Einleitend muss angemerkt werden, dass die hier angestellten Betrachtungen auf den persönlichen Erlebnissen des Autors beruhen. Von Dezember 2022 bis Juni 2023 standen vier Operationen und eine Rehabilitationsmaßnahme an. Insgesamt 30 Tage im Krankenhaus, davon 22 im städtischen Klinikum St. Georg, acht Tage im Krankenhaus St. Elisabeth, und anschließend 21 Tage Rehabilitation.
Es soll hier nicht um die medizinische Seite, also Art der OPs gehen, nur so viel sei gesagt, die letzte war eine orthopädische und für diese war auch die Rehabilitationsmaßnahme.
Ich habe mit Pflegerinnen, Pflegern, Praktikantinnen, Praktikanten, FSJlern und Auszubildenden gesprochen und dabei immer offengelegt, dass ich darüber schreiben werde. Allerdings habe ich keine Interviews geführt, sondern hauptsächlich zugehört.
Krankenhaus – es brennt in der Pflege!
Als Patient bemerkt man es nicht sofort, einige meiner Mitpatienten wunderten sich sogar, wenn die Rede auf den Pflegenotstand kam.
In beiden Krankenhäusern liegt das aber – aus meiner Sicht – allein an der hochprofessionellen Arbeit und der Einsatzbereitschaft des reduzierten Pflegefachpersonals. Der Personalschlüssel ist knapp bemessen, es gibt freie Stellen durch Abgänge, Pflegepersonal wird auch mal krank oder hat Urlaub.
Auf den drei Stationen, auf denen ich lag, war zu bemerken, dass die Pflegerinnen und Pfleger des Stammpersonals teilweise die ganze Zeit meines Aufenthalts anwesend waren, oder zumindest einen freien Tag in dieser Zeit hatten.
Bemerkenswert war aber Folgendes: Die Praktikantinnen, Praktikanten, Auszubildenden und auch die FSJler waren, so weit wie möglich, mit selbständig zu erledigenden Aufgaben betraut – sie liefen nicht einfach mit dem Pflegepersonal mit. Ich habe zwei junge Männer, deren freiwilliges soziales Jahr fast beendet war, erlebt, die fast schon als Pfleger durchgingen. Allerdings will nur einer davon diesen Beruf ergreifen.
Die straffe Einbindung dieser Menschen ist für Patientinnen und Patienten kaum zu erkennen. Wer liest schon die Namensschilder. Allerdings stößt das auch an ihre Grenzen. Nicht umsonst erfordert der Pflegeberuf eine umfassende Ausbildung.
Es ist jedenfalls eine großartige Leistung des Pflegefachpersonals, die nicht ausgebildeten oder in Ausbildung befindlichen Menschen so einzubinden und anzulernen. Gleichfalls zeugt es von der hohen Einsatzbereitschaft und Motivation der Freiwilligen.
Das Ganze hat aber seine Grenzen, viele Arbeiten kann nur die Pflegefachfrau oder der Pflegefachmann erledigen, viele Entscheidungen dürfen auch nur diese treffen. Bei aller Einsatzbereitschaft durch die nicht ausgebildeten oder in Ausbildung befindlichen Menschen – das Stammpersonal wird verschlissen, physisch und psychisch.
Das zeigt sich dann in persönlichen Gesprächen oder, wenn man in der Runde der Pflegekräfte akzeptiert wird, bei den Pausengesprächen.
Einige denken über den Ausstieg aus dem Beruf nach, manche würden in eine andere Einrichtung wechseln – wenn sie wüssten, dass es dort wirklich besser läuft. Nachgedacht wird über Stundenreduzierung und Ähnliches. Ein Pfleger überlegte, ob er in seiner Freizeit als Fahrradkurier für einen Lieferdienst arbeiten könnte, um sein Gehalt aufzubessern. Zusatzschichten und bezahlte Überstunden waren einer Überlegung nicht wert.
Das liebe Geld
Die Unzufriedenheit des Pflegepersonals, in diesem Fall im St. Georg, war bei meinem Aufenthalt im März deutlich zu spüren. Zur Erinnerung, obwohl es ein städtisches Klinikum ist, unterliegt das Klinikum St. Georg gGmbH, zu dem die Pflegekräfte gehören, nicht dem Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TVÖD), sondern es gibt einen von diesem abgekoppelten Haustarifvertrag.
Als Verdi das Angebot der kommunalen Arbeitgeber ablehnte und der Tarifstreit für den TVÖD in die Schlichtung ging, wurde mir von Pflegerinnen gesagt: „Wir wären froh über die angebotenen Steigerungen, bis sich für uns etwas ändert, dauert es noch sehr lange.“
Der Haustarifvertrag muss neu verhandelt werden, ich fragte dazu am 23. April beim zuständigen Verhandlungsführer von Verdi, Herrn Bernd Becker an:
1. Wird der Haustarifvertrag der St. Georg gGmbH jetzt neu verhandelt, wurde dieser bei den aktuellen Verhandlungen mit verhandelt oder gibt es einen Automatismus zur Anpassung?
2. Wenn der Haustarifvertrag neu verhandelt werden muss, mit welchem Zeitraum ist für ein Ergebnis zu rechnen?
3. Sollte Punkt 2 zutreffen, welche Auswirkungen hat das, Ihrer Meinung nach, auf evtl. Fluktuationen beim Pflegepersonal in der St. Georg gGmbH?
Eine Antwort steht zum heutigen Tag noch aus. Es heißt aber, dass die Tarifrunde für den Haustarifvertrag läuft.
Fazit: Das Pflegefachpersonal und die nicht ausgebildeten oder in Ausbildung befindlichen Menschen leisten großartige Arbeit. Ohne diese würde der Pflegenotstand weitaus mehr als heute schon auf die Patienten durchschlagen.
Diese Verfahrensweise ist jedoch kritisch. Bei einer höheren Anzahl von Patientinnen und Patienten, die gleichzeitig Fachpflegebedarf haben, kommt sie schnell an ihre Grenzen und die Betreuung der Patienten kann nicht mehr in hoher Qualität gewährleistet werden.
Nicht nur, aber trotzdem wichtig, ist eine bessere Bezahlung zur Gewinnung neuer Pflege-Fachkräfte, aber auch zur Erhöhung der Attraktivität als Ausbildungsberuf. Dazu wäre entweder eine Übernahme des TVÖD oder eine Kopplung des Haustarifvertrages an diesen ein wichtiger Schritt.
Es gibt also viel zu tun. Wann geht es endlich los?
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
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