Geschätzt vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Herzschwäche, etwa die Hälfte der Patient/-innen ist an einer Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion erkrankt. Welchen Einfluss hat Ausdauer- und Krafttraining auf den Verlauf dieser oft lebensbedrohlichen Erkrankung? Dazu liefert die weltweit bisher umfangreichste Studie, die unter der Leitung von Wissenschaftler/-innen des Deutschen Herzzentrums der Charité Berlin, der Universitätsmedizin Leipzig, der Universitätsmedizin Rostock und der TUM Universitätsklinik München im Journal Nature Medicine erschienen ist, wichtige Erkenntnisse.
Bei der Herzinsuffizienz, auch Herzmuskelschwäche oder Herzschwäche genannt, ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Unabhängig von der Ursache unterscheiden Mediziner/-innen zwei Formen der Herzschwäche: Kann der Herzmuskel nicht mehr stark genug pumpen, entsteht die „Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion“ – Heart Failure with reduced Ejection Fraction, kurz: HFrEF.
Dem gegenüber steht bei rund der Hälfte aller Betroffenen die Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion, Heart Failure with preserved Ejection Fraction, kurz: HFpEF. Dabei liegt die relative Auswurfleistung des Herzens noch im normalen Bereich, aber das Herz kann sich zwischen zwei Herzschlägen nicht richtig entspannen und das Blut daher nicht gut aufnehmen. Die HFpEF führt zu ähnlichen Beschwerden und Risiken wie die HFrEF, jedoch stehen für diese Form der Herzschwäche weit weniger Behandlungsoptionen zur Verfügung.
Einfluss von Bewegung auf die Erkrankung und Lebensqualität
Welchen Einfluss hat gezieltes körperliches Training auf den Verlauf der Erkrankung und die Lebensqualität der Patient/-innen?
Dieser Frage ist ein Forschungsteam um Prof. Frank Edelmann (Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Virchow-Klinikum des Deutschen Herzzentrums der Charité, DHZC, und Professor für kardiovaskuläre Prävention), Prof. Rolf Wachter (Professor für Klinische und Interventionelle Kardiologie an der Universität Leipzig und Stellvertretender Klinikdirektor der Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig), Prof. Burkert Pieske (Leiter des Bereichs Herzinsuffizienz der Abteilung Kardiologie, Universitätsmedizin Rostock) und Prof. Martin Halle (Ärztlicher Direktor der Präventiven Sportmedizin und Sportkardiologie des TUM Universitätsklinikums München) nachgegangen.
Die Studie Exercise training in Diastolic Heart Failure (Ex-DHF), gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), wurde an elf Standorten in Deutschland und Österreich durchgeführt und schloss 322 Patient/-innen mit HFpEF ein, die nach dem Zufallsprinzip entweder einem einjährigen, strukturierten Trainingsprogramm oder der üblichen medizinischen Versorgung zugewiesen wurden.
„Bezogen auf die Anzahl der Studienteilnehmer und die Beobachtungszeit ist dies die weltweit bisher umfangreichste Untersuchung zu diesem Thema“, sagt Prof. Frank Edelmann von der Charité Berlin.
Aufbau des Trainingsprogramms
Das Trainingsprogramm bestand aus einer Kombination von Ausdauer- und Krafttraining, bei dem die Teilnehmer/-innen dreimal wöchentlich unter Anleitung trainierten. Zu Beginn umfasste das Training 30 Minuten moderates Fahrradfahren, das über drei Monate schrittweise auf 60 Minuten gesteigert wurde. Nach vier Wochen wurde zusätzlich ein Krafttraining für die großen Muskelgruppen integriert. Insgesamt trainierten die Patient/-innen ein Jahr lang.
Der Erfolg des Trainings wurde primär mit dem sogenannten „modifizierten Packer-Score“ gemessen, der verschiedene Parameter wie Symptome, Belastbarkeit, Krankenhausaufenthalte und allgemeines Wohlbefinden kombiniert. Zudem wurden die NYHA-Klasse und die Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO₂) erfasst. Die NYHA-Klasse ordnet Erkrankte je nach Schweregrad ihrer Herzinsuffizienz ein. Die Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO₂) gibt an, wie viel Sauerstoff der Körper bei körperlicher Anstrengung aufnehmen kann.
Die Ergebnisse der Studie haben die Wissenschaftler/-innen aktuell in Nature Medicine veröffentlicht, einer der weltweit bedeutendsten Fachzeitschriften für medizinische Forschung. Zusammengefasst konnte nach einem Jahr Training bei den meisten Patient/-innen zwar keine signifikante Verbesserung des modifizierten Packer-Scores als Kombination verschiedener Gesundheitsparameter festgestellt werden. Allerdings verbesserten sich zwei der fünf Komponenten signifikant: Die Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO₂) und die NYHA-Klasse, was auf eine gesteigerte Belastbarkeit und eine verringerte Symptomatik hinweist.
Bewegung als wertvolle Ergänzung zur Behandlung
„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass körperliches Training zu einer Verbesserung der Belastbarkeit führt, aber zumindest innerhalb des ersten Jahres nicht verhindert, dass Patientinnen und Patienten wegen Herzschwäche ins Krankenhaus müssen“, folgert Prof. Rolf Wachter, Kardiologe der Universitätsmedizin Leipzig.
„Wir können unseren Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Auswurffraktion nach diesen Ergebnissen ein strukturiertes körperliches Training empfehlen, denn es ist sicher und verbessert die Leistungsfähigkeit und die Symptomatik“, ergänzt Prof. Burkert Pieske, Kardiologe der Universitätsmedizin Rostock.
Über den Studienverlauf von einem Jahr trainierten nur 48 Prozent der Patient/-innen in der Trainingsgruppe mindestens zweimal pro Woche, diese Gruppe hatte den größten Nutzen in der Studie.
„Die Studie führt uns sehr eindrücklich vor Augen, wo das Problem bei Trainingsinterventionen liegt: Wir müssen es besser schaffen, dass die Patienten über einen längeren Zeitraum das Training beibehalten“, fasst Prof. Martin Halle von der Technischen Universität München zusammen.
Originalpublikation in Nature Medicine: „Combined endurance and resistance exercise training in heart failure with preserved ejection fraction: a randomized controlled trial“
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