Es war zwar nicht die jรผngste Grippe-Welle, mit der sich die DAK in ihrer jรผngsten Umfrage beschรคftigte. Aber der Krankenkasse ging es eher um das generelle Verhalten der Versicherten, wenn sie erkranken. Und da zeigt sich eine der Schattenseiten des modernen Leistungsdrucks: Die Deutschen greifen viel zu schnell zu Antibiotika. Sogar dann, wenn ihnen das รผberhaupt nichts hilft.
Und das, obwohl die meisten schon einmal von den dramatischen Folgen gehรถrt haben mรผssten, denn der รผbermรครige Verbrauch von Antibiotika fรผhrt zu Resistenzen und zu einer immer schwerer beherrschbaren Plage multiresistenter Keime.
Fast jeder zweite junge Erwachsene hat im vergangenen Jahr Antibiotika verschrieben bekommen. Viele dieser Verordnungen waren fragwรผrdig, stellt die DAK fest: Jeder Fรผnfte hatte eine Erkรคltung, bei der in der Regel kein Antibiotikum nรถtig ist. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der DAK-Gesundheit, fรผr die das Forsa-Institut vom 8. bis 17. November 2017 genau 3.031 Menschen ab 18 Jahren in Deutschland befragt hat.
Wรคhrend der Grippe- und Erkรคltungszeit wird der unkritische Umgang mit Antibiotika besonders deutlich: 72 Prozent der Befragten erwarten eine Verordnung, wenn ihre Erkรคltungsbeschwerden nicht von selbst besser werden (2014: 76 Prozent). Vor allem die jungen Erwachsenen setzen auf diese Wirkstoffe, bei den Menschen ab 60 Jahren sind es nur 67 Prozent.
โDiese Erwartungshaltung ist problematisch, vor allem, wenn sie sich auf das Verordnungsverhalten der รrzte auswirktโ, kommentiert Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit. โAntibiotika sind lebensrettende Medikamente, die wir dringend benรถtigen. Werden sie unkritisch eingenommen, verschรคrft sich das Risiko der Resistenzbildung. Deshalb brauchen wir einen Bewusstseinswandel in Deutschland.โ
รber die Einsatzgebiete der Wirkstoffe sind viele Deutsche nicht ausreichend informiert: 31 Prozent der Befragten denken, Antibiotika wรผrden bei Virusinfekten wirken (2014: 38 Prozent), 19 Prozent erhoffen sich Hilfe bei Pilzinfektionen (2014: 23 Prozent).
Dabei dienen die Medikamente nur der Behandlung bakterieller Infektionen โ bei Erkรคltungen oder Bronchitis beispielsweise sind sie in den meisten Fรคllen unnรถtig. Der Kรถrper รผberwindet die Erkรคltung in der Regel allein. Er braucht nur die nรถtige Aus- und Regenerationszeit, die ihm viele Menschen aber nicht mehr gรถnnen wollen. Das Ideal, immer voll leistungsfรคhig zu sein, hat die ganze Gesellschaft im Griff. Viele schleppen sich auch mit heftigen Erkรคltungen auf Arbeit โ und werfen dann, weil sie hoffen, dass es hilft, Antibiotika ein. Tatsรคchlich aber ist das ein Raubbau an ihrem Kรถrper.
Zum Glรผck rรผckgรคngig ist die Tendenz, sich mit Antibiotika wieder fit machen zu wollen fรผr den Job: 2014 wรผnschte sich noch jeder Vierte (25 Prozent) ein Rezept, um schnell wieder auf die Beine zu kommen, 2017 nur noch jeder Sechste (16 Prozent).
Das Alter spielt beim Umgang mit Antibiotika eine Rolle, stellt die DAK fest: Die Gruppe derjenigen, die bei hartnรคckigen Beschwerden ein Antibiotika-Rezept erwarten, ist bei jungen Menschen besonders groร (78 Prozent). Die รผber 60-Jรคhrigen sind eher zurรผckhaltend. Von ihnen hat im vergangenen Jahr nur etwa jeder Dritte (35 Prozent) Antibiotika verordnet bekommen, bei den jรผngeren knapp jeder Zweite (48 Prozent).
Und weil das Thema wichtig ist, hat die DAK auch eine Informationsseite zu Antibiotika aufgelegt. Fรผr die richtige Einnahme von Antibiotika bietet die DAK-Gesundheit im Internet ergรคnzende Information an: Auf www.dak.de/antibiotika gibt es auch viel Wissenswertes fรผr Eltern, deren Kind eine entsprechende Verordnung bekommen hat.
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
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Die DAK mรผsste dann vielleicht ein Gesprรคch mit den รrzten suchen, denn verschreibungsfreie Antibiotika gibt es meines Wissens nicht. โFast jeder zweite junge Erwachsene hat im vergangenen Jahr Antibiotika verschrieben bekommen.โ Steht ja auch im zweiten Absatz. Als Patient kann ich den Arzt ja aber frei wรคhlen und wenn ich bei leichtem Schnupfen gleich ein Antibiotikum nehmen soll, dann habe ich diese Praxis das letzte Mal gesehen.
Es hilft natรผrlich auch als Patient sich mit dem Arzt รผber Maรnahmen zu unterhalten und gemeinsam eine Lรถsung zu suchen, statt wie ein Schaf alles einzuwerfen, was man verschrieben kriegt.