Etwas läuft gewaltig falsch in unserer Gesellschaft. Immer mehr junge Menschen in Sachsen erhalten die Diagnose Depression. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des BARMER-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor. Demnach bekamen im Jahr 2018 sachsenweit gut 9.900 junge Menschen zwischen 5 und 24 Jahren eine depressive Episode diagnostiziert. Im Jahr 2023 waren es aber schon mehr als 14.600 Betroffene. Das entspricht einem Zuwachs um knapp 48 Prozent binnen sechs Jahren.
Ein möglicher Auslöser dieser Entwicklung: Den mit Abstand größten Anstieg innerhalb eines Jahres gab es mit Ausbruch der Corona-Pandemie von 2020 auf 2021 von etwa 2.400 auf gut 13.800 Fälle.
Besorgniserregender Trend erkennbar
„Die deutliche Zunahme an Depressionen bei jungen Menschen ist besorgniserregend. Dabei hat die Erkrankung viele Gesichter und wird nicht immer sofort erkannt. Selbst wenn Betroffene oder Angehörige merken, dass etwas nicht stimmt, fällt ihnen konkrete Unterstützung mitunter schwer“, sagt Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Sachsen.
Vor diesem Hintergrund bietet die BARMER in Kooperation mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention ab sofort kostenlose digitale „Mentale Erste Hilfe“-Seminare für Jugendliche und junge Erwachsene an.
„Es geht darum, erste Anzeichen psychischer Belastungen bei sich selbst und anderen frühzeitig zu erkennen. Die Teilnehmenden lernen zum Beispiel, wie sie Belastungen des Alltags von Erkrankungen unterscheiden. Außerdem erfahren sie, wann, wo und wie professionelle Hilfe hinzuzuziehen ist und wie sie ihre psychische Gesundheit stärken könnten“, sagt Seminarleiterin Dr. Ines Keita, Psychologin und stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Sie bekommen unter anderem Wege aufgezeigt, wie psychische Beschwerden im eigenen Umfeld passend angesprochen und Angehörige dabei unterstützt werden können, sich professionelle Hilfe zu suchen.
Anstieg vor allem bei Mädchen und jungen Frauen
Wie aus der BARMER-Auswertung weiter hervorgeht, leiden vor allem Mädchen und junge Frauen an Depressionen. Demnach ist die Fallzahl in Sachsen zwischen den Jahren 2018 und 2023 von circa 6.600 auf über 10.000 Betroffene gestiegen. Dies entspricht einem Plus von gut 52 Prozent. Bei Jungen und jungen Männern ist die Fallzahl von rund 3.300 auf fast 4.600 gestiegen, was einen Zuwachs von 39 Prozent ausmacht.
„Wir wissen schon lange, dass geschlechtsspezifische Unterschiede existieren. Dafür gibt es unterschiedliche biologische und psychosoziale Erklärungen. Mädchen und Frauen sprechen beispielsweise eher über ihre Ängste und Stimmungsschwankungen und gehen damit auch zum Arzt, sodass die Diagnose häufiger gestellt wird. Das erklärt aber nicht die großen Häufigkeitsunterschiede. Unterschiede in den Genen, den Hormonen und anderen biologischen Aspekten werden ebenfalls in der Wissenschaft diskutiert“, so Dr. Ines Keita weiter.
Steigende Depressions-Diagnosen in allen Bundesländern
Laut der BARMER-Auswertung ist die Zahl der jungen Menschen mit Depressionen in allen Bundesländern zwischen den Jahren 2018 und 2023 gestiegen. Die größte Steigerung gab es geschlechtsübergreifend mit rund 51 Prozent in Sachsen-Anhalt von circa 6.100 auf 9.200 Betroffene und die geringste mit einem Zuwachs von 17 Prozent in Baden-Württemberg von 41.500 auf 48.600 Betroffene.
Die meisten Fallzahlen gab es in Nordrhein-Westfalen, die von 75.300 auf 94.400 anstiegen. Die wenigsten Diagnosen erfolgten im Saarland, deren Zahl von 2.700 auf 3.300 zunahm.
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