Die Argumente sind jedes Mal dieselben: Es gebe zu viele Krankenhäuser in Deutschland. Sie sind nicht ausgelastet genug. Sie produzieren rote Zahlen. Seit über 30 Jahre wird das Thema nur noch vom neoliberalen Aspekt von Auslastung und Effizienz her betrachtet. Belastbare Statistiken, wie viele Krankenhäuser mit welchen Funktionen eine Region braucht, sind dagegen Mangelware. Augenscheinlich auch in Sachsens Regierung, wo man lieber den Investitionsbedarf klein rechnet, als zu handeln.
Das wurde jetzt in einer der jüngsten Sendungen des „Sachsensofas“ der katholischen und evangelischen Kirche mit Ministerpräsident Michael Kretschmer deutlich, der am Dienstagabend, dem 15. August, vom Bund einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser forderte.
Was auch aus Sicht der gesundheitspolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Susanne Schaper, durchaus sinnvoll wäre. Denn die „Gesundheitsreformen“ der vergangenen Jahrzehnte sind immer wieder auch zulasten gerade der kommunalen Krankenhäuser gegangen, die in ihrer Region ganz wesentliche Grundversorgungen absichern.
„So korrekt die Forderung nach einem Inflationsausgleich für die Krankenhäuser ist – aus dem Munde des Ministerpräsidenten ist sie unglaubwürdig“, sagt Schaper. „Seine Regierung enthält den sächsischen Krankenhäusern seit Jahren Millionen Euro an Investitionsmitteln vor und verschlimmert so deren Finanznot. Die wirtschaftliche Situation vieler sächsischer Krankenhäuser ist so schlecht wie nie: 70 Prozent der Kliniken in Sachsen schreiben bereits rote Zahlen. Der Freistaat ist gesetzlich verpflichtet, genug Investitionsmittel bereitzustellen!“
Sachsens Krankenhausstrukturen dürften nicht unkontrolliert wegbrechen, zumal die Krankenhauslandschaft – anders als in westlichen Bundesländern – schon früh und mit aller Härte ausgedünnt wurde, kritisiert Schaper.
Budgets fĂĽr jedes Krankenhaus
„Die Staatsregierung muss dem Bund Sofortmaßnahmen abverlangen, um Insolvenzen oder gar Schließungen abzuwenden. Wir fordern krankenhausindividuelle Budgets, die jährlich mit den Kostenträgern verhandelt werden. Diese und weitere Haltelinien haben wir in einem Positionspapier festgehalten. Das Netz der Standorte für die ambulante sowie für die 24/7-Notfallversorgung mit stationären Betten muss engmaschig bleiben“, betont die Landtagsabgeordnete.
„So sollte es auch eine ausreichende Zahl an Polikliniken geben, die rund um die Uhr erreichbar sind. Dazu sind eine Notaufnahme samt Notfallambulanz mit Chirurgie und Innerer Medizin sowie bestenfalls weitere Fachbereiche mit ausreichender Bettenzahl vorzuhalten.“
Womit sie auch den demografischen Effekt benennt, den die CDU-geführte Landesregierung bei all ihren Reformen immer wieder negiert. Wenn Krankenhäuser schließen, gehen wieder wichtige Anker in der Region verloren und das Gefühl der dort Wohnenden wird bestärkt, dass es für sie nur noch einen permanenten Rückbau von Versorgung gibt.
Wobei die Dramatik der Krankenhausfinanzierung viel weiter geht, denn selbst große Kliniken wie das Uni-Klinikum Leipzig oder das Städtische Klinikum St. Georg leiden massiv unter der Unterfinanzierung. Das gesamte System der Gesundheitsfinanzierung stimmt nicht mehr. Der Grund steckt schon in den „Reformen“ der 1990er Jahre, mit denen insbesondere die profitablen Teile der Gesundheitsversorgung privatisiert wurden.
Profite fĂĽr die Privaten, RĂĽckbau fĂĽr die Kommunen
„Die Bundesregierung will, dass private Träger weiter Profite aus den Krankenhäusern ziehen können“, stellt Susanne Schaper nüchtern fest. „Konzentrationsprozesse im Rahmen der Reform könnten dieses Problem sogar vergrößern. Zudem wird die Konzentration auf lukrative Felder nicht eingedämmt. Diese Prozesse sind der Hauptgrund dafür, dass kommunale Großversorger Verluste machen, während viele private Häuser Gewinne erzielen.
Wir setzen hingegen auf starke kommunale Häuser. Es war ein Fehler, die Krankenhäuser in einen wirtschaftlichen Wettbewerb zu zwingen und damit ebenso Profite zu ermöglichen wie Insolvenzen zu riskieren. Krankenhäuser sind in öffentlicher Hand gut aufgehoben. Wo nötig, wollen wir Privatisierungen rückgängig machen. Gewinnausschüttungen oder Eigenkapitalverzinsungen aus Krankenhäusern wollen wir verbieten.“
Und was ist nun mit Kretschmers frommem Wunsch? Schaper: „Es ist schade, dass die demokratische Opposition auf dem Sachsensofa fehlte. So erhoben zwei Personen aus dem Regierungslager Forderungen, die seit Jahren Verantwortung tragen.“
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