Zwar gibt es auch in Sachsen einen Mangel an Pflegepersonal. Aber die Situation war auch schon einmal schlimmer. Das Statistische Landesamt hat jetzt Vergleichszahlen vorgelegt – pünktlich zum heutigen Internationalen Tag der Pflege. Der wird jährlich am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpflegerin und Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale.
Und ganz bestimmt hätte sich Florence Nightingale nur gewundert, wenn abends Leute auf den Balkon gegangen wären und „für unsere Helden“ geklatscht hätten.
Sie hat eine Zeit erlebt, in der erst all jene Pflegestrukturen entstanden, die für uns bis vor kurzem so alltäglich waren. So alltäglich, dass Forderungen nach mehr Gehalt und besseren Arbeitsbedingungen verhallten. Da kam dann stets das Argument, das würden wir uns nicht leisten können.
Aber dass man in den Vorjahren schon längst viel zu viel gespart hatte, wurde schon ab 2007 klar. Seitdem werden kontinuierlich neue medizinische Fachkräfte eingestellt. Der Bedarf ist noch lange nicht gedeckt, denn nach wie vor müssen in den Krankenhäusern Pflegekräfte bis zu 13, 16 oder gar mehr Patienten betreuen, ein Vielfaches dessen, was eigentlich verantwortet werden kann. Üblich sind in anderen Ländern eher vier, fünf oder sechs Patient/-innen.
Dass die Krankenhäuser so massiv Pflegepersonal abgebaut hatten, hat mit den „Effizienz“-Maßnahmen in deutschen Krankenhäusern der 1990er Jahre und mit der unter der Schröder-Regierung eingeführten Fallpauschale zu tun, die alle Krankenhäuser zwang, ihre Betreuungskosten massiv zu senken, weil sie eine aufwendige Pflegebetreuung fortan nicht mehr honoriert bekamen.
Aber inzwischen ist das Krankenhauspersonal in Sachsen wieder von 45.200 auf 53.300 (im Jahr 2017) angewachsen.
„Mehr als 118.000 Beschäftigte in sächsischen Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und in der ambulanten Pflege waren Ende 2017 für eine professionelle Gesundheitsversorgung der Bevölkerung verantwortlich“, schreibt das Statistische Landesamt dazu.
„Nach Berechnungen der Arbeitsgruppe ,Gesundheitsökonomische Gesamtrechnungen der Länder‘ (AG GGRdL) waren am Jahresende 2017 in Sachsens Krankenhäusern knapp 53.300 Beschäftigte (ärztliches und nichtärztliches Personal), in der stationären und teilstationären Pflege reichlich 39.000 Beschäftigte und in der ambulanten Pflege mehr als 25.800 Pflegekräfte tätig. Das waren in allen drei Einrichtungsarten zusammen über 29.000 Beschäftigte bzw. 33 Prozent mehr als am Jahresende 2008. Zudem stieg die Zahl dieser Beschäftigten in Sachsen seit 2008 in allen drei Einrichtungsarten stärker als im Bundesdurchschnitt.“
Aber das ist mal wieder nur die halbe Wahrheit. Deswegen fügen wir oben die Grafik mit den Kurven seit 1991 ein, die sehr schön zeigt, wie in Sachsen bis 2007 vor allem das nichtärztliche Personal in Krankenhäusern geschrumpft ist. Anders als etwa bei Ärzten. Deren Zahl überstieg schon 1999 wieder den Stand von 1991, der bekanntlich deutlich unterm Bedarf war.
Sowohl bei Ärzten als auch bei Pflegekräften gab es schon in den 1980er Jahren massive Abwanderungen in den Westen, die 1990 einen gewissen Notstand im ostdeutschen Gesundheitswesen zur Folge hatten. Während heute deutlich mehr Ärzt/-innen in den sächsischen Krankenhäusern beschäftigt sind als 1991, liegt der Bestand an Pflegepersonal erst wieder bei 95 Prozent.
Und zu Recht weisen die Statistiker darauf hin, dass es vor allem Frauen sind, die hier unter extremem Verantwortungs- und Arbeitsdruck beschäftigt sind: „Mehr als drei Viertel der im Pflegebereich Tätigen sind Frauen. Den höchsten Frauenanteil in Sachsen verzeichnete Ende Dezember 2017 mit 87,6 Prozent die ambulante Pflege. In der ambulanten sowie der stationären und teilstationären Pflege wurde die Versorgung der sächsischen Bevölkerung Ende 2017 durch deutlich mehr Pflegepersonal sichergestellt als im Bundesdurchschnitt.“
Was freilich damit zu tun hat, dass der Anteil der Hochaltrigen und pflegebedürftigen Personen in Sachsen massiv gewachsen ist. Auch hier gibt es keine Überversorgung mit Personal. Im Gegenteil: Auch hier wird immerfort Personal gesucht.
Und auf einen Fakt weisen die Statistiker noch hin: Sachsen ist weiterhin unterbesetzt mit Personal in den Krankenhäusern: „In den sächsischen Krankenhäusern dagegen kamen, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, weniger Beschäftigte auf 1.000 Einwohnerinnen/Einwohner.“ Das zeigt die Grafik ganz oben.
Wer die Krankenhauslandschaft weiter schrumpft, zerstört auch die Grundversorgung auf dem Lande
Wer die Krankenhauslandschaft weiter schrumpft, zerstört auch die Grundversorgung auf dem Lande
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