Eine Studie, die die Bertelsmann-Stiftung am Montag, 15. Juli, veröffentlichte, sorgte am Montag auch gleich mal für Wirbel in den Medien. „In Deutschland gibt es zu viele Krankenhäuser“, verkündete die Bertelsmann-Stuiftung. „Eine starke Verringerung der Klinikanzahl von aktuell knapp 1.400 auf deutlich unter 600 Häuser, würde die Qualität der Versorgung für Patienten verbessern und bestehende Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mildern.“

Beauftragt hatte man mit der Studie das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES), ein privatwirtschaftliches Institut. Und man darf auch die Aufgabenstellung nicht überlesen, denn da ging es um die Frage, „wie eine Versorgung durch Kliniken aussähe, die sich nicht in erster Linie an einer schnellen Erreichbarkeit, sondern an Qualitätskriterien orientiert. Dazu gehören beispielsweise eine gesicherte Notfallversorgung, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, ausreichend Erfahrung und Routine des medizinischen Personals sowie eine angemessene technische Ausstattung.“

Eine Frage, die nur Sinn macht, wenn man die Thesen akzeptiert, von denen die Studienautoren ausgingen: „Viele Kliniken sind defizitär. Es gibt zu wenig Pflegepersonal. Die Bundesländer stellen zu wenig Geld für die notwendigen Investitionen zur Verfügung.“

Das riecht nicht nur nach einem weiteren Versuch, wieder ein Stück Staat zu „verschlanken“, wichtige Versorgungsstrukturen einzusparen und die verbliebenen Krankenhäuser zu hochprofitablen Unternehmen zu machen. Es ist auch einer. Denn der beispielhaft erwähnte Herzpatient wird schon heute nicht ins nächstgelegene Klinikum gebracht, sondern ins darauf spezialisierte Klinikum. Kein Krankenhaus gleicht dem anderen. Und gerade Krankenhäuser in eher ländlichen Regionen stellen eine Grundversorgung und auch eine Schnellversorgung sicher.

So formuliert es auch Susanne Schaper, die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Sächsischen Landtag, die sich mit der ganzen Unterfinanzierung von Krankenhäusern in Sachsen schon seit Jahren beschäftigt, einer Unterfinanzierung, die aufs Engste mit Einsparmaßnahmen auch und gerade beim Personal zu tun hat. Das Gesundheitspersonal fehlt ja nicht, weil sich niemand für diese Arbeit interessiert. Aber die neoliberale Sparpolitik hat dazu geführt, dass sich immer weniger Pflegekräfte um immer mehr Patienten kümmern müssen, ihr eigener Krankenstand aber stieg immer mehr und der Ausfall durch psychische Belastungen sorgte für immer größere Lücken in den Krankenhäusern.

Die IGES-Studie schlägt jetzt, um das mit genau solchen Methoden geschaffene Problem zu lösen, eine weitere Verschlankung und Konzentration des Krankenhaussystems vor, was dann nicht nur dazu führen wird, dass kleine Städte ihre Krankenhäuser verlieren. Sie verlieren gleichzeitig auch wieder qualifizierte Arbeitsplätze.

„Krankenhäuser tragen entscheidend zur nichtstationären Versorgung bei und ihre Bedeutung wird wachsen. Weitere Gesundheitszentren sind nötig“, sagt Susanne Schaper. „In Zeiten des Fachkräftemangels schafft nur sektorenübergreifende Zusammenarbeit mehr Freiraum. Es wäre deshalb töricht, vorhandene Strukturen zu zerstören. Spezialbehandlungen lassen sich an bestimmten Orten konzentrieren, an denen die Expertise und Kapazitäten vorgehalten werden. Die Grundversorgung, auch mit ambulanten Angeboten, wird aber künftig noch stärker durch die Krankenhäuser zu leisten sein, damit sie einigermaßen wohnortnah erfolgt. Die Rahmenbedingungen lassen es einfach nicht zu, Krankenhäuser in Sachsen dichtzumachen. Die Telemedizin und mobile Angebote wie rollende Arztpraxen sind bei weitem noch nicht ausreichend entwickelt. Die Notaufnahmen haben keine Kapazität, um Schließungen zu kompensieren. Auch das Rettungswesen wäre anzupassen.“

Sachsens Staatsregierung hat es in der aktuellen Legislaturperiode nicht einmal fertiggebracht, ein neues Krankenhausgesetz vorzulegen. Dabei ist der Reformbedarf klar.

„Seit Jahren monieren die Sächsische Krankenhausgesellschaft und wir die mangelhafte Investitionsfinanzierung durch den Freistaat und die überbordende Bürokratie. Das DRG-Fallpauschalensystem setzt Krankenhäuser unter Druck, auf Behandlungen bzw. Fallkonstellationen zu setzen, die bestmögliche Einnahmen bringen“, geht Schaper auf einige Punkte der längst erfolgten „Effizienz“-Therapien ein, die den Druck auf die in den Krankenhäusern Beschäftigten immer mehr erhöht und große Teile des Gesundheitswesens privatisiert haben.

„Für uns ist klar: Weiteren Privatisierungen im Gesundheitswesen ist Einhalt zu gebieten. Kommunale Krankenhäuser und Krankenhäuser in Trägerschaft gemeinnütziger Organisationen müssen so finanziert werden, dass sie für die Patienten eine Grundversorgung in hoher Qualität erfüllen können.“

Aber was die Studie eben auch wieder deutlich macht, ist der systematische Versuch einer privaten, wirtschaftsnahen Stiftung, wieder neue Gewinnfelder im Gesundheitswesen zu konstituieren. Denn eine Konzentration von 1.400 auf 600 zentrale große Krankenhäuser bedeutet nun einmal auch wieder Milliardeninvestitionen in Gebäude, Ausstattung und einen zusätzlichen Fuhrpark. Das wäre ein Investitionsprogramm für Jahrzehnte, bei dem immer mehr Patienten in immer weniger Krankenhäusern zur anonymen Durchlaufnummer werden.

„Gerade in der Gesundheitspolitik ist schlecht beraten, wer ausschließlich auf die nackten Zahlen schaut!“, mahnt Schaper. „Krankenhäuser sollen nicht vor allem Gewinn erwirtschaften, sondern die Bevölkerung gut versorgen. Das gelingt nicht, wenn neue Schneisen in die ohnehin schon oft defizitäre Versorgungslandschaft geschlagen werden. Gerade auf dem Lande zwingt schon der Haus- und Fachärztemangel dazu, die Krankenhausstruktur zu erhalten und sie neu auszurichten.“

Nachtaktion soll aufmerksam machen auf den Verschleiß des wichtigen Pflegepersonals in unseren Krankenhäusern

Nachtaktion soll aufmerksam machen auf den Verschleiß des wichtigen Pflegepersonals in unseren Krankenhäusern

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