Mit Alkohol ist nicht zu Spaßen. Auch weil er in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist und bei vielen Jugendlichen das Trinken bis zum Kollaps noch oder wieder als Mutprobe gilt. Und als (falsch verstandener) Mannschaftsgeist. Es passiert Seltsames in einer Gesellschaft, in der fast alles bis zum Exzess getrieben wird. Ergebnis sind auch in Sachsen steigende Zahlen von Kindern und Jugendlichen mit einer Alkoholvergiftung.
Die Zahl alkoholbedingter Klinikaufenthalte von Kindern und Jugendlichen ist im Freistaat Sachsen erneut gestiegen, warnt jetzt die Krankenkasse DAK. Das Rauschtrinken bei Schülern bleibt somit weiter ein Problem. Nach aktuellen Informationen der DAK-Gesundheit landeten 953 Kinder und Jugendliche im Jahr 2016 mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Somit stieg nach bislang unveröffentlichten Angaben des Statistischen Landesamtes in Sachsen die Zahl der Betroffenen im Vergleich zu 2015 um mehr als 12 Prozent. In dieser Statistik fehlen die Klinikaufenthalte sächsischer Kinder in Krankenhäusern außerhalb des Freistaates.
„Viele Jugendliche überschätzen sich und glauben Alkohol gehört zum Feiern und Spaß haben dazu“, sagt Christine Enenkel, Leiterin der Landesvertretung der DAK-Gesundheit in Sachsen. „Eine regionale Alkoholprävention ohne erhobenen Zeigefinger bleibt für uns unverzichtbar.“
Besonderen Anlass zur Sorge bereitet den Experten der Alkoholmissbrauch bei den jüngeren Mädchen und Jungen. In der Altersgruppe der zehn bis 14-Jährigen mussten in Sachsen 143 Kinder in einer Klinik behandelt werden. Das ist sogar ein Anstieg um fast 25 Prozent. Besonders stieg diese Zahl bei den Mädchen (von 61 auf 84).
Kampagnen gegen das Koma-Saufen allein genügen also nicht. Auch wenn die DAK dazu ein großes Programm aufgelegt hat: „bunt statt blau – Kunst gegen Komasaufen“, das in Sachsen unter der Schirmherrschaft der Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz Barbara Klepsch steht. Beim bundesweiten Wettbewerb werden Schüler zwischen zwölf und 17 Jahren aufgerufen, mit Plakaten kreative Botschaften gegen das Rauschtrinken zu entwickeln. Auch die Schulen in Sachsen wurden angeschrieben und zur Teilnahme eingeladen.
Vielleicht sollte so etwas flankiert werden durch Unterrichtsangebote, die sich mit den Folgen eines unreflektierten Leistungsdrucks und der Rolle von Drogen in einer vom Rausch besessenen Gesellschaft beschäftigen. Denn auch die jungen Menschen bekommen ja schon mit, wie verdreht die Gesellschaft ist, in die sie hineinwachsen, und wie wenig sie fähig ist, ihre Mitte zu finden, von der immer die Rede ist. Aber gerade die „Mitte“ randaliert, als wäre jede Äußerung ein Exzess.
Da wird die DAK bestimmt noch viele Programme starten können und die Kinder noch viele Plakate malen. Bis dann irgendwann so eine Einsicht kommt, dass man mal übers Eigentliche nachdenken sollte: Rekordwahn, Leistungsdruck, Besessenheit vom Rausch …
Begonnen haben wir damit noch lange nicht.
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