Es ist schon erstaunlich, dass eine Gesellschaft, deren Grundprinzip das Übermaß ist, so viele Probleme mit Suchterscheinungen hat. Sie führt einen geradezu wilden wie sinnlosen Kampf gegen „illegale Drogen“. Als würden Drogen einen Unterschied machen, ob sie legal (wie Alkohol, Zucker, social media oder Medikamente) sind, oder illegal. Krank und süchtig machen sie alle. Einmal im Jahr gibt Leipzig einen Bericht heraus, der den sichtbaren Teil der Suchtprobleme in der Stadt zeigt.
Der aktuelle Suchtbericht 2023 mit den Daten aus 2022 liegt vor. Er zeigt, dass sich das Niveau der Beratungszahlen und der Präventionsangebote wieder auf die Anzahl in den Jahren vor der Corona-Pandemie eingependelt hat, schätzt die Stadt ein.
In den neun Suchtberatungs- und Behandlungsstellen im Stadtgebiet wurden 4.229 Behandlungsfälle mit Alkohol- und Drogenproblemen, mit Glücksspielsucht und / oder übermäßigem Medienkonsum betreut, was eine leichte Zunahme im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. (2021: 4.139 Behandlungsfälle). Der Großteil wurde wegen einer eigenen Problematik betreut (3.787 Personen). Darüber hinaus wurden 442 Angehörige von Menschen mit Suchtproblematik beraten, denn für die Angehörigen kann die Sucht eines Menschen ein noch viel größeres Problem werden. In 1.610 Fällen (43,4%) kamen die Ratsuchenden auf Grund einer Alkoholproblematik (2021: 1.520 Fälle, 42,8%).
Die Anzahl von Fällen mit primärer Stimulanzienabhängigkeit oder schädlichem Gebrauch von Stimulanzien als Hauptdiagnose sank im Vergleich zum Vorjahr von 826 auf 778 Fälle. Diese Fälle sind mit einem Anteil von 21% allerdings weiterhin zweithäufigste Hauptdiagnose in der Suchtberatung. Stimulanzien sind all die Aufputschmittel, die z.B. als Amphetamine, Crystal Meth oder Ecstasy auf dem Markt sind.
Der Anteil von Missbrauch oder Abhängigkeit von Cannabis ist mit 636 Fällen (17,1%) vertreten und im Vergleich zum Jahr 2021 um 67 Fälle (1,1%) gestiegen. Die Hauptdiagnose Opioidabhängigkeit kam in 363 Fällen (9,8%) vor. 2021 lag die Zahl der Fälle bei 404.
Prävention fängt in der Schule an
Die Zahlen zeigen, dass differenzierte Angebote in der Suchthilfe notwendig sind. Suchtprävention spielt dabei eine große Rolle. Allein die von der Stadt Leipzig geförderten Jugendschutzprojekte haben im letzten Jahr 3.925 Kinder und Jugendliche erreicht (2021: 3.630). Die Polizeidirektion organisierte zusätzlich 142 Präventionsveranstaltungen für 2.960 Schülerinnen und Schüler, 269 Pädagoginnen und Pädagogen sowie 334 Eltern und konnte damit alle Zahlen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln.
In der Arbeit mit Jugendlichen zum Thema Cannabis wurde deutlich, so die Stadt, dass die geplante Cannabis-Freigabe der Bundesregierung und die damit verbundenen anhaltenden Diskussionen zur Folge haben, dass Jugendliche – fälschlicherweise – einen leichteren Zugang für sich selbst erwarten. Information, Aufklärung und die Sicherung des Kinder- und Jugendschutzes werden bei diesem Thema weiter eine herausfordernde Rolle spielen.
2022 hat sich eine Suchtberatungs- und Behandlungsstelle am Bundes-Projekt DigiSucht beteiligt. Die DigiSucht Plattform wird im Rahmen einer Modellphase getestet und evaluiert. An dem Modellbetrieb und der Onlineberatung beteiligen sich bundesweit über 40 Suchtberatungsstellen. „Onlineberatung ist ein moderner Baustein, der die vorhandenen Angebote ergänzt“, so Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch. „Ich freue mich, dass auch eine Leipziger Beratungsstelle diesen Prozess aktiv vorantreibt und als Multiplikator für die anderen Beratungsangebote in Leipzig agieren kann.“
Der Bericht basiert nicht nur auf den Daten von Suchtberatungsstellen, sondern fasst auch die Entwicklungen in Kliniken, der Straßensozialarbeit, der Projekte der Suchtprävention, Maßnahmen des Ordnungsamtes sowie kriminalstatistischen Daten und Aktivitäten der Polizeidirektion zusammen.
Den Suchtbericht findet man auf der Website der Stadt unter www.leipzig.de/suchthilfe.
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