Delfintherapie, Reittherapie, Therapie mit Bauernhoftieren – der Einsatz von Tieren in der Arbeit mit Patient/-innen hat eine lange Tradition. Bereits Florence Nightingale, die als Gründerin der modernen Krankenpflege gilt, wusste um die „heilende“ Wirkung von Tieren und empfahl im 19. Jahrhundert besonders Vögel als Gesellschafter am Krankenbett. Auf der Palliativstation des Universitätsklinikums Leipzig ist seit kurzem eine Hündin im Einsatz, die im September ihre Ausbildung zum Therapiehund beginnt.
Donnerstagmittag auf der Palliativstation des Universitätsklinikums Leipzig (UKL). Teamleiter Matthias Krumpe trifft letzte Absprachen mit seinen Kolleg/-innen, bevor er sich in seine Mittagspause verabschiedet. Diese verbringt er meist im nahegelegenen Friedenspark, denn dort kann auch Mila eine Runde laufen.
Mila, das ist ein sechs Monate alter Mischling – halb Rhodesian Ridgeback, halb deutscher Boxer – mit kurzem, hellbraun glänzendem Fell und charakteristischer schwarzer Schnauze. Neugierig durchstreift sie die Räume der Palliativstation, hält ansonsten aber Abstand – sehr angenehm für Menschen, die Hunden, egal welcher Größe und Rasse, mit großem Respekt begegnen.
Erst wenn man ihr die Hand hinhält, kommt sie, um „Hallo“ zu sagen. Mila habe ein gutes Gespür für Situationen, sagt Pfleger Matthias Krumpe. „Sie weiß genau, zu wem sie gehen kann und zu wem nicht.“ Das liege in der Natur der Sache, den sowohl Boxer als auch Rhodesian Ridgebacks gelten als intelligente, familienfreundliche und loyale Begleiter, die Fremden gegenüber aber eher zurückhaltend sind.
Damit erfüllt Mila eine wichtige Voraussetzung für ihre künftige Aufgabe als Therapiehund der Palliativstation, die sich mit dem kleinen Mischling einen Wunsch erfüllt. „Wir wollten unseren Patient/-innen etwas Gutes tun und waren deshalb schon länger auf der Suche nach einem Therapiehund, haben aber keinen passenden gefunden“, erzählt Matthias Krumpe. Am Ende habe er sich dann dazu entschlossen, sich selbst einen zuzulegen – obwohl das Kapitel nach dem Tod seines letzten Hundes eigentlich für ihn abgeschlossen war.
Mila begeistert Patient/-innen und Pflegekräfte
Anfang des Jahres war es dann so weit: Matthias Krumpe konnte Mila, die in Osnabrück geboren wurde, zu sich nach Leipzig holen. Seitdem sorgt sie auf der Palliativstation für gute Laune und nicht nur dort. „Ich merke das jeden Morgen, wenn ich mit ihr unten ins Haus komme, freut sich als erstes der Pförtner und streichelt sie kurz. Wenn ich hochkomme, freuen sich die Kolleg/-innen, sie zu sehen. Das ist wie eine Art Aufsteller für den Tag.“
Hauptfokus von Mila ist und bleibt aber die Arbeit mit den Patient/-innen der Palliativstation. Hier sind der Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt: Wer mag und dazu in der Lage ist, kann mit ihr spazieren gehen, sie streicheln oder einfach nur ihre Anwesenheit genießen.
„Es ist mittlerweile wissenschaftlich bewiesen“, erklärt Matthias Krumpe, „dass die sogenannte tiergestützte Therapie das Wohlbefinden von Patient/-innen steigern kann, indem sie für Ablenkung und positive Emotionen sorgt.“ In der Folge schüttet der Körper Oxytocin aus, ein Hormon, das unter anderem dafür bekannt ist, Stress und Ängste zu reduzieren. „Das ist natürlich kein Ersatz für die Therapie, die unsere Patient/-innen hier erhalten“, betont Matthias Krumpe, „aber eine gute Unterstützung.“
Einsatz unter Auflagen
Voraussetzung dafür war neben der Zustimmung der Klinikleitung ein bestandener Wesens- und ein Stresstest Milas in einem vollen Einkaufszentrum. Und auch die anderen Auflagen erfüllen Mila und Matthias Krumpe zuverlässig – allen voran die regelmäßigen Untersuchungen beim Tierarzt auf Parasiten. Als angehender Therapiehund ist für Mila zudem ein vollständiger Impfpass Pflicht.
Rohes Fleisch dagegen ist für sie tabu, um eine eventuelle Übertragung von Salmonellen auf die häufig immunabwehrgeschwächten Patient/-innen zu verhindern. Bis Mila tatsächlich als Therapiehund zum Einsatz kommt, wird es aber noch eine Weile dauern. Denn zunächst muss sie ihre Ausbildung absolvieren. Diese dauert rund ein halbes Jahr und wird individuell auf sie und ihr Herrchen zugeschnitten.
„Mila und ich sind dann ein Team“, erklärt Matthias Krumpe, „das heißt, wir lernen gemeinsam und führen die Therapie dann auch gemeinsam durch.“ Wie diese dann konkret aussieht, wird sich zeigen, und auch, ob sich Milas Einsatz am Ende tatsächlich nur auf die Palliativstation beschränkt. Matthias Krumpe jedenfalls kann sich vorstellen, auch anderen Stationen des UKL ihre Unterstützung anzubieten. Er denkt dabei zum Beispiel an den onkologischen Bereich der Kinderklinik. „Das wäre ein schöner Benefit für die kleinen Patienten.“
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