In Leipzig steht er in klein. Und verursacht bei allen Leuten, die das Zeitgenössische Forum besuchen, immer wieder Diskussionen: Wolfgang Mattheuers Plastik "Jahrhundertschritt". Ursprünglich sollte sie hier als Kolossalplastik stehen. Doch dieses Erlebnis bekommen jetzt erst einmal die Potsdamer.
Am Sonntag, 16. September, um 11 Uhr wird in Potsdam der monumentale “Jahrhundertschritt” von Wolfgang Mattheuer feierlich eingeweiht.
SAP-Gründer und Kunstmäzen Hasso Plattner erwarb das Unikat des 5 Meter hohen “Jahrhundertschritts” für seine Kunstsammlung. Bis zur Vollendung der geplanten Kunsthalle Hasso Plattners, die er am Rande von Potsdam eigens für seine Sammlung bauen lassen will, wird der “Jahrhundertschritt” im Hof des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte einen vorläufigen Platz finden.
Die Idee für die hier erstmals der Öffentlichkeit vorgestellten Plastik wurde von Wolfgang Mattheuer und Prof. Dr. Hermann Schäfer, damals Direktor des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, Ende der 90er Jahre entwickelt. Prof. Dr. Schäfer regte die Vergrößerung der ursprünglich 250 Zentimeter großen Plastik an, um sie vor dem Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig aufzustellen.
Dieses Vorhaben scheiterte aus Platzgründen.
Danach legten sich beide auf einen Standort in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes fest. Nach jahrelangen vergeblichen Bemühungen die Plastik in der Nähe des Reichstages aufzustellen, ist Ursula Mattheuer-Neustädt, die Witwe Wolfgang Mattheuers, sehr glücklich, dass die Plastik jetzt – mehr als acht Jahre nach dem Tod Wolfgang Mattheuers – einen angemessenen Standplatz finden wird.
“Da hat er uns wieder einen ordentlichen Sprengsatz untergeschoben”, äußerte sich ein Kulturfunktionär, als er den “Jahrhundertschritt” im Mai 1985 auf der 11. Kunstausstellung des Bezirks Leipzig sah. Mattheuer schuf mit dem “Jahrhundertschritt” eine der berühmtesten politischen Plastiken des 20. Jahrhunderts – ein Mahnmal, das an die beiden großen Diktaturen des letzten Jahrhunderts erinnert und dessen nackter Fuß Hoffnung für das jetzige Jahrhundert symbolisieren soll.
Bernd Lindner schrieb: “Die vier Gliedmaßen der Figur streben so heftig auseinander, dass sie diese schier zu zerreißen drohen: Den rechten Arm zum faschistischen Gruß ausgestreckt, die linke Hand zur proletarischen Faust geballt, hinkt das von einer Blutspur gezeichnete linke Stiefelbein dem ungestüm ausschreitenden […]” blanken Bein, dass hoffnungsvoll ins neue Jahrhundert weist, hinterher.
Wolfgang Mattheuer “Jahrhundertschritt”. Einweihung in Potsdam am Sonntag, 16. September, um 11 Uhr im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (Kutschstall, Am Neuen Markt 9).
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