken thronen 18 Allegorien auf deutsche Stämme. Die seit 1945 ehemaligen preußischen Ostprovinzen sind hier ebenso vertreten wie Tiroler und Österreicher sowie die Böhmer und die Mährer. Die beiden Letztgenannten realisierten ihre nationale Selbstbestimmung 1918 dann doch lieber im tschechoslowakischen Staatsverband.
Zu diesen 18 Allegorien gesellen sich 16 Siegesgöttinnen. Macht in Summe 34. Diese Zahl soll für die Anzahl der souveränen Einzelstaaten stehen, die seinerzeit den Deutschen Bund bildeten. Das heutige Österreich und das heutige Tschechien zählten damals zu diesem Bunde.
So ist die Einheits-Botschaft dieses Befreiungsmonuments ganz augenscheinlich eine zutiefst zeitgebundene politische: Die Bestrebungen nach nationaler Einheit sollten sich staatsrechtlich nach föderalistisch-monarchischem Prinzip vollenden, und territorial “großdeutsch”, wie man weiland sagte. Fall eins trat 1871 bekanntermaßen ein, der zweite Wunsch war nach dem Deutschen Krieg von 1866 und der österreichischen Niederlage gegen Preußen perdu.
“Der Begriff Freiheit ist wie eine Hure”Nun soll der Bau über der Donau ja von der Freiheit künden. “Der Begriff ,Freiheit’ ist wie eine Hure, kein anderer Begriff wurde so stark interpretiert und missbraucht wie die Freiheit”, sagte der Kelheimer Christoph Lickleder im vergangenen November der Süddeutschen Zeitung im Rückblick auf die deutschen Geschichte der letzten 150 Jahre. Im Oktober 1913 trafen sich in Kelheim zum Doppeljubiläum von Schlacht und Denkmal jene, die auch den Leipziger Neuling einweihten und nur Monate später einen verheerenden Krieg losbrachen. Auch Adolf Hitler nutzte die Kelheimer Befreiungshalle für propagandistische Auftritte.
Der Pensionär Lickleder koordiniert die diesjährigen Kelheimer Jubiläumsfeierlichkeiten. Als sein Credo verriet er der Süddeutschen anlässlich der Eröffnung der Regensburger Ausstellung: Über Europas großem, verbindenden Fluss gelegen, vereine die Befreiungshalle unter ihrem frisch renovierten Dach ein gedeihliches Miteinander der Nationen.
Am 5. Mai 2013 feiert Kelheim im Jubiläumsjahr ein Historisches Fest mit Offiziellem Festakt. Anfang Juni erklingen in der Halle vier Klanginstallationen zum Thema Freiheit.
Deutsch-französische Versöhnungsgeste an der Donau
Anders als das Leipziger Völkerschlachtdenkmal hat die Kelheimer Befreiungshalle auch eine große deutsch-französische Versöhnungsgeste erlebt. Drei Jahre, nachdem sich Frankreichs Staatspräsident Francois Mitterrand und der westdeutsche Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) auf den Schlachtfeldern von Verdun die Hände reichten, besuchten sie am 22. September 1987 das Monument über der Donau. Für die Staatenlenker wurden extra Pontons zum Überqueren des Stromes gelegt.
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Jener Tag im September 1987 war schon damals nicht mehr der ganz große Kracher. Der Händedruck von Verdun 1984 prägte sich in das kollektive Gedächtnis ein. Und mit dem September 1987 verbinden viele Deutsche den ersten offiziellen Besuch eines DDR-Staatschefs in der Bundesrepublik. Für Erich Honecker war es das Symbol der internationalen Anerkennung der DDR, auf das er so lange hingearbeitet hatte. Gut zwei Jahre später setzten Menschen die Wiedervereinigung auf die Tagesordnung.
Der ganz große politische Auftritt wird beim diesjährigen Leipziger Völkerschlachtjubiläum wohl ausbleiben (die L-IZ berichtete ja schon). Zum Jubiläum der Varusschlacht 2009 kam Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel als Schirmherrin noch persönlich in den Teutoburger Wald. Zum diesjährigen Leipziger Jubiläum im Oktober 2013 ist solcherart Prominenz bislang nicht angekündigt. Ob das nur an der nahenden Bundestagswahl im September liegt?
www.befreiungshalle.org/ausstellung-befreiungshalle-kelheim-koenig-ludwig-I.html
www.schloesser.bayern.de/deutsch/schloss/objekte/kelheim.htm
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